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NOVOMATIC: „Wir berechnen die wahre Wahrscheinlichkeit“

Es gleicht fast einem Naturgesetz: Wenn ein Sportereignis stattfindet, nimmt irgendjemand darauf Wetten an. Egal, ob man Fan oder nur ein unfreiwilliger Zuseher ist, eine Meinung über den Ausgang eines Spiels hat fast jeder. Daher gibt es Sportwetten bereits seit Jahrhunderten. Mittlerweile sorgen sie für einen weltweiten Umsatz von mehr als 100 Milliarden US-Dollar jährlich.

Auch der österreichische Gaming-Technologiekonzern NOVOMATIC bietet hier Lösungen an. Durch die Liberalisierung des US-Marktes setzt der in Gumpoldskirchen beheimatete Konzern große Hoffnungen auf das Sportwetten-Geschäft und hat sich dafür im Vorjahr die Dienste von Felipe Ludeña gesichert. Ludeña war zuvor beim spanischen Konkurrenten Codere tätig und leitete dort das internationale Online-Geschäft. Die futurezone hat Ludeña gefragt, wie neue Technologien Sportwetten beeinflussen, ob es Wetten in E-Sports geben soll und wie es mit dem Suchtrisiko aussieht.

futurezone: Bei einem Spielautomaten ist die Gewinnwahrscheinlichkeit – gemäß den rechtlichen Rahmenbedingungen – fix vorgegeben. Doch wie funktioniert das bei Sportwetten? Sie können ja nicht mit absoluter Sicherheit vorhersagen, wer die Champions League gewinnen wird.
Felipe Ludeña: Das kann man nicht vorhersagen. Aber wir haben viele Statistiken zur Verfügung, beispielsweise wie viele Tore Real Madrid pro Spiel erzielt und gegen welche Gegner. Eine Gruppe von Mitarbeitern, die sich sehr gut mit den einzelnen Sportarten auskennt, produziert laufend derartige Statistiken und macht auf der Basis davon eigene Vorhersagen. Die Statistiken liefern aber nur den Hintergrund, zusätzlich gibt es noch aktuelle Informationen, beispielsweise ob Kane oder Hazard verletzt sind und daher nicht spielen können. All das wird zusammengerechnet und herauskommt die sogenannte „wahre Wahrscheinlichkeit“. Diese besagt, basierend auf unserem Expertenwissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Ereignis eintritt, beispielsweise dass ein Team gewinnt, wie viele Tore erzielt werden und ähnliches.

Wie präzise ist das?
Wenn ein Spiel etwa am Samstag stattfindet, wissen wir am Montag davor schon ziemlich genau, wie das Ergebnis ausfallen dürfte. Je näher man dem Spieltag kommt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhergesehene eintritt. Einerseits rückt das Match näher und andererseits sinkt die Wahrscheinlichkeit auf etwas Ungewöhnliches, beispielsweise, dass sich ein Spieler verletzt. Außerdem sehen wir, wie die Kunden wetten. Wir nutzen viel Technologie, um diese Daten verarbeiten zu können. Sobald das Spiel losgeht, kommen zu diesen Daten auch noch Echtzeitinformationen.

Wie stark beeinflusst das Wettverhalten die Quoten?
Nicht sehr stark, aber man versucht natürlich, ein ausgeglichenes Buch zu führen. Wenn unüblich viel Geld auf eine Seite wandert, sieht man sich das natürlich genauer an und passt gegebenenfalls die Quoten an. Wenn jemand ein großer Fan eines Teams ist und auf dieses trotz schlechter Quoten viel Geld setzt, agiert er nicht logisch. Deswegen schauen wir uns auch die Quoten unserer Mitbewerber an. Ähnlich wie bei einer Börse sehen wir die Werte all unserer Konkurrenten auf einem Bildschirm. Daran erkennen wir auch, ob uns ein Fehler unterlaufen ist.

Hat Technologie das Wettgeschäft verändert?
Ja, klar. Es hat sich auf zwei Ebenen verändert: intern und extern. Intern haben die Rechenleistung und die hohe Automatisierung Menschen, die alles mit Stift und Papier aufgezeichnet haben, abgelöst. Mittlerweile hilft uns Machine Learning dabei Muster zu erkennen. Am stärksten haben sich Sportwetten aber nach Außen verändert. Einerseits muss man in den Wettbüros nicht mehr an einen Schalter gehen, um eine Wette zu platzieren, sondern hat dafür eigene Terminals oder nutzt sein Smartphone. Das gibt dem Kunden mehr Freiheit, die er oder sie in die Recherche stecken kann. Zugleich kann man nun auch komplexere Wetten erstellen. Am stärksten hat aber wohl das mobile Internet unsere Branche verändert. Die Reichweite wurde dadurch viel größer.

Wie entwickelt man sich in diesem Geschäft weiter? Die Grundidee von Sportwetten ist ja schon Jahrhunderte alt.
Wie verbessert man die Nutzererfahrung im Bankgeschäft, etwa bei einer Überweisung? Es ist dasselbe Problem. Es ist eine stark transaktionsbasierte Erfahrung, die ich beispielsweise mit Personalisierung verbessern kann. Wenn ich mich einlogge, sehe ich meine Lieblingssportarten und bekomme als Erstes jene Events präsentiert, die mich am meisten interessieren.

Und wie finden Sie heraus, ob das gut ankommt? Laden Sie die Kunden zu Nutzertests ein?
Diese Branche ist sehr stark reguliert und deswegen dürfen wir auch nicht so kreativ sein wie wir gerne wären. Man muss sich stets an gewisse Regeln halten, weswegen wir uns in der Entwicklung mehr auf Themen konzentrieren, welche die Wetterfahrung für unsere Kunden verbessern und auf ihre Bedürfnisse anpassen. Alles, was wir neu entwickeln, wie Personalisierung, muss im Rahmen dieses Regelwerks erfolgen.

Gibt es irgendwelche neuen Technologien, die Sie in diesem Rahmen anwenden könnten?
Nein, aber natürlich sehen wir uns immer wieder biometrische Verfahren wie Touch ID oder Face ID an, um den Log-in-Vorgang und die Kommunikation mit uns für die Kunden zu vereinfachen. Wir hatten beispielsweise kurz nach dem Start der Apple Watch eine Funktion, mit der man über die Smartwatch wetten konnte. Die Funktion wurde aber von den Kunden nie angenommen. Das Gleiche gilt für das Wetten über Siri und den Google Assistant.

Wo sehen Sie das meiste Potenzial?
Vor allem bei der Geschwindigkeit und Flexibilität. Man kann jetzt schon viele Events live über die Admiral Webseite streamen. Zudem erleichtert die App für Mobilgeräte zu wetten während der Event läuft. Zum Beispiel war das sogenannte Cash Out Feature sehr erfolgreich. Wenn man eine Wette abgegeben hat, aber der Event noch nicht vorbei ist, kann man jederzeit seine Meinung ändern und frühzeitig die Auszahlung beantragen. Oder der Wett-Baukasten, wo man verschiedene Wetten kombinieren kann, beispielsweise, dass ein bestimmter Spieler ein Tor erzielen oder vom Platz verwiesen wird. Derartige Funktionen finden international immer mehr Akzeptanz. Andere Dinge, wie VR, sind nicht mehr als Angeberei.

Auch um E-Sports könnte man ein Wettsystem bauen.

Wie stehen Sie zu virtuellen Sportwetten, also Wetten auf simulierte Sportereignisse?
In Österreich ist das nicht erlaubt, da kein reales Ereignis dahintersteht. Im Grunde genommen ist das ein Zufallsspiel. Ein Zufallszahlengenerator spuckt ein Ergebnis aus und das wird dann als Sportergebnis, beispielsweise als Pferderennen, Boxkampf oder Fußballspiel, angezeigt. Das funktioniert in Großbritannien und Italien sehr gut, ist aber in vielen Märkten, unter anderem Österreich und Spanien, nicht erlaubt.

Zurzeit drängen auch viele Wettanbieter in den E-Sport. Wie sehen Sie das?
Das ist schwierig zu beantworten. Es gibt Ligen, es gibt Wettbewerbe, also kann man auch eine Meinung dazu haben, wer gewinnen wird. Es gibt auch Statistiken, man könnte also ein Wettsystem darum aufbauen.

Glauben Sie, dass sich die Situation noch ändern wird?
Wir bieten es bereits an, aber wir drängen nicht so stark in diese Richtung. E-Sport hat meiner Meinung nach eine große Zukunft aus der Veranstaltungsperspektive, aber der Einfluss auf die Wettbranche ist noch eingeschränkt. Vielleicht wird es irgendwann besser, aber wir wollen eigentlich nur Wetten auf Profi-Bewerbe annehmen. Ich weiß, dass es schon viele E-Sports-Profis gibt, aber der Markt ist einfach noch nicht reif dafür.

Auch um sogenannte Loot-Boxen wird derzeitig heftig diskutiert. Sollten diese Pakete, die nach dem Zufallsprinzip Spiel-Gegenstände enthalten, wie Glücksspiel reguliert werden?
Ja, ich denke schon. Glücksspiel sollte grundsätzlich reguliert werden. Es kann Spaß machen, aber nur unter gewissen Rahmenbedingungen. Lootboxen nutzen Eigenschaften des Glücksspiels in nicht regulierten Bereichen wie Videospiele: Man betreibt im Grunde genommen Glücksspiel ohne Regeln oder Kontrolle - und das gefällt mir nicht.

Sollten die gleichen Regeln gelten wie im klassischen Glücksspiel?
Es sollte jedenfalls Regeln geben, aber so wie es derzeit gehandhabt wird, kann es nicht bleiben.

Zugleich öffnen sich viele Märkte für Glücksspiel, unter anderem auch die USA. Was verändert sich dadurch?
Es ist ein grundlegend anderes Umfeld als in Europa. In Europa geht es grundsätzlich darum, neuen Unternehmen den Einstieg in das Geschäft zu ermöglichen. In den USA dürfen fast nur Casinos Glücksspiel betreiben, wodurch es nicht die gleiche Bandbreite an Angeboten und klassischen Wettbüros gibt. Die USA legen den Fokus eher auf Online-Wetten, was deutlich von Österreich, Deutschland, Großbritannien, Spanien oder Italien abweicht.

Worin besteht aus ihrer Perspektive der größte Unterschied zwischen Glücksspiel und Wetten?
Aus der Spielerperspektive macht Wetten vor allem die Tatsache interessant, dass es mit Können verknüpft ist. Beim Glücksspiel ist es reiner Zufall.

Gibt es Unterschiede bei den Maßnahmen für Wetten und Glücksspiel, um die Suchtgefahr zu reduzieren?
Sie sind sich ziemlich ähnlich. Die Maßnahmen geben den Kunden die Möglichkeit, eigene Obergrenzen zu wählen. Man muss angeben, wie viel man maximal ausgeben will, wahlweise pro Stunde, Tag, Woche oder Monat. Hat man sich beispielsweise 150 Euro als Grenze gesetzt, kann man diesen Wert eine bestimmte Zeit lang nicht erhöhen. Es gibt auch eine Abkühlphase. Die Spieler sind stets registriert, sodass wir sie begleiten können. Mit Machine Learning entdecken wir problematisches Verhalten relativ rasch, früher mussten das einzelne Mitarbeiter im Lokal machen, das war deutlich schwieriger.

Hat sich das durch Mobile Gaming verändert?
Nicht wirklich, viele erfahrene Kunden bevorzugen das Wetten am Desktop-PC sogar gegenüber dem Smartphone. Denn sie brauchen Zeit, um sich dem Thema widmen zu können. Am Smartphone hingegen muss es schnell gehen. Ich glaube auch nicht, dass sich das Risiko eines problematischen Verhaltens durch Wetten am Smartphone erhöht hat. Wir behalten unsere Kunden aber auch hier sehr genau im Auge.

Dieses Interview entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Novomatic AG. Die redaktionelle Hoheit liegt bei der futurezone.

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