Größer, schärfer, und Apple an Bord : Die TV-Trends der CES 2019
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2019 besinnt sich die Consumer Electronics Show (CES) wieder auf das zurück, wofür sie eigentlich vorgesehen war: Unterhaltungselektronik. Während in den Jahren zuvor die Messe in Las Vegas von Autoherstellern dominiert wurde, dient sie dieses Jahr auch wieder als Gradmesser dafür, was uns dieses Jahr an Flat-TVs, Robotern für den Alltag und anderen Gadgets erwartet.
Vor allem bei den Fernsehern steht in mehrerlei Hinsicht die nächste Generation vor der Tür. Sowohl Samsung als auch LG, die derzeit größten TV-Hersteller der Welt, haben sogenannte 8K-Flat-TVs präsentiert. Im Vergleich zu 4K UHD lösen die neuen Fernseher mit vier Mal so vielen Pixeln auf, im Vergleich zu einem FullHD-Modell ist das Bild sogar um den Faktor 16 schärfer. Der Nutzen derart hoher Auflösungen wird angezweifelt, insbesondere da es bereits für 4K-Bildschirme an hochauflösenden Inhalten mangelt.
Deutlich sinnvoller scheint da Samsungs Neuankündigung zu sein. MicroLED ist eine Bildschirmtechnologie, bei der der Bildschirm aus mikroskopisch kleinen Leuchtdioden besteht. Dabei übernimmt jede LED die Rolle eines einzelnen Pixels. Die Technologie übertrumpft sowohl LCD- (Flüssigkristallbildschirme) als auch OLED-Panels (organische Leuchtdioden) in nahezu jeder Hinsicht: Helligkeit, Kontrast, Farbdarstellung, Effizienz und Lebensdauer. Auch die von OLEDs bekannten Einbrenneffekte sollen hier nicht auftreten.
Bereits im Vorjahr stellte Samsung einen 146 Zoll großen Flat-TV mit dieser Technologie vor, die bislang Kinos vorbehalten war. Der Fernseher mit dem Namen „The Wall“ (Die Wand) war jedoch für die meisten Konsumenten unerschwinglich. Der Kaufpreis lag bei knapp 100.000 US-Dollar. Das diesjährige Modell dürfte deutlich günstiger ausfallen, ein offizieller Preis liegt aber noch nicht vor. Dazu wurde aber auch die Bildschirmdiagonale auf 75 Zoll reduziert, der Bildschirm löst mit 4K auf.
Wie das Vorjahresmodell besteht der neue MicroLED-TV aus verschiedenen Bildschirmmodulen, die nach Belieben angeordnet werden können. So kann der Bildschirm in die Länge gezogen oder zu einem Quadrat umgeformt werden.
Warten auf günstige Preise
Es ist unklar, wie rasch Samsung den Preis für die Produktion drücken kann, der Massenmarkt wird aber wohl auf absehbare Zeit nichts davon haben. Unterdessen fällt der Preis für Flat-TVs mit OLED-Technologie weiter, mittlerweile sind bereits Geräte um unter 1000 Euro erhältlich.
Ein Umstand, von dem vor allem Sony und LG profitieren. Insbesondere LG Display, die Bildschirm-Sparte des südkoreanischen Konzerns, hat zuletzt stark in die OLED-Produktion investiert, vor allem in die Produktion großer Panels. Samsung hat sich bereits 2015 aus der Produktion von OLED-TVs zurückgezogen und setzte stattdessen auf SUHD und QLED – Technologien, die die Darstellung verbessern, im Kern aber weiterhin LCD-TVs mit LED-Hintergrundbeleuchtung sind. Samsungs Prognose, dass OLEDs für Konsumenten zu teuer sind, hat sich nicht bewahrheitet, wodurch man Anteile im hart umkämpften Premium-Segment an Sony und LG verlor.
LG baut auf diesem Vorteil auf und kündigte unter anderem einen 88 Zoll großen OLED-TV an, der mit 8K auflöst und einen Lautsprecher im Bildschirm integriert hat. Dazu wurde auch eine andere unscheinbare, aber wesentliche Änderung am Line-up vorgenommen: HDMI 2.1 wird nun bei allen Modellen offiziell unterstützt. Diese neue Version des HDMI-Standards erhöht die Bandbreite von 18 auf 48 Gbit/s, wodurch theoretisch auch höhere Auflösungen (wie 8K und 10K) und höhere Bildwiederholraten (wie 120 Hz) unterstützt werden.Derzeit bremst der verbaute Prozessor aber diese Leistung noch etwas aus, maximal sind bei 8K 60 Hz und 4K mit 120 Hz möglich.
Das wahre LG-Highlight der CES stellt aber der "Rollable TV 65R9" dar, der bereits im Vorjahr erstmals demonstriert wurde. Der Flat-TV setzt auf LGs flexible OLED-Technologie und ist das erste "ausrollbare" Modell auf dem Markt. Freies Rollen und Verbiegen kann man sich aber nicht erwarten, der Bildschirm verschwindet durch Aufrollen in einem kompakten Sockel und kann auf Knopfdruck wieder ausgefahren werden.
Ein großer Vorteil dieses Konzepts: Teile des Bildschirms können im Sockel versteckt und so aus dem 16:9-Display eine Kinoleinwand im 1,85:1-Format werden, ohne schwarze Balken. Der 65-Zöller kennt drei verschiedene Formate: Full View (voll ausgerollt, 16:9), Line View (teilweise ausgerollt - Uhrenmodus, Rahmenmodus oder TV-Modus) sowie Zero View (eingerollt). Die Bildqualität sei laut LG ebenbürtig mit anderen 4K-OLED-Modellen. Einen Preis verriet LG bislang nicht, der Fernseher soll aber noch im Laufe dieses Jahres auf den Markt kommen. Hier könnte man auch bald Konkurrenz von Samsung bekommen, das ebenfalls ein Patent für ausrollbare Flat-TVs anmeldete.
Größenwahn bei Sony
Sony setzt hingegen auf "Größer ist besser" und präsentierte sein erstes 8K-Gerät für den Consumer-Markt. Der ZG9 ist mit einer Bildschirmdiagonale von 85 oder 98 Zoll erhältlich und setzt auf ein LCD-Panel mit LED-Hintergrundbeleuchtung. Dank des neuen Prozessors X1 Ultimate soll es möglich sein, Videoinhalte so hochzurechnen, dass sie "nahezu an 8K-Bildqualität heranreichen". Neue Technologien zur Steuerung der Hintergrundbeleuchtung sollen zudem den Kontrast gegenüber "herkömmlichen Fernsehern" um den Faktor 20 verbessern. Sony will offenbar damit betonen, dass das High-End-Modell in diesem Bereich keinen Nachteil zur OLED-Konkurrenz bieten soll.
Mit dem AG9 hat man aber auch selbst ein neues OLED-Modell präsentiert, das wahlweise mit 77, 65 oder 55 Zoll Bildschirmdiagonale erhältlich ist. Auch der AG9 setzt auf den X1 Ultimate als Prozessor, dessen zusätzliche Leistung zur Verbesserung der Farbdarstellung genutzt werden soll. Sony hat für beide Modelle weder Preis noch Verfügbarkeit bekannt gegeben.
Apple öffnet sich
Für eine große Überraschung am TV-Markt sorgte auch Apple. Nachdem der US-Konzern unter Steve Jobs jahrelang an einem eigenen Fernseher arbeitete, kooperiert man nun mit der Konkurrenz. Die neuen Samsung-TVs werden mit iTunes, Apples Plattform für Musik, Filme und TV-Serien, ausgeliefert. Zudem unterstützten sie AirPlay 2, einen Apple-Standard, mit dem iPhones, iPads und Macs drahtlos ihren Bildschirminhalt oder Audio auf einen Fernseher übertragen können.
Die Funktionen sollen per Update auch auf Vorjahresmodelle nachgereicht werden. Die Kooperation bleibt aber nicht auf Samsung beschränkt, auch LG und Sony haben in der Nacht von Montag auf Dienstag AirPlay-fähige Flat-TVs angekündigt. Im Gegensatz zu Samsung wollen LG und Sony aber kein Update für ältere Geräte nachreichen. Zudem bleibt iTunes vorerst Samsung-exklusiv.
Die Expansion ist ungewöhnlich, setzte Apple doch jahrelang auf das Exklusivitätsprinzip. Nur wer Apple-Hardware kauft, bekommt auch Zugriff auf das Apple-Ökosystem, wie iTunes, den App Store oder iMessage. Doch zuletzt lockerte der US-Konzern seine Regeln. Mittlerweile kann der hauseigene Musikstreaming-Dienst Apple Music auch auf Amazons Echo-Lautsprechern verwendet werden.
Netflix-Konkurrent kommt
Gerüchten zufolge will Apple 2019 auch einen Videostreaming-Dienst starten, der in Konkurrenz zu Netflix und Amazon treten soll. Durch die Partnerschaft mit Samsung – dem derzeit größten TV-Hersteller der Welt – könnte Apple ein großes Publikum rasch erschließen. Zudem soll im Laufe des Jahres ein günstiger Streaming-Stick, ähnlich Amazons Fire TV Stick und Googles Chromecast, erscheinen, mit dem der Apple-TV-Dienst auf Fernseher gebracht werden kann.
Der Grund für diese Expansionen ist relativ simpel: Der frühere Wachstumsmotor iPhone ist durch den gesättigten Smartphone-Markt ins Stottern geraten. Stattdessen legt man nun den Fokus auf eigene Plattformen und Dienstleistungen, die für konstante Umsätze sorgen sollen. Allein im Weihnachtsquartal 2018 generierte man 10,8 Milliarden US-Dollar Umsatz mit App Store, AppleCare, iCloud und mehr.
Alles größer dank 8K
Abschließend lieferten die Analysten der Consumer Technology Association (CTA), die Veranstalter der CES, eine wohl wenig überraschende Prognose: Flat-TVs werden größer. Vor allem die zunehmende Verfügbarkeit von 8K-Geräten dürfte die durchschnittliche Bildschirmdiagonale ordentlich in die Höhe schrauben. Während sie aktuell in den USA bei knapp 47 Zoll liegt, dürfte sie bis 2021 auf 50 Zoll anwachsen.
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