Wie nachhaltig kann ein Elektroauto sein?
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Polestar hat sich einer nachhaltigen Mobilität mit Elektroautos verschrieben und dafür das "Polestar 0 Projekt" ins Leben gerufen. Zentrales Ziel des Autoherstellers ist dabei die Produktion eines vollständig klimaneutralen Fahrzeugs, das bis 2030 gelingen soll.
Insofern ist auf der Polestar-Website zu lesen: "Mithilfe von modernem Design und neuester Technologie treiben wir die Umstellung auf nachhaltige, vollelektrische Mobilität voran." Und weiter: "Wir bauen nachhaltige Elektroautos, um die Gesellschaft in eine nachhaltige Zukunft zu führen."
Wie dieses ambitionierte Ziel erreicht werden kann und wie realistisch das überhaupt ist, wollten wir vom zuständigen Polestar-Projektleiter Hans Pehrson wissen.
"Wir sind uns bewusst, dass dies eine beispiellose Herausforderung ist."
futurezone: Wie nachhaltig kann ein Elektroauto eigentlich sein?
Hans Pehrson: Klimaneutralität sehen wir als den einzigen Weg nach vorne. Das heißt, dass wir alle Treibhausgasemissionen sowohl aus der Lieferkette als auch aus dem Produktionsprozess eliminieren müssen. Als wir im April 2021 offiziell das "Polestar 0 Projekt" gestartet und uns damit das Ziel gesetzt haben, bis 2030 ein vollkommen klimaneutrales Auto zu entwickeln, sind wir eine mutige Verpflichtung eingegangen. Das klimaneutrale Auto wird kommerziell produziert und verkauft. Es soll kein Concept Car werden.
Wenn wir vollständig klimaneutral sagen, meinen wir die Beseitigung aller CO2-Emissionen in der gesamten Lieferkette, von der Wiege bis zum Werkstor, einschließlich der gesamten Logistik. Kein sogenanntes "Offsetting", nirgendwo in der Lieferkette. Wir sind uns bewusst, dass dies eine beispiellose Herausforderung ist.
Im Rahmen des "Polestar 0 Project" will Polestar bis 2030 ein "wirklich klimaneutrales Fahrzeug" bauen. Wie soll das möglich sein?
Das "Polestar 0 Projekt" ist unsere Version einer Mondlandung. Wie die Apollo-Mondmission in den 1960er-Jahren streben wir eine Weltneuheit innerhalb eines Jahrzehnts an. Beide Projekte erfordern zielorientierte Teams mit den richtigen Partner*innen. Wir haben sehr früh erkannt, dass für ein solches Projekt eine Zusammenarbeit erforderlich ist, die weit über normale Business-to-Business-Beziehungen hinausgeht. Klar ist auch, dass ein vollständig klimaneutrales Auto ohne Kompensation zu bauen nicht Teil des "Polestar 0 Projekts" ist – es ist das Ziel und der Zweck des Projekts.
Um bis 2030 ein klimaneutrales Auto zu entwickeln, müssen wir die fortgeschrittene Forschung zur Suche nach fossilfreien Materialien bis 2025 abgeschlossen haben. Der nächste Schritt besteht darin, neue Materialien und Prozesse zu testen, alle Konzepte für Materialien, Funktionen und Lieferketten zu validieren und mit der Fahrzeugarchitektur zu starten. Bis 2027 müssen wir mit dem Bau neuer Produktionsstätten beginnen und die komplette Lieferkette für die Massenproduktion fertigstellen. Erst danach können wir mit der Produktion des Autos selbst beginnen.
Wie weit sind Sie mit dem "Polestar 0 Projekt" vorangekommen?
Wir befinden uns jetzt in der Forschungsphase und müssen unsere Kräfte mit Partner*innen, Lieferant*innen, Unternehmern, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, Innovator*innen, Investor*innen und Universitäten mit den richtigen Kenntnissen, Fähigkeiten oder Einsichten bündeln.
Seit Februar 2022 haben wir Absichtserklärungen mit weltweit führenden Zulieferer*innen der Automobilindustrie unterzeichnet. Zu Beginn war eine Auswahl strategischer Partner*innen in den Bereichen Metalle, Sicherheit, Antriebssysteme und Elektronik mit dabei. Durch unsere nachfolgenden Aufrufe zur Zusammenarbeit haben wir intensive Kooperationen mit weiteren Lieferant*innen, Forscher*innen, Universitäten, Unternehmern, Investoren sowie Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen aufgebaut.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen im Projekt? Sind es die Rohstoffe, die Produktion, der Transport oder etwas anderes?
Die größte Herausforderung ist die Komplexität eines modernen Autos. Es besteht aus rund 30.000 Komponenten und die wiederum beruhen auf einem komplexen System von Zulieferer*innen und Subhersteller*innen.
Heute gibt es im Grunde keine Lösungen, um alltägliche Produkte und Materialien ohne den Ausstoß von CO2 herzustellen. Als Gesellschaft haben wir uns daran gewöhnt und irgendwie auch akzeptiert, dass die Produkte, Dienstleistungen und Funktionen, die wir täglich nutzen, mit Emissionen verbunden sind.
"Das Interesse und die positive Resonanz auf das Projekt zeigt uns, dass wir den richtigen Weg gehen."
Kann man eigentlich klimaneutrale Batterien entwickeln und bauen? Wo beginnt für Sie der Lebenszyklus?
Null ist null und wir müssen Batterien auf die gleiche Weise betrachten wie jede andere Komponente des Fahrzeugs. Batterien sind neben Aluminium und Stahl die kohlenstofflastigen Komponenten eines modernen Autos. Das "Polestar 0 Projekt" zielt auf die Eliminierung von CO2 ab, von der Gewinnung bzw. dem Recycling des Rohmaterials über die Produktion und die Lieferung an die Kund*innen bis hin zum Ende der Lebensdauer.
Wie will Polestar sicherstellen, dass die verwendeten Materialien – von Textilien und Karosserieteilen bis hin zu technischen Komponenten, Batterien oder Motoren – tatsächlich aus nachhaltiger Produktion stammen? Inwieweit ist eine verantwortungsvolle Beschaffung von Rohstoffen überhaupt möglich und wie versucht Polestar, eine ethische und transparente Lieferkette sicherzustellen?
Das ist ein wichtiges Thema. Große globale Lieferketten sind dynamisch und zerbrechlich. Das "Polestar 0 Projekt" ist noch nicht abgeschlossen, wir befinden uns gerade in der Forschungsphase. Einzigartig an diesem Projekt ist, dass wir mit unseren Partner*innen von Grund auf neue, klimaneutrale Lieferketten aufbauen. Also gehen wir es direkt an, anstatt rückwärts zu arbeiten und Quellen zu verfolgen.
Fließen die Ideen aus der Entwicklung auch in die aktuellen Produkte ein?
Das "Polestar 0 Projekt" steht im Mittelpunkt der F&E-Bemühungen von Polestar. Die Lösungen könnten bis 2030 in anderen Produktionsmodellen getestet werden.
Wo sehen Sie Potenzial für andere Branchen, von Ihren Erkenntnissen zu lernen?
Das Interesse und die positive Resonanz auf das Projekt, seit wir im Februar 2022 den ersten öffentlichen Aufruf zur Zusammenarbeit gestartet haben, zeigt uns, dass wir den richtigen Weg gehen. Menschen und Unternehmen, die unsere Vision teilen und mit uns an diesem Projekt arbeiten, bestätigen uns, dass unsere Ziele gesellschaftlich relevant sind.
Wenn wir uns nur einige der Partner*innen ansehen, zeigt sich, dass die Forschung zu fossilfreien Lösungen, die in Bereichen wie Stahl, Aluminium, Kabel, Biomaterialien, Verpackungen sowie Holz- und Papierkonstruktionen gefunden wurden, einen großen Unterschied machen können, wenn sie in anderen Branchen verwendet werden und damit einen wesentlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten können.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit Polestar.
Kommentare