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Samsung Galaxy S9 im Kurztest: Die Innovation macht Pause

2017 ist Samsung im Wettkampf mit Apple ein kräftiger Treffer gelungen. Das „fast rahmenlose Design“ des Galaxy S8 sorgte dafür, dass nahezu die gesamte Smartphone-Branche dem Beispiel des südkoreanischen Konzerns folgte. Auch Apple zog im Herbst mit dem Jubiläums-Modell iPhone X nach, dessen Display Samsung beisteuerte. So durfte sich Samsung doppelt freuen: Apple und der Rest konnten Samsungs Design nur noch kopieren und man verdiente an jedem verkauften Konkurrenzmodell brav mit.

2018 geht es etwas gemächlicher zu. Wie Apple folgt Samsung mittlerweile einem sogenannten „Tick-Tock-Schema“, bei dem auf ein Modell mit radikalen Änderungen stets eine lediglich leicht verbesserte Version folgt. Dementsprechend genau muss man auch beim Samsung Galaxy S9 hinsehen, das auf den ersten Blick kaum vom Galaxy S8 zu unterscheiden ist. Doch wie so oft liegt der Teufel im Detail. Die futurezone hat das S9 einem Hands-on unterzogen und die wichtigsten Neuerungen ausprobiert.

Sensoren und Kamera versteckt

Obwohl das Design nicht verändert wurde, setzt das S9 auf einige kleine Detailverbesserungen am Gehäuse. So wurde der Rahmen um das gebogene „Immersive Display“ minimal verkleinert. Das fällt allerdings nur im direkten Vergleich mit dem Vorgänger auf. Den Eindruck eines tatsächlich „rahmenlosen“ Smartphones kann auch das S9 nach wie vor nicht restlos erwecken, allerdings kommt es mit einigen Tricks diesem Eindruck etwas näher als das S8.

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So ist das Glas vor dem Bildschirm im ausgeschalteten Zustand deutlich dunkler, sodass der Übergang zwischen Display und Rahmen nur bei genauer Betrachtung erkannt werden kann. Auch die Sensoren wurden hinter dunklerem Glas versteckt, lediglich die Frontkamera ist nach wie vor deutlich erkennbar. Das Handling hat sich im Vergleich zum Vorgänger nicht verbessert, allerdings gab es hier auch kaum Verbesserungsspielraum. Sowohl das Galaxy S9 als auch das S9+ lassen sich angenehm mit einer Hand halten und bedienen. Lediglich beim S9+ muss man in Ausnahmefällen umgreifen oder die zweite Hand zur Hilfe nehmen. Zumindest in den getesteten Samsung-Apps, wie der Kamera, war dies jedoch nicht notwendig, da die Bedienelemente geschickt im für den Daumen erreichbaren Bereich platziert wurden.

"Intelligent Scan" statt Face ID

Ein großer Fehler des Vorgängers wurde glücklicherweise korrigiert: Die Position des Fingerabdrucksensors. Samsung hat es auch beim S9 nicht geschafft, diesen in das Displayglas zu integrieren (Vizio hat bereits ein entsprechendes Modell präsentiert, es ist also bereits möglich). Doch auch die neue Position ist eine deutliche Verbesserung: Statt neben der Kamera befindet sich der Fingerabdrucksensor nun darunter. So dürfte man deutlich seltener versehentlich in die Linse greifen.

Samsung hofft aber ohnedies, dass man künftig häufiger auf „Intelligent Scan“ setzt, eine Kombination aus Gesichts- und Iris-Scan. Im Kurztest konnte diese Funktion leider nicht ausprobiert werden. Die Verarbeitung des Smartphones ist, wie bei den Vorgängern, hervorragend. Das stabile Gehäuse fühlt sich sehr hochwertig an, auch wenn das Material zunächst nicht eindeutig zuordenbar ist. Die glatte Oberfläche ist jedoch überraschend griffig und sorgt dafür, dass das Smartphone auch bei einhändiger Bedienung nicht aus der Hand rutscht.

Ein Fingerabdruckmagnet ist die Oberfläche aber nach wie vor. Die drei präsentierten Farbvarianten sorgten hingegen für gemischte Gefühle: Während das dezente „Coral Blue“ mir und den meisten meiner Kollegen am Besten gefiel, sorgte das knallige „Lilac Purple“ für Verwunderung, insbesondere da Samsung diese Farbvariante verstärkt bewerben will. Die Mischung aus Schweinchenrosa und Gold ist gewöhnungsbedürftig, zieht aber ohne Zweifel alle Blicke auf sich. Wer sich lieber zurückhaltend geben wird, bekommt auch weiterhin „Midnight Black“ geboten.

Beeindruckende Kamera

Das wahre Highlight des Samsung Galaxy S9 ist jedoch die neue Kamera. Bereits der Vorgänger punktete mit einer hervorragenden Kamera, die auch bei schwachen Lichtverhältnissen gute Ergebnisse lieferte und zeitweise sogar Apples iPhone 8 Plus ausstechen kann. Doch mit dem S9 und S9+ geht Samsung einen Schritt weiter: Beide Smartphones verfügen über eine 12-Megapixel-Kamera mit variabler Blende. So kann, wie bei einer echten Digitalkamera, die Blende individuell an die Situation angepasst werden.

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Der Vorteil: Aufnahmen bei Tageslicht können mit einer kleineren Blende (f/2.4) gemacht werden und weisen mehr Tiefenschärfe auf. Bei Nacht profitiert man von der lichtstärkeren großen Blende (f/1.5). Im Vergleich zum Vorgänger kann die Linse nun 28 Prozent mehr Licht einfangen. Ein neuer Bildprozessor soll zudem das Rauschen sichtbar reduzieren. Der überarbeitete Bildprozessor kann nun auch auf eigenen DRAM zurückgreifen. Dieser wird genutzt, um die Bildqualität spürbar zu verbessern. Bei einer Aufnahme werden nun zwölf statt vier Fotos angefertigt und zusammengesetzt. Dadurch soll vor allem das Bildrauschen erheblich reduziert werden. Samsung wollte die Lichtstärke der Linse anhand einer Testkammer demonstrieren, die wahre Performance der Kamera lässt sich aber nur im Alltagstest überprüfen.

Der Super-Slow-Motion-Modus ließ aber bereits sein Potenzial erkennen. Der Nutzer muss lediglich einen Punkt, Objekt oder Person markieren und die Aufnahme starten. Sobald Bewegung erkannt wird, wird eine 0,2 Sekunden lange Sequenz mit 960 statt 30 Bildern pro Sekunde aufgenommen. Die um den Faktor 32 verlangsamten Aufnahmen sind beeindruckend und werden automatisch mit Musik versehen. Beim von Samsung angebotenen Testszenario - einer Konfetti-Kanone - war das Ergebnis aber sehr gut gelungen. 

Enttäuschende AR Emojis

Bei der Wiedergabe des kurzen Videos überzeugten auch die neuen Stereo-Lautsprecher, die auf AKG-Technologie setzen. Dank Dolby Atmos konnte überzeugender und lauter Raumklang geboten werden. Wer das Smartphone gerne zum Filmschauen nutzt, dürfte davon stark profitieren. 

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Die “AR Emojis” konnten hingegen nicht wirklich überzeugen. Das automatisch erzeugte 3D-Modell sah bei niemanden so aus wie das Original. Besonders starke Probleme bereiteten Bärte, die nur teilweise auf die Figur übertragen wurden. Anpassungen kann man, mit Ausnahme der Kleidung und Accessoires, nicht vornehmen. Im Vergleich zu Apples Animojis ist die Erkennung der Mimik nur bedingt gelungen. Vor allem das Hochziehen der Augenbrauen bereitete Probleme und wurde kaum erkannt. Samsung setzt bei der Erkennung der Mimik auf eine reine Software-Lösung, wohingegen Apple dank der für Face ID erforderlichen Infrarot-Kamera deutlich mehr Details erfassen kann. 

Fazit

Samsung gab bereits im Jänner bekannt, dass nächstes Jahr das erste Smartphone mit flexiblem Bildschirm auf den Markt kommen soll. Daher überrascht es nicht, dass das S9 nur eine marginale Verbesserung darstellt. Die Ressourcen werden wohl stattdessen für die Entwicklung des (hoffentlich) innovativeren 2019er-Modell eingesetzt. Das S9 und S9+ sind ab sofort vorbestellbar und ab 16. März im Handel erhältlich. Preise sind noch nicht bekannt, die Geräte sollen aber teurer als die Vorgängermodelle sein.
 

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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