Im Test: Neue Ergonomie-Konzepte fur die Maus
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Es ist ein Krampf mit der Maus – zumindest, wenn man sie nicht richtig hält. „In den vergangenen Jahren haben sich die Besuche wegen ‚Mausarmen’ deutlich gehäuft“, sagt Dr. Martin Donner. Die futurezone hat mit dem Facharzt für Orthopädie und Spezialisten für Arbeitsmedizin verschiedene, aktuelle Mäuse und ähnliche Eingabegeräte auf ihre ergonomischen Eigenschaften getestet.
„Es ist ähnlich wie bei Tennisspielern. Bei der Benutzung von Geräten, egal ob Tennisschläger, Schraubenzieher, Kochlöffel oder Maus, werden immer dieselben Muskeln beansprucht.“ Die Rede ist vom Extensor Carpi Radialis, (lat. speichenseitiger Handstrecker), der dafür zuständig ist, dass die Hand nach oben geknickt wird. Die Funktion dieses Muskels kann ganz leicht selbst veranschaulicht werden. Hält man die Hand und das Handgelenk waagrecht und macht eine sanfte Greifbewegung, wird die Hand waagrecht bleiben. Bildet man aber schnell und stark eine Faust, knickt die Hand nach oben.
Liegt die Hand nicht völlig auf der Maus auf (nur die Fingerspitzen berühren die Maus), ist das Handgelenk automatisch leicht angewinkelt und damit der Muskel angespannt. „Macht man das täglich für mehrere Stunden über Jahre hinweg, kann der Muskel überlastet werden. Er wird im wahrsten Sinne des Wortes sauer, weil er die sich anhäufende Milchsäure nicht mehr abtransportieren kann“, sagt Donner. Ob dieser Fall bereits eingetreten ist, kann man mit einem Helfer recht einfach überprüfen. Drückt man sich beim Händeschütteln besonders fest die Hand und spürt einen stechenden Schmerz in der Ellbogen-Gegend, sollte man einen Orthopäden konsultieren. Die Maßnahmen reichen von Kompressen, über durchblutungs-fördernde Spritzen bis zum letzten Mittel Operation, bei der die Sehne am Muskel behandelt wird.
Ursachen bekämpfen
Damit es nicht so weit kommt, schlägt Donner vor, die Ursachen zu bekämpfen: „Das ist natürlich schwierig, denn man kann einem Tennisspieler nicht sagen, er soll aufhören zu spielen und einem Büromenschen nicht sagen, er soll lieber Blumen gießen anstatt zu arbeiten.“ Eine Option ist das Handgelenk auf eine höhere Position zu bringen. Dazu braucht es keine Spezial-Mauspads oder teures Zubehör: Donner verwendet dazu etwa ein Stück Schaumgummi, das rollenweise in Apotheken verkauft wird und zur Polsterung von Kompressionsverbänden gedacht ist. Das sieht am Arbeitsplatz vielleicht nicht besonders hübsch aus, erfüllt aber seinen Zweck.
Eine weitere Möglichkeit, das Handgelenk zu schonen, ist nicht nur die Wahl des Eingabegeräts, sondern auch die richtige Handhabe. Denn nur weil diese ergonomisch aussehen, sind sie nicht automatisch Schmerz-vorbeugend. Anhand von aktuellen Modellen erklärt Donner, worauf man achten sollte.
Microsoft Arc Touch
Maus
Die Notebook-Maus (70 Euro) lässt sich flach zusammenzulegen, um sie leichter zu transportieren. Wird sie geknickt, ist sie einsatzbereit. „Die hohle Form ist gut, weil sie verhindert, dass man mit den Spitzen der Daumen und Ringfinger die Maus seitlich fixiert", sagt Donner. So ist man fast dazu gezwungen, die Hand flach auf die Maus aufzulegen. Ebenfalls positiv ist die symmetrische Form, die für Links- und Rechtshänder geeignet ist. Heftige Scroll-Orgien sollte man allerdings vermeiden, da für das Scrollen nach unten mit dem Scrollrad der Zeigefinger stärker als bei anderen Mäusen abgewinkelt wird.
Razer
Naga Molten Special Edition
Als Vertreter der Spielenager geht die Razer Naga (80 Euro) ins Rennen. Die Form der Oberfläche und der linken und rechten Maustaste sind so ausgelegt, dass die gesamte Hand gut auf der Maus ruhen kann. Maustaste Nummer 4 und 5 (neben linker Maustaste) sind etwas zu schwer zu erreichen für Donner. Die zwölf Tasten an der linken Mausseite sind nicht nur für Online-Rollenspieler praktisch, sondern können auch mit Shortcuts und Tastencombos für Grafikprogramme oder ähnlichem belegt werden. Von der Nutzung der Tasten 10 bis 12 rät Donner ab, da für diese der Daumen stark abgewinkelt werden muss.
Logitech
Trackball M570
Ein Vorteil des Trackballs (70 Euro): Dadurch, dass nicht das ganze Gerät bewegt wird, es noch dazu recht groß ist und der Daumen genutzt werden muss, ist die Versuchung, es mit den Fingerspitzen anzufassen recht gering. „Allerdings wird jetzt der Daumen einseitig belastet, besonders, wenn man den Cursor nach unten bewegt“, sagt Donner. Auch der Verzicht auf das Herumfahren mit der Maus am Tisch ist nicht unbedingt ein Pluspunkt: „Bewegung ist prinzipiell gut, wenn sie abwechselnd stattfindet. Beim Trackball fällt aber eine Bewegungsart weg.“
Speedlink
Cue
Multitouch
Zu klein und zu unbequem ist die Cue Multitouch von Speedlink (40 Euro). Noch dazu zwingt die Form und die einzige Multitouch-Bewegung, die unterstützt wird (das Streichen mit zwei Fingern nach links oder rechts), zur Bedienung mit den Fingerspitzen.
3M Ergonomic Optical Mouse
Die Ergonomic Optical Mouse (60 Euro) sieht aus wie ein Joystick und wird bedient wie ein Hobel. „Die Ergonomie ist gut, wenn man sich darauf einarbeitet“, so Donner. Vorsicht ist bei der Größe geboten. Die Maus gibt es als „Medium“ und „Large“. Das getestete Large-Modell ist für große Männerhände in Ordnung. Nachteilig ist das Fehlen eines Scrollrads, außerdem konnte die dritte Maustaste weder in
Windows XP noch
Windows 7 belegt werden, spezielle Treiber gibt es für die Maus nicht. Auch die Verarbeitung wirkt nicht besonders hochwertig und das verwendete Material lässt die Hand schnell schwitzen.
Apple Magic Mouse
Die Apple Magic Mouse (69 Euro, nur für Mac) sieht zwar nicht sehr ergonomisch aus, hat aber ihre Vorzüge. Durch die flache Bauweise muss das Handgelenk weniger stark angehoben werden. Sie ist außerdem länger als die Speedlink Cue Multitouch, weshalb sie auch besser mit Daumen und Ringfinger fixiert werden kann, um die Wischbewegung mit Zeige- und Mittelfinger auszuführen. Durch die symmetrische Form ist sie auch für Linkshänder geeignet. Die Magic Mouse hat eine glatte Oberfläche, bietet aber dennoch die Funktionen von linker und rechter Maustaste, sowie einem Mausrad. Diese werden, ähnlich wie bei einem Touchpad eines Laptops, durch Fingerbewegung auf der Mausoberfläche genutzt.
Apple Magic
Trackpad
Ein Touchpad ist für viele nur der Notfall-Mausersatz im Notebook. Aus ergonomischer Sicht ist Apples-Standalone-Lösung, das Magic Trackpad (69 Euro, nur für
Mac) aber durchaus interessant. „Man ist dadurch nicht abhängig von der fixen Positionierung am
Macbook und kann bei der Positionierung variieren“, sagt Donner. Die leichte Schräge, die das Trackpad auf denselben Winkel bringt wie die das Apple Wireless Keyboard, trägt auch ihren Teil zur Ergonomie bei. „Die Finger können so auf dem Pad ruhen, ohne dass das Handgelenk abgewinkelt werden muss.“ Das Trackpad unterstützt, wie das Touchpad eines MacBooks, mehr Multitouch-Gesten als die Magic Mouse. So kann man etwa wie beim
iPhone mit zwei Fingern hinein- und hinauszoomen. Beim Trackpad, das 80 Prozent größer als das Pad eines
MacBook Pros ist, erreicht man die rechte Maustaste auf zwei Varianten: Indem man mit zwei Fingern klickt oder im Padbereich den rechten unteren Rand als „rechte“ Maustaste aktiviert - das gilt für Rechtshänder. Linkshänder können den linken Bereich aktivieren.
Roccat Alumic
Mauspads mit Handgelenksauflage haben für die meisten Nutzer etwa soviel Sexappeal wie der Kabelsalat unter dem Schreibtisch. Damit man sich für seinen Gelenksschoner nicht schämen muss, hat der Gaming-Peripherie-Anbieter Roccat mit Alumic (40 Euro) ein Mauspad für Spieler vorgestellt. Es kann gewendet werden, die Seiten haben unterschiedlich starke Gleiteigenschaften, wodurch auch ein Alltagsgebrauch abseits der virtuellen Schlachtfelder möglich ist. Die gelgefüllte Handgelenksauflage kann auf beiden Seiten ausgelegt werden. Die Höhe ist angenehm und durch die Anti-Rutsch-Beschichtung der Auflage bleibt sie in Position, auch bei schnellen Mausbewegungen. Zudem „klebt“ die Oberseite der Auflage nicht an der Haut – die Bewegungsfreiheit wird also nicht eingeschränkt.
Tipps
„Die Maushaltung ist nicht der einzige Grund für körperliche Beschwerden am Arbeitsplatz“, sagt Donner. Man sollte sich Zeit nehmen seinen Arbeitsplatz einzurichten. Ein häufiges Problem ist die Sitzhaltung und das „Hinunterarbeiten“: „Durch den gesenkten Kopf, etwa beim Abtippen eines Dokuments, wird die Wirbelsäule im Halsbereich in die falsche Richtung gebogen. So kann die Arteriae vertebrales, die das Gehirn mit Blut versorgt, blockiert werden. Schwindel und Übelkeit sind die Folgen.“
Um sich aufzulockern, sollte man jede Stunde für ein paar Minuten Pause und um Idealfall Übungen machen, wie etwa die „12 Bildschirm-Tibeter“. „Diese Zeiten im Arbeits-Alltag einzuhalten, ist aber unrealistisch. Zumindest sollte man aber drei bis fünf Mal am Tag vom Arbeitsplatz aufstehen und sich bewegen, auch wenn man sich nur ein Glas Wasser holt oder auf die Toilette geht“, so Donner.
Auf der Website der Arbeiterkammer findet sich die PDF-Version der Broschüre „Arbeitsplatz Bildschirm“, die Tipps und Hilfestellung zum Einrichten des Arbeitsplatzes liefert. Ebenfalls dort zu finden ist die Anleitung für die „12 Bildschirm-Tibeter“, die von Dr. Donner zusammengestellt wurde.
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