Über den Screen hat man Zugriff auf Desktop, Webseiten, Programme, Taskmanager und den AppStore
Über den Screen hat man Zugriff auf Desktop, Webseiten, Programme, Taskmanager und den AppStore
© Martin Stepanek

Präsentation

Hands-on: Windows 8 ist radikal anders

Das an Windows Phone 7 angelehnte Design nimmt starke Anleihen aus der Tablet- und Smartphone-Welt. Fenster mit dazugehörigen Rahmen und Balken sind bei den neuen, sogenannten "Metro Style Apps" Geschichte. Vielmehr entfalten sich aufgerufene Programme in Full Screen ohne die bekannte Windows-Menüleiste. Erst über eine Touchbewegung oder das Bewegen des Mauszeigers zum Bildschirm-Rand werden entsprechende Windows-Funktionen, aber auch das Menü des Programmes eingeblendet. Ein Split-Screen erlaubt das Parken mehrerer geöffneter Apps, über entsprechende Touchbewegungen können andere geöffnete Programme aus dem Hintergrund geholt werden.

Tablets als Vorbild

Mit dem radikalen Neudesign trägt Microsoft dem Trend zu Touch-Screens und der veränderten Nutzung von Applikationen auf Tablets und Smartphones Rechnung. Anders als Apple beim iPhone oder iPad will Microsoft nicht allein auf statische Icons zum Darstellen von Programmen setzen, sondern setzt auf lebendige, widget-artige Programm-Kacheln, die Live-Informationen anzeigen. "User sollen nicht immer wieder einzelne Apps checken müssen, ob es neue Informationen gibt, sondern aktiv von Programmen darauf aufmerksam gemacht werden", so der Microsoft-Interface-Verantwortliche Jensen Harris am Vorabend der heutigen Präsentation vor Journalisten.

Gleichzeitig kündigte Microsoft einen Windows Store nach Apple-Vorbild an. Die neuen Apps können über diesen erwerben werden, ebenso wie auch komplexere Programme. Wie bei Apple soll der herkömmliche Vertriebsweg für Desktop-Programme aber bestehen bleiben. Im Gegensatz zum erstarkten Konkurrenten verspricht Microsoft den Veröffentlichungsprozess so transparent wie möglich zu gestalten. Auch bei den jeweiligen Lizenzmodellen verspricht Microsoft Entwicklern einige Freiheiten.

Microsofts Vision sieht ein Netz von interagierenden Programmen vor. Der Hauptfokus liegt auf dem einfachen Teilen von Dokumenten und anderen wichtigen Informationen über standardisierte App-Schnittstellen. Das soll das Posten von Fotos, Videos und Links auf entsprechenden Webplattformen sowie das Versenden via E-Mail oder SMS erleichtern. In der Präsentation waren die Facebook-, Flickr- und Twitter-Schnittstellen über entsprechende Apps wie Socialite und Tweet@rama bereits integriert. Das Teilen von Informationen mit bestehenden Kontakten soll ebenfalls erleichtert werden.

Alte Windows-Welt muss mitbedient werden
Dass Microsoft beim Wechsel auf Windows 8 die alte Desktop-Welt nicht komplett hinter sich lassen kann, liegt auf der Hand. Alle für Windows 7 zertifizierten Programme werden auch auf Windows 8 laufen, erklärt Harris. Komplexe Programme wie Photoshop, aber auch viele System-Einstellungen von Windows greifen ebenfalls auf das altbekannte Design zurück. "Der Desktop funktioniert in Windows 8 als eigenständige App", erklärt die für die Windows-Entwicklung verantwortliche Julie Larson-Green. In der Praxis fällt der Bruch zwischen neuem Design und altem Desktop-Interface allerdings recht heftig aus.

Zu den neuen Metro Style Apps, die Microsoft zum Start von Windows 8 anbieten wird, zählen unter anderem ein neues E-Mail- sowie Kalender-Programm sowie der Internet Explorer 10, der heute bereits in neuem Gewand präsentiert wurde. Auch bei letzterem bleibt Microsoft der radikalen Design-Entscheidung treu und verzichtet auf jegliche Menübuttons. Selbst die Adresszeile sowie eine Leiste mit den aufgerufenen Tabs wird beim Aufrufen einer Webseite ausgeblendet. Mittels Touch- bzw. Mausbewegung erscheint am unteren Bildschirmrand die Adressleiste, die Tab-Leiste wird am oberen Bildschirmrand eingeblendet.

Kein Weg zurück

Anders als bei früheren Versionssprüngen kann der User das neue Windows-Startinterface nicht umgehen. "Der Start-Bildschirm bei Windows 8 setzt auf das neue Kachel-System. Der herkömmliche Desktop-Modus, aber auch herkömmliche Desktop-Programme können nur über dieses aufgerufen werden", so Larson-Green auf Nachfrage der futurezone. Ob Microsoft das User Interface des Desktop Modus, das derzeit noch im Stil von Windows 7 gehalten ist, ändern wird, ist ungewiss. Eine radikale Umgestaltung zugunsten einer besseren Touch-Nutzbarkeit schloss die Windows-Managerin allerdings aus.

Das neue Windows 8, dessen Erscheinungsdatum derzeit noch nicht feststeht, soll sowohl auf Intel-, als auch auf ARM-Architektur funktionieren. Laut Microsoft soll das Betriebssystem von kleinen Systemen bis hin zu großen Server-Systemen einsetzbar sein. Lediglich für Windows Phone dürfte es weiterhin eine stärker adaptierte Version geben, die durch neue Synchronisierungsfunktionen aber ebenfalls besser in die neue Windows-Welt integriert werden soll. Erneut bestätigt und live gezeigt wurde zudem die Unterstützung von USB 3.0 als Schnittstelle.

Cloud-Synchronisierung im Trend

Wie Apple und Google setzt Microsoft in Zukunft verstärkt auf die Synchronisierung zwischen den unterschiedlichen Geräten. Über die von sämtlichen Microsoft-Services bekannte Live-ID sollen User schnell und problemlos Geräte personalisieren können und bereits durchgeführte Personalisierungen bei anderen Geräten übernehmen. Auch das Teilen und Speichern von Dokumenten über eigene Cloud-Services wie Sky Drive soll vereinfacht werden. Anstatt etwa mehrere Bilder über E-Mail an Kontakte zu versenden, kann automatisiert ein Link zum eigenen Sky Drive Account versendet werden, von dem die Kontakte auch ohne bestehende Live-ID die Files herunterladen können.

Was die Architektur des Betriebssystems betrifft, verspricht Microsoft extrem schnelle Bootzeiten sowohl bei Hinauf- und Herunterfahren. Bei der Präsentation dauerte der Kaltstart der gezeigten Geräte nur wenige Sekunden. Auch die CPU- und Energieverbrauchs-Last sowie die Speicher-Belastung soll bei Windows 8 noch einmal ein Stück weit gegenüber Windows 7 verbessert worden sein. Insgesamt will Microsoft dafür sorgen, dass das System auch auf schwächeren Plattformen und den zu erwartenden Tablets flüssig läuft. Auf einem Entwickler-Tablet, das in dieser Form aber nicht in den Handel kommen soll, wirkte die Bedienung der neuen Windows-Oberfläche ausgesprochen flüssig.

Maus und Keyboard haben nicht ausgedient

So radikal der Bruch hin zu touch-orientierter Bedienung auf den ersten Blick scheint, so schnell wird auch deutlich, dass Microsoft an bestehenden Eingabegeräten wie Maus und Keyboard weiterhin festhalten will. "Je größer und höher aufgelöst die Bildschirme werden, desto wichtiger sind ein exakter Mauszeiger, aber auch Keyboards", unterstreicht Windows-Verantwortlicher Steven Sinofsky bei seiner Präsentation von Windows 8. Das neue Interface sei folglich auch keineswegs nur für Touch-basierte Geräte gedacht, sondern soll mittels Maus und Keyboard ebenfalls mühelos verwendet werden können.

Ein Veröffentlichungsdatum für Windows 8 wurde nicht genannt. Marktbeobachter erwarten aber, dass die Business-Version von Windows 8 bis spätestens Herbst 2012 ausgeliefert werden soll.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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Martin Jan Stepanek

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