Kleines Kraftpaket: Die Nikon Z7 hat einen Vollformat-Sensor mit 45 Megapixeln

Kleines Kraftpaket: Die Nikon Z7 hat einen Vollformat-Sensor mit 45 Megapixeln

© Gregor Gruber

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Nikon Z7 im Test: Ein starker Start ins Vollformat

Canon hat mit der EOS R eine Systemkamera mit Vollformat-Sensor herausgebracht, die sich am ehesten an Amateure mit Geld richtet. Wer Wert auf möglichst viel Leistung legt, wurde hier enttäuscht. Nikon wollte nicht denselben Fehler machen und hat sein System-Vollformat-Debüt deshalb gedoppelt, mit der Z6 (2450 Euro) und Z7 (3700 Euro). Ich habe die Z7 getestet.

Beim Gehäuse lässt sich Nikon nicht auf Experimente ein. Die Z7 sieht wie eine etwas kompaktere Nikon Spiegelreflexkamera (DSLR) aus. Für die kompakten Maße wird die Ergonomie nicht geopfert. Der Griff ist angenehm groß und liegt so gut in der Hand, wie man es von Nikon-DSLRs gewohnt ist.

Tastenlayout

Das Layout der Tasten ist sinnvoll gewählt und alles ist gut erreichbar. Obwohl ich hauptsächlich mit Canon fotografiere, fiel mir der Umstieg auf die Nikon Z7 deutlich einfacher, als auf die Canon EOS R. Etwas ungewohnt sind nur die Fn-Tasten an der Vorderseite, die neben dem Bajonettverschluss sind. Im Gegensatz zu Nikon DSLRs sind diese nicht rund, sondern langgezogen und fühlen sich ein wenig wie Kippschalter an.

Wenn man mit dem Sucher fotografiert sind sie intuitiv erreichbar und geben gutes Feedback. Aufpassen muss man nur, wenn man die Tendenz hat die Kamera am Objektiv zu tragen, ohne sie auszuschalten. Dann erwischt man schon mal eine Fn-Taste und wundert sich vielleicht, wenn man beim Ansetzen zum Fotografieren mit dem Drehrad den Autofokus-Modus verstellt, anstatt die Blende.

Joystick und Touchscreen

Im Gegensatz zur Canon EOS R hat die Nikon Z7 einen Joystick und den DSLR-üblichen Schalter, um zwischen Foto- und Videomodus zu wechseln. Das alles hilft, damit sich die Z7 wie eine hochwertige Vollformat-Kamera anfühlt und, trotz ihrer kompakten Maße, nicht wie eine günstige DSLR.

Vorbildlich ist das belegbare Info-Menü, das per Touchscreen oder Joystick genutzt werden kann. Das Gegenstück bei Canons EOS R kann nur über die Drehräder bedient werden, was überhaupt nicht intuitiv ist. Das große Einstellungsmenü der Z7 ist etwas unaufgeräumter als bei der EOS R, aber nicht so schlimm wie bei Sonys Alphas-Kameras.

Der Touchscreen kann für so gut wie alle Menüs, mit Fingergesten bei der Bildwiedergabe und zur Auswahl der Einstellungen genutzt werden – hier sollte sich Platzhirsch Sony mit seinen Alpha-Kameras ein Beispiel nehmen. Was der Touchscreen nicht kann, ist das Auswählen des Fokusfeldes, wenn durch den Sucher geblickt wird. Das muss er aber auch nicht, da es ohnehin einen Joystick gibt, mit dem das verlässlich funktioniert.

Sucher und Display

Der elektronische Sucher hat 3,69 Megapixel und eine entsprechend detailreiche Darstellung. Während bei anderen Systemkameras das Live-View-Bild oft in einer reduzierten Auflösung angezeigt wird, scheint es bei der Z7 immer die volle Auflösung zu sein. Das macht die Nutzung des Suchers viel angenehmer und hilft bei der Bildkomposition. Ein Nachteil davon ist, dass der Sucher etwas zu langsam ist. Im Serienbildermodus mit 5,5 Bildern pro Sekunde wird im Sucher oft ein Bild übersprungen. Aufgenommen wird das Foto zwar trotzdem, aber es irritiert.

Der Touchscreen hat ebenfalls eine hohe Darstellungsqualität. Er kann nach oben und unten gekippt werden, ist aber – Nikon-typisch – etwas unflexibel. Das Kippen nach unten geht nicht um 90 Grad. Beim Kippen um 90 Grad nach oben ist immer irgendwie der Sucher im Weg, selbst wenn man das Display-Gelenk nutzt, um den Bildschirm etwas weiter herauszuziehen.

Die automatische Umschaltung zwischen Sucher und Display ist etwas „zu scharf“ eingestellt. Ist das Display nach oben gekippt und tippt man darauf, um den Touchscreen zu verwenden, schaltet sich das Display aus. Um das zu verhindern, kann mit der Taste links neben den Sucher das automatische Umschalten zwischen Sucher und Display deaktiviert werden.

Objektive

Wie Canon bei der EOS R, führt Nikon mit der Z6 und Z7 einen neuen Bajonettanschluss ein. Dieser heißt Z-Anschluss. Interessant ist, dass Canon, obwohl die EOS R nicht unbedingt Profis anspricht, gleich zum Start Spitzen-Objektive veröffentlicht hat, während die für die Z7 zwar gut, aber nicht Spitzenklasse sind.

Nikons 24-70mm ist f/4, während Canon hier ein f/2 hat. Die Fixbrennweiten mit 35mm und 50mm, beide mit f/1.8, lassen das Fotografenherz auch nicht gerade höherschlagen. Immerhin können mit dem offiziellen Adapter alle Objektive mit F-Anschluss genutzt werden.

Wer noch keine F-Objektive herumliegen hat, die weitergenutzt werden sollen, muss sich hoffentlich nicht allzu lange gedulden. Im Verlauf dieses Jahres will Nikon mehrere neue Z-Objektive vorstellen. Dazu gehören das 58mm mit f/0.95, ein 24-70mm f/2.8 und ein 70-200mm f/2.8.

Akku und Speicherkarte

Der Akku hat ein Rating von 400 Fotos – mehr als bei der Canon EOS R, weniger als bei Sonys Vollformat-Alphas. Bei meinen ersten Experimenten mit der Z7, die auch viel Suchen in den Einstellungen und Langzeitaufnahmen beinhalteten, war der Akku nach 417 Fotos leer. Danach konnte ich bei gemischter Nutzung, mit mehr Videos und weniger Langzeitbelichtungen, knapp an die 500 Fotos erreichen.

Ungewöhnlich für eine Vollformat-Kamera in dieser Preisklasse ist, dass es nur einen Speicherkarten-Slot gibt. Und dieser ist für XQD-Karten. Das verhältnismäßig junge Format wird als Nachfolger der Compact-Flash-Karten gehandelt, punktet mit einer kompakteren Größe und Lese- und Schreibgeschwindigkeiten von bis zu 440 bzw. 400 MB pro Sekunde. Der Nachteil ist der noch hohe Preis. Eine XQD-Karte mit 440/400 MB/s und 64 GB kostet derzeit um die 160 Euro.

Ein Manko ist der klein geratene Puffer der Z7. Bei RAW (plus JPGs) sind etwa 20 Fotos in voller Geschwindigkeit bei Serienbildern möglich. Bei reinen JPGs sind es 26.

Serienbilder und Bildstabilisator

5,5 Bilder pro Sekunde sind die höchste Geschwindigkeit im Serienbildermodus mit kontinuierlicher Belichtungsmessung. Verzichtet man auf diese, sind bis zu neun Fotos pro Sekunde möglich.

Die gesamte Z7 arbeitet sehr leise, auch wenn die stille Auslösung nicht aktiviert ist. Wenn man darauf achtet, ist der eingebaute Bildstabilisator durch ein leichtes Surren zu hören. Meistens wird man ihn aber akustisch nicht wahrnehmen.

Der im Gehäuse verbaute Bildstabilisator leistet sehr gute Arbeit und lässt eigentlich nur eine Frage offen: Wieso hat Konkurrent Canon bei seiner EOS R keinen Stabilisator verbaut? Der eingebaute Bildstabilisator kann auch in Verbindung mit Nikons DSLR-Objektiven genutzt werden, die bereits einen Stabilisator eingebaut haben.

Autofokus

Die Nikon D850 konnte sich mit dem besten Autofokus-System in der DSLR-Welt brüsten. Die Z7 kann hier leider nicht anknüpfen, obwohl sie mit 493 Fokuspunkten, die 90 Prozent des Bildausschnitts abdecken, gute Voraussetzungen dazu hätte.

Der kontinuierliche Autofokus und die Motivverfolgung können nicht mit der D850 mithalten. Bei gutem Licht mit einem einzelnen Fokuspunkt auf einem langsamen Motiv gibt es noch gute Ergebnisse. Bewegt sich das Motiv aber schneller oder ist es dunkel, springt der Fokus gerne zwischen Vorder- und Hintergrund oder beginnt zu pumpen.

Bei der Gesichtserkennung ist es ähnlich: Bleibt das Gesicht halbwegs ruhig, bleibt auch der Fokus darauf. Bewegt es sich zu viel im Bildausschnitt, geht der Fokus verloren. Der Autofokus-Modus mit Augenpriorität konnte nicht getestet werden, da dieser erst nach Rücksendung des Testgeräts per Firmware-Update verfügbar wurde.

Während der kontinuierliche Autofokus nicht spitze, aber zumindest auch nicht furchtbar ist, kann der Einzel-Autofokus überzeugen. Dieser ist sehr schnell und präzise. Für Nachtaufnahmen gibt es einen eigenen Lowlight-Autofokus-Modus. Der ist langsamer, aber auch bei wenig Licht verlässlich. Lediglich beim Autofeld, bei dem der Autofokus im gesamten Bildausschnitt nach dem Motiv sucht, war die Leistung eher mittelmäßig. Hier wurde öfters auf den Hintergrund fokussiert oder Gegenstände fälschlich als Gesichter identifiziert.

Bildqualität

Die Hoffnung ist, dass die Z7 in Sachen Bildqualität eine spiegellose Version von Nikons vielgelobter Spiegelreflexkamera D850 ist. Und diese Hoffnung wird erfüllt. Die Bilder haben eine hervorragende Schärfe, ohne künstlich überscharf zu wirken. Die JPG-Farben sind gut ausgeglichen, ohne die Grünschwäche, die man von Sonys Alpha-Kameras kennt. Auch verschiedene Hauttöne werden gut abgelichtet.

Ein wenig störend ist, dass die Rauschunterdrückung bei höheren ISO-Werten eine Spur zu viele Details bei JPGs verschwinden lässt. Abgesehen davon ist das ISO-Rauschen noch bis 6400 akzeptabel, trotz der Auflösung von 45 Megapixel. Hier hilft, dass der Vollformatsensor rückseitig beleuchtet ist. Die Z7 neigt dazu, etwas vorsichtig beim Belichten zu sein. Bei vielen Motiven habe ich um 0,3 bis eine Blendenstufe manuell korrigiert. Der Dynamikumfang ist auf gewohnt hohem Nikon-Niveau und auf einem Level mit der exzellenten Nikon D850.

Video

Die Z7 nimmt UHD-Videos mit 24, 25 oder 30 Bildern pro Sekunde auf. Im Gegensatz zur EOS R gibt es hier keinen Zwangs-Crop. Es wird mit dem vollen Sensor aufgenommen. Das heißt: Die Brennweite am Objektiv ist auch tatsächlich die Brennweite fürs Video. Da hier das Line-Skipping-Verfahren zum Einsatz kommt, sind die Aufnahmen aber etwas anfälliger für Bildfehler.

Als Alternative kann der APS-C-Crop von 1,5 gewählt werden. Ähnlich wie bei Sonys Super-35-Modus der Alpha-Kameras wird hier Oversampling eingesetzt, um das Video aufzuzeichnen. Das erhöht die Bildqualität und liefert ein sehr gutes Ergebnis – mit dem Klassenprimus Sony A7R3 kann sie aber nicht ganz mithalten.

In beiden Aufnahmemodi ist ein leichter Rolling-Shutter-Effekt zu bemerken. Bei der Full-Frame-Aufnahme ist er etwas stärker. Der Bildstabilisator arbeitet auch im Videomodus sehr gut und ermöglicht ohne Stativ brauchbare Videoaufnahmen. Lediglich bei horizontalen Schwenks steuert er eine Spur zu stark gegen, was zu einem leichten Schliereffekt führen kann.

Der Folge-Autofokus und die Motivverfolgung funktionieren im Videomodus überraschend gut, im Vergleich zu der Performance bei Fotoaufnahmen. Er ist sehr verlässlich und einfach zu verwenden und kann hier locker mit Canons EOS R und Sonys Alpha-Kameras mithalten und diese teilweise sogar übertreffen.

Fazit

Nikon macht mit der Z7 fast alles richtig. Sie fühlt sich gut an, hat eine hervorragende Bildqualität bei Fotos und Videos und lässt sich so bequem bedienen, wie man es von einer Systemkamera erwartet. Das ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass die Z7 Nikons erste Generation einer Vollformat-Systemkamera ist. Dass dabei gleich ein so gutes Gerät rauskommt ist keine Selbstverständlichkeit, wie man anhand der Canon EOS R sieht.

Perfekt ist die Z7 aber nicht, was angesichts des hohen Preises von 3700 Euro schmerzt. Die Nikon D850, die das DSLR-Vorbild zur Z7 ist, gibt es bei vielen Händlern für 200 Euro weniger. Die ist zwar größer und schwerer, hat aber weniger Mankos als die Z7. Dafür muss man aber auf den optischen Bildstabilisator und etwas Komfort verzichten. Wer bereits eine D850 hat, muss also nicht zur Z7 wechseln – es sei denn man hatte sowieso vor, sich eine kompakte aber leistungsstarke Zweitkamera zuzulegen.

Wenn man keine Marken-Affinität hat und einfach nur die derzeit beste Vollformat-Systemkamera haben will, ist die Sony A7R3 noch einen Tick besser als die Z7 und mit einem UVP von 3300 Euro (gibt es bei Händlern ab 2500 Euro) günstiger. Zudem gibt es für die Alpha-Serie mehr Objektive. Wer aber von einer Vollformat-Canon- oder Nikon-DSLR kommt, wird mit der Bedienung der Z7 besser zurechtkommen.

Generell ist zu etwas Geduld geraten. Im Idealfall wartet man auf das Nachfolgemodell der Z7, das die Schwächen ausbügelt. Oder zumindest ein paar Monate, bis das Gehäuse der Z7 so viel (oder im Idealfall weniger) als das der D850 kostet.

 

Technische Daten auf der Website des Herstellers

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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