Egret One - Tretroller mit Turbo
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Während Tretroller früher als Kinderspielzeug galten, kann man sich heute auch als Erwachsener im Anzug damit sehen lassen. In öffentlichen Verkehrsmitteln mitgeführt, stellen sie oftmals das Transportmittel der Wahl für die vielbesagte "letzte Meile" dar. Die deutsche Walberg Urban Electrics GmbH kombiniert mit ihrem Produkt Egret One Tretroller und Elektroantrieb. Die futurezone unterzog den Egret One mit Unterstützung des Elektromobil-Händlers Yoom einem Praxistest.
Aussehen und Technik
Der Egret One sieht grundsätzlich wie ein schwarzer Tretroller mit etwas dickerem Trittbrett aus. Die Basis ist 97 Zentimeter lang, die Lenkstange ist zweistufig ausfahrbar und bis zu 117 Zentimeter hoch und 56 Zentimeter breit. Der Vorderreifen ist an einer kleinen Teleskop-Gabel mit türkisen Sprungfedern angebracht. Sowohl Vorder- als auch Hinterreifen sind mit einem schwarzen Schutzblech abgedeckt.
Unter dem Trittbrett liegt eine 36 Volt Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Im Hinterrad sitzt ein 250 Watt Radnaben-Elektromotor. Links unter der Trittfläche verbirgt sich ein Seitenständer. Im oberen Teil der Lenkerstange tritt ein Kabelbaum aus und führt zu einer Handbremse vor dem linken Griff und einem Anzeigemodul mit Gashebel vor dem rechten Griff.
Gasgeben mit Pistolenabzug
Das runde Display des Anzeigemoduls ist blau hintergrundbeleuchtet und zeigt Geschwindigkeit, Ladestand und gefahrene Kilometer an. Rechts daneben befindet sich ein Mode-Knopf, mit dem zwischen Gesamt- und Tageskilometerstand gewechselt werden kann, sowie ein Ein/Aus-Knopf. Der Gashebel sieht wie ein Pistolenabzug aus. Er ist für die Bedienung mit dem rechten Zeigefinger ausgelegt.
Die Griffe der Lenkerstange lassen sich einklappen, wenn man beiderseits federgelagerte Metallringe zur Seite zieht. Die gesamte Lenkerstange lässt sich gegen die Trittfläche klappen, indem man zwei Hebel an der Lenkerstangenbasis umlegt. Liegt der Lenker waagrecht über der Trittfläche, rastet er in dieser Position ein und dient als Tragegriff.
Bis zu 35 km/h
Das gesamte Gerät ist 15 Kilogramm schwer. Eine Batterieladung reicht laut Herstellerangaben für bis zu 23 Kilometer. Die Batterie sollte 800 Ladezyklen durchhalten und am Ende maximal 25 Prozent Leistungsverlust aufweisen. Die Maximalgeschwindigkeit beträgt je nach händlerseitiger Voreinstellung entweder 12, 20 oder 35 km/h. Geladen wird der Egret One mittels einem mitgelieferten Ladegerät. Der Anschluss befindet sich unter einer Gummikappe vor dem Seitenständer.
Praxiserfahrungen
Um mit dem Egret One zu fahren, drückt man den Ein/Aus-Knopf, steigt mit einem Fuß auf das Trittbrett und stößt sich mit dem anderen Bein ab. Währenddessen zieht man den Gashebel und ab geht die Post. Das erstmalige Anschieben ist notwendig für die Einstufung des Motors als Hilfsantrieb. Einmal in Fahrt, wird die Geschwindigkeit mit dem Gashebel reguliert.
In der Ebene beschleunigt der Egret One rasch auf seine Maximalgeschwindigkeit. Der Motor erweist sich als ziemlich kräftig. Auch wenn die maximale Zuladung mit 120 Kilogramm angegeben wird - der Motor schafft mehr. Im Testbetrieb beförderte der Elektro-Tretroller auch zwei Personen problemlos. Zwecks Komfort ist im Normalfall aber nur der Ein-Personen-Transport empfehlenswert. Boden-Unebenheiten werden durch die kleinen Reifen recht ungedämpft an den Fahrer weitergegeben.
Flitzt man über mehrere Kilometer mit Maximalgeschwindigkeit dahin, merkt man, dass sich der Akkuladestand rasch reduziert. Dass sich der Motor anstrengt, merkt man auch auf Steigungen. Die Geschwindigkeit ist hier auch bei voll gezogenem Gashebel an die jeweilige Belastung angepasst. Während des Fahrens heult der Motor hörbar, aber nicht störend. Auch den Bremsvorgang erkennt man akustisch.
Beidhändiges Manövrieren in Öffis
Will man den Egret One in öffentlichen Verkehrsmitteln mitnehmen, sollte man besser beide Hände frei haben. Mit einem Kaffeebecher in der einen und dem Elektro-Tretroller in der anderen Hand macht man sich das Leben eher schwer. Den Egret One neben sich herzuschieben, ist nicht schwer. Auch in eine U-Bahn oder Niederflur-Straßenbahn hineinzukommen, stellt kein Problem dar. Nur wieder herauszukommen könnte etwas umständlicher sein.
Wer in der dichten Menschenmenge etwa sein knapp ein Meter langes und 15 Kilogramm schweres Gefährt umdrehen möchte, kommt an einigen Entschuldigungen bei seinen Mitmenschen nicht vorbei. Im Wageninneren platziert man sich besser direkt an Trenn- oder Außenwänden, um nicht ständig bösen Blicken ausgesetzt zu sein. Steigt man in alte S-Bahnen oder Tram-Garnituren ein, stellt sich die Frage: Am Lenker hochheben oder zuerst zusammenklappen? 15 Kilo sind in keinem Fall leicht.
Sobald man das Gefährt beidhändig manövrieren kann und ein wenig Übung im Umgang hat, kommt man allerdings ganz gut zurecht. In der U-Bahn wird der Roller dann mit dem Ständer und dem Lenker genau an einer der Trennwände beim Eingang eingekeilt und er bewegt sich während der Fahrt kein Stück. Bei Besorgungsfahrten in der näheren Umgebung des Zuhauses erweist sich der Roller als guter Begleiter. In Geschäfte und Lokale wird er einfach mitgenommen. Anketten funktioniert nicht.
Gleichstand gegen motorloses Modell
Ein praktischer Handling-Vergleich ergab sich beim Testen während eines S-Bahn-Ausfluges. Im Waggon befand sich eine Dame mit einem herkömmlichen Tretroller, der sich vor dem Anhalten des Zuges genauso wie der Egret One in zusammengeklapptem Zustand befand. Einmal auf den Bahnsteig getreten, wurden beide Roller zeitgleich in ihre fahrbereite Form versetzt. Der normale Tretroller war schneller reaktiviert. Die Fahrerin konnte einen Vorsprung herausholen.
Auf der Rolltreppe zeigte sich das Gewichts-Handicap des Egret One. Während der normale Roller mit einer Hand angehoben und so transportiert wurde, musste der Egret One auf das Hinterrad gestellt werden, während der Vorderrad mit beiden Händen am Lenker in der Luft gehalten wurde. In einem langen Gang holte der herkömmliche Roller einen Vorsprung heraus, der Egret One ging mit Rückstand ins Rennen, erreichte dann aber eine höhere Geschwindigkeit. Die Ziellinie in Form des nächsten Stations-Abgangs erreichten beide Fahrzeuge gleichzeitig.
Wasserfest
Mit Wasser kommt der Egret One gut zurecht. Im Regen damit herumzufahren, funktioniert problemlos. Auch das Durchfahren und beinahe sogar das Durchtauchen von Wasserlacken ist mit dem Elektro-Tretroller möglich. Auf glattem, nassen Untergrund, etwa auf Fliesen, kann man mit dem Egret One sogar Driften. Die Gefahr, dabei das Gleichgewicht zu verlieren, ist allerdings hoch.
Eine recht verschwommene Angelegenheit stellt die Frage dar, wo man mit dem Egret One überhaupt fahren darf. Im Testbetrieb wurde er auf Gehsteigen, Radwegen, wenig befahrenen Straßen, Fußgänger- und Begegnungszonen eingesetzt - jeweils ohne auf ernsthafte Konfrontationen zu stoßen. Legal dürfte der Roller eigentlich nur dort eingesetzt werden, wo die Straßenverkehrsordnung nicht gilt. Der deutsche Hersteller erwartet eine europaweite Zulassung für den Straßenverkehr im Jahr 2016. Bis dahin vermeidet man lieber die Verwicklung in Unfälle.
Fazit
Der Egret One ist ein robustes, unkompliziertes Elektrofahrzeug, das äußerst einfach zu bedienen ist und beim Fahren mit Geschwindigkeit und Wendigkeit überzeugt. Das Gerät ist etwas größer als normale Tretroller und sieht mit seinem schwarz-türkisen Look erwachsener aus. Die Reichweite von etwa 20 Kilometer reicht im Alltag absolut aus. Bei längeren Ausflügen empfehlen sich andere Elektro-Fahrzeuge mit größeren Reifen und besserer Dämpfung, etwa ein E-Mountainbike oder ein Segway.
Laut dem Hersteller bietet der Egret One "E-Mobilität im Rucksackformat". In der Praxis ist der Roller mit seinen 15 Kilogramm und seinen Ausmaßen doch deutlich sperriger als das im Alltag ansonsten mitgeführte Gepäck - es sei denn man ist Student, Schüler oder aus einem anderen Grund schwer mit Büchern beladen. Bei Besorgungsfahrten kann einem der Roller allerdings auch Last abnehmen: Die Einkaufstasche wird etwa an den Lenker gehängt. Durch den Seitenständer wird der Roller auch im Geschäft zur ständig verfügbaren Ablage.
Im Großen und Ganzen ist der Egret One ein empfehlenswertes Gerät, wenn man schnelles Vorankommen ohne viel Kraftaufwand schätzt und sich nicht vor den Anschaffungskosten scheut. 1.049 Euro sind für ein Elektrofahrzeug aber ein vergleichsweise moderater Preis.
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