Setzt auf Vielnutzer: Vivaldi
Setzt auf Vielnutzer: Vivaldi
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Interview

Vivaldi: "Es gab keinen Browser, den wir nutzen wollten"

Während andere Browser auf Minimalismus und Reduktion setzen, setzt Vivaldi auf Opulenz. Klotzen nicht kleckern ist die Devise des von den ehemaligen Opera-Machern Jon von Tetzchner und Tatsuki Tomita gegründeten Browser-Herstellers. "Wir wollen einen Browser für Power-Nutzer machen", sagt Tomita im Gespräch mit der futurezone.

Der auf Chromium basierende Browser wartet mit üppigen Funktionen auf. Die Schnellwahl von Webseiten ist ebenso möglich, wie das Gruppieren von Tabs und das Speichern von Browser-Sessions. Der Browser verfügt über einen privaten Modus. Webseiten lassen sich mit Notizen versehen und gemeinsam mit Screenshots speichern. Seit kurzem können über Vivaldi auch Philips Hue-Lampen angesteuert werden. Auf diese Weise kann etwa die Stimmung und Farbe des Lichts an die Browser-Inhalte angepasst werden.

Die futurezone hat Vivaldi-Mitgründer Tomita Anfang Dezember am Rande des Slush-Festivals in Helsinki getroffen und mit ihm über den Browser, der seit seinem Start im Mai bislang bereits mehr als 45 Millionen Mal heruntergeladen wurde und mittlerweile in der Version 1.6 vorliegt, gesprochen.

futurezone: Warum braucht die Welt einen weiteren Browser?
Tatsuki Tomita:
Wir haben Vivaldi ins Leben gerufen, weil es keinen Browser gab, den wir selbst nutzen wollten. Alle Browser - Chrome, Firefox, Safari und Microsofts Edge - gehen in dieselbe Richtung. Sie setzen auf Reduktion und Minimalismus. Wir wollen einen Browser für Power-Nutzer machen, der ihnen alle Möglichkeiten für eine umfassende Weberfahrung in die Hand gibt.

Der Trend geht in Richtung mobile Webnutzung. Warum setzen Sie auf den Desktop?
Es stimmt, dass die mobile Nutzung zunimmt, die Desktop-Nutzung ist aber nicht zurückgegangen, sie stagniert allenfalls. Nutzer verbringen immer noch viel Zeit vor ihren PCs. Es heißt aber überall "mobile first", bei Desktop-Browsern gibt es kaum Innovationen, das wollten wir ändern. Wir ignorieren die mobile Nutzung auch nicht. Ein mobiler Browser ist in Arbeit.

Wie sieht es mit dem Schutz der Privatsphäre Ihrer Nutzer aus?
Wenn Sie Chrome nutzen, landet alles was Sie in Ihren Browser eingeben bei Google. Wir haben fast alle Verbindungen zu Google gekappt. Wir nehmen die Privatsphäre unserer Nutzer sehr ernst, wir geben aber nicht vor, dass wir der Datenschutzbrowser sind. Diese Nische haben bereits andere besetzt.

Wie stehen Sie zum Ad-Blocking?
Wir haben uns entschieden, standardmäßig keinen Ad-Blocker einzubauen, weil Online-Werbung für viele Webseiten eine wichtige Einnahmequelle darstellt. Wir unterstützen Chrome-Add-ons, die können einfach aus dem Chrome Webstore heruntergeladen werden.

Vivaldi bietet auch Funktionen wie Webnotes. Wie wird das angenommen?
Für uns geht es nicht nur darum, wie schnell Webseiten geladen werden, sondern um die gesamte Weberfahrung. Wenn Sie im Netz recherchieren, wollen Sie die gefundenen Sachen auch festhalten, Notizen anfügen oder Screenshots machen. Manche Leute speichern das in der Cloud, andere ziehen eine lokale Speicherung vor. Wir haben diese Funktionen integriert.

Wie verdienen Sie Geld?
Wir arbeiten bei der Suche mit Partnerunternehmen zusammen. Konkret sind das Microsoft, Yahoo und auch DuckDuckGo.

Sie waren genauso wie ihr Mitgründer Jon von Tetzchner für Opera tätig. Was ist mit Opera falsch gelaufen?
Opera hat seine Richtung geändert. Sie setzen jetzt in erster Linie auf einen mobilen Browser. Mit der ursprünglichen Vision von Opera, Produktivitätswerkzeuge für das Web zu schaffen, hat das nichts mehr zu tun. Wir haben uns entschlossen, diese Lücke zu füllen. Wir sehen auch viele Leute, die von Opera zu Vivaldi wechseln.

Wie wird es mit Vivaldi weitergehen?
Wir haben vor kurzem Philips Hue in den Browser integriert. Man kann die Lichtstärke und -stimmung nun über den Browser steuern. Entlang dieser Linien denken wir auch weiter. So könnte sich etwa künftig die Lichtstimmung ändern, wenn sie eine Nachricht über Facebook oder eine E-Mail bekommen. Wir arbeiten, wie schon erwähnt an einer mobilen Version und an der Verbesserung bestehender Funktionalitäten. Auch Mail-Client und Synchronisierungsfunktionen sind geplant.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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