Microsoft Classic IntelliMouse im Test: So gut fühlt sich Retro an
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Nostalgie ist nicht nur bei Videospielen in, wie die Mini-Konsolen von Nintendo und Sony zeigen. Auch Microsoft macht beim Hardware-Retro-Hype mit. Das Ergebnis ist die Classic IntelliMouse – zum Glück nicht im Mini-Format, wie bei Nintendos NES Classic und SNES Classic.
Warum sollte man aber eine 15 Jahre alte Maus neu herausbringen? Weil es etliche User gibt, die beim „damals war alles besser“-Gejammer mitjaulen. Weniger drastisch ausgedrückt: Man hat gute Erinnerungen an Hardware, die gefühlt ewig gehalten hat. Das hat sie in der Realität natürlich nicht, sonst würde man sie immer noch verwenden und hätte keinen Grund, sich jetzt das Remake zuzulegen.
Auch ich erinnere mich mit Freuden an die IntelliMouse Explorer 3.0, dem im Jahr 2004 erschienen Vorbild der Classic IntelliMouse. Sie sah gut aus, lag gut in der Hand und war für Gaming und Arbeit gleichermaßen geeignet. Ähnlich legendär ist nur Logitechs MX518, von der ebenfalls kürzlich ein Remake erscheinen ist.
Handschmeichler
Die Classic IntelliMouse lässt die für das Langzeitgedächtnis verantwortlichen Synapsen frohlocken. Vom ersten Blick an kommen die Erinnerung hoch (positiv, nicht Brechreiz). Die geschwungene Form, die Seitentasten und der Schwung an der linken Seite, erinnern stark ans Original. Die dunkelgrau/schwarze Farbgebung ist eleganter und zurückhaltender als die Explorer 3.0. Die blaue Heck-Beleuchtung ist dezenter als das rote „Bremslicht“ des Originals. Die Classic IntelliMouse ist erwachsen geworden.
Nicht nur optisch, sondern auch haptisch erlebt man ein vertrautes Gefühl von Geborgenheit. Als ich meine Hand zum ersten Mal auf die Classic IntelliMouse gelegt habe, musste ich vor nostalgischer Freude grinsen. Die Hand landet sofort da, wo sie sein sollte. Es fühlt sich einfach richtig an.
Es ist eine der wenigen Mäuse, die ich nicht ausschließlich im Claw-Grip (Maus wird nur mit den Fingerspitzen bedient, Zeige- und Mittelfinger sind abgewinkelt) bediene. Der Wechsel zwischen Claw, Fingertip und Palm (Handfläche liegt auf Maus auf), kommt bei der Classic IntelliMouse ganz natürlich. Durch die häufigeren Wechsel in der Haltung wird die Chance reduziert, dass durch eine längere Nutzung Handgelenk, Finger oder Arm schmerzhaft beleidigt sind.
Tasten und Rad
Vorbildlich sind die zwei belegbaren Zusatzknöpfe an der linken Seite. Der Daumen ruht üblicherweise genau unter den Tasten, mittig. Eine minimale Bewegung reicht, um die Tasten zu drücken. Sie sind so geformt, dass sie gut zu erfühlen sind, ohne, dass sie unangenehm hervorstehen. Der Nachteil der ergonomischen Form: Die Classic IntelliMouse ist nicht für Linkshänder geeignet.
Die Maustasten haben 70-Gramm-Schalter, wie damals das Original. Wäre der Primärzweck der Maus Gaming, wäre mir das zuviel. Für das Arbeiten und gelegentliche Spielen ist der Widerstand der linken und rechten Maustaste aber sehr gut.
Das Mausrad war damals eine der großen Stärken der Explorer 3.0. Denn Anfang der 2000er-Jahre war es kaum möglich, ein vernünftig funktionierendes Mausrad zu bekommen. Die Classic IntelliMouse hat die Stärke ihres Vorbilds übernommen. Das Mausrad hat einen angenehm geringen Widerstand, rastet aber trotzdem gut fühlbar. Auch der Klick mit dem Mausrad ist bei angenehmen 70 Gramm. Im Gegensatz zu anderen Mäusen ist die Wahrscheinlichkeit dadurch sehr gering, dass man beim Drücken das Rad gleichzeitig dreht.
Weniger ist weniger
Was Microsoft beim Comeback der Maus verabsäumt hat: Neue Funktionen hinzufügen. Es gibt keine 6te und 7te Taste. Das Mausrad lässt sich nicht in einem widerstandslosen Scrollmodus umschalten. Es gibt keine Schnelltasten für Profile oder das Wechseln der Abtastrate. Auch auf einlegbare Gewichte wird verzichtet. Und das alles ist auch gut so.
Es ist ein schnörkelloses Design, das einfach funktioniert und universal einsetzbar ist. Und genau das macht die Schönheit der Classic IntelliMouse aus. Ähnliches gilt auch für den verwendeten Sensor. Er unterstützt eine Abtastrate bis zu 3200 DPI und eine Abfragerate von 1000 Hz. Er arbeitet auf nahezu allen Oberflächen, inklusive Glas.
Die Standardeinstellungen der Maus und des Sensors sind sehr alltagstauglich. Will man sie dennoch ändern, benötigt man „Microsoft Mouse and Keyboard Center“. Diese Software ist bei Windows 10 nicht vorinstalliert und muss extra heruntergeladen werden.
Designfehler
Wie schon das Original ist auch die Classic IntelliMouse kabelgebunden. Wer der originalen Explorer 3.0 hinterherweint, will aber ohnehin eine Kabelmaus haben. Ein kleiner Nachteil ist, dass das Kabel relativ steif und widerspenstig gegen das Zurechtbiegen ist. So hat man am Schreibtisch mitunter eine unschöne Kabelkurve liegen.
Ein größeres Problem ist ein Designfehler. Das Material, auf dem Daumen- und Ringfinger auflegen, ist Gummi. Und Gummi nutzt sich ab. Nach etwa drei Monaten ist die Stelle, an der der Daumen aufliegt, sicht- und fühlbar abgerieben. An der rechten Seite ist es, an der Stelle, an der der Ringfinger aufliegt, genauso. Man muss also davon ausgehen, dass die Maus nach einem Jahr sehr deutliche Abnutzungserscheinungen haben wird und sich womöglich nicht mehr so gut anfühlt, wie zu Beginn.
Fazit
So sollte Retro sein. Microsoft macht mit der Classic IntelliMouse fast alles richtig. An den richtigen Stellen wurde sie verbessert und das, was schon damals sehr gut war, wurde nicht angerührt. Der sich schnell abnutzende Gummi ist leider ein Ärgernis. Dafür gibt es die Maus bei einigen Händlern bereits um 28 Euro. Das ist der Trip in die Vergangenheit, verbunden mit einer soliden Maus für den Arbeitsalltag und gelegentliches Gaming, wert.
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