© APA/dpa/Rainer Jensen

Alt statt Neu

Warum man Smartphones gebraucht kaufen sollte

2016 ist ein entscheidendes Jahr für den Smartphone-Markt. Nach dem Boom der vergangenen zehn Jahre kommt die Branche langsam aber sicher zum Stillstand. Die Verkaufszahlen sind weiterhin enorm - allein dieses Jahr sollen laut Gartner 1,5 Milliarden Smartphones verkauft werden - doch das Wachstum lässt deutlich nach. Während 2015 noch 14,4 Prozent mehr Smartphones verkauft wurden als im Vorjahr, soll diese Zahl 2016 nur noch um sieben Prozent ansteigen. Schuld daran ist nicht etwa sinkendes Interesse an Smartphones, sondern eine zunehmende Sättigung des Marktes.

Kein Wunder: Technologische Quantensprünge blieben aus, der Vorteil durch neue Smartphone-Generationen fällt gering aus. Da stellen sich viele Konsumenten zurecht die Frage: Wozu stets das neueste Smartphone kaufen,wenn das alte Gerät seine Arbeit genauso gut verrichtet?Doch auch beim Neukauf wird zunehmend zu alten Modellen gegriffen, die bei kleinem Preis eine gute Leistung liefern können. Der Handel mit gebrauchten Smartphones ist 2016 geradezu explodiert: Während im Vorjahr noch rund 80 Millionen gebrauchte Smartphones den Besitzer wechselten, sind es 2016 bereits 120 Millionen.Deloitte schätzt, dass dabei rund 17 Milliarden US-Dollar umgesetzt wurden.IDC rechnet damit,dass 2020 bereits mehr als 222 Millionen gebrauchte Smartphones verkauft werden sollen.

Ein Trend, den auch Smartphone-Marktführer Apple und Samsung nicht ignorieren können - auch weil es ihre Umsätze schmälert. Beide bieten mittlerweile generalüberholte Geräte zu reduzierten Preisen an. Und auch auf heimischen Marktplattformen wie Shpock oder Willhaben blüht das Geschäft - allein auf Willhaben werden derzeit rund 25.000 Smartphones angeboten, rund die Hälfte davon gebraucht. Doch welche Tücken und Risiken birgt der Kauf von gebrauchten Smartphones und wie kommt man möglichst verlässlich und günstig an ein neues Gerät? Die futurezone fasst die besten Tipps und Tricks zusammen.

Österreich ist in zwei Lager geteilt: Apple und Samsung. Obwohl Hersteller wie Huawei aufholen, dominieren die beiden Konzerne den heimischen Smartphone-Markt. Laut Willhaben entfallen 16.000 der aktuell 25.000 Smartphone-Anzeigen auf Samsung- und Apple-Geräte. Wöchentlich erhält man laut Willhaben 220.000 Suchanfragen für ein iPhone oder Samsung-Smartphone. Und auch bei Shpock sieht die Situation ähnlich aus: In den Top 10 der am häufigsten angebotenen Smartphones finden sich je vier Apple- und Samsung-Modelle. Lediglich Huawei hat es mit dem P8 und P9 knapp in das Ranking geschafft. Dementsprechend groß ist auch das Angebot, wenn man auf der Suche nach einem Modell der beiden Hersteller ist. Letzten Endes ist es jedoch von den persönlichen Präferenzen abhängig, welches Modell man auswählt.

Wer ein neues Smartphone kauft, sollte neben den technischen Spezifikationen auch die Software berücksichtigen. Apple liefert als einer der wenigen Hersteller verlässlich Updates über eine längere Zeit aus. Meist werden Geräte zwischen drei und fünf Jahre nach ihrer Veröffentlichung noch mit Updates versorgt. Unter Android hängt es stark vom Hersteller und der Preisklasse ab: Während Googles Nexus- und Pixel-Smartphones zumindest zwei Jahre lang stets mit der aktuellsten Android-Version versorgt werden, muss man bei allen anderen Herstellern deutlich länger warten - oftmals vergeblich. Daher sollte vor dem Kauf zumindest online geprüft werden, ob man noch mit Updates rechnen kann. Einzige Alternative: Das Smartphone rooten und eine Custom-ROM, beispielsweise CyanogenMod, darauf installieren. Die beste Anlaufstelle hierfür istdie Plattform XDA-Developers.

Zudem sollte darauf geachtet werden, ob das Smartphone über einen SIM-Lock verfügt. Dieser sperrt das Gerät auf das Netz eines bestimmten Mobilfunkers, sodass SIM-Karten für andere Anbieter nicht funktionieren. Das Entsperren ist zwar möglich, ist aber meist kostenpflichtig.

Wer online auf die Suche nach gebrauchten Smartphones ist, landet meist auf den Marktplattformen Willhaben und Shpock. Diese haben nach derzeitigem Stand auch das größte Angebot, treten aber nur als Vermittler auf. Wie der Verkauf abgewickelt wird, bleibt dem Verkäufer überlassen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich an eine Ankaufplattform wie Clevertronic, AsGoodAsNew oder Zoxs wenden. Diese kaufen gegen einen bestimmten Betrag Smartphones von privaten Nutzern an, unterziehen die Geräte einer Generalüberholung und bieten sie dann zum Fixpreis an. Die Geräte sind etwas teurer als auf dem Gebrauchtmarkt, dafür bekommt man aber meist eine umfangreiche Garantie und hat einen etwas verlässlicheren Ansprechpartner.

Die genannten Plattformen schnittenbei Stiftung Warentestbesonders gut ab, für den Ankauf wird insbesondere Clevertronic empfohlen. Alternativ lohnt auch der Blick auf eBay oder Amazon, über die ebenfalls gebrauchte Geräte verkauft werden. Hier sollte man sich jedoch die Verkäufer näher ansehen, um nicht Opfer von Online-Betrügern zu werden.

Schnäppchen oder hoffnungslos überteuert: Während man beim Neukauf dank Plattformen wie Geizhals recht leicht Preise vergleichen kann, gehört auf dem Gebrauchtmarkt eine gehörige Portion Glück dazu. Die Preise variieren stark und hängen vor allem vom Zustand des Smartphones ab. Eine “Schwacke-Liste” mit Richtwerten, wie sie vom Automarkt bekannt ist, gibt es nicht. Einige Anbieter, beispielsweise eBay oder Shpock, veröffentlichen zwar regelmäßig Durchschnittswerte, diese hängen aber stark vom Zeitpunkt und Region ab. Laut Shpock werden Smartphones vor allem im Februar, März, September und Oktober günstig angeboten - auch weil in dieser Zeit stets die neuesten Modelle von Apple und Samsung auf den Markt kommen.

Das Ost-West-Gefälle zeigt sich auch auf dem Gebrauchtmarkt: In Niederösterreich, Wien und der Steiermark werden gebrauchte iPhones am Günstigsten angeboten, in Tirol liegt der Preis hingegen neun Prozent über dem Österreich-Durchschnitt. Letzten Endes ist die beste Methode die selbstständige Recherche: Wie viel kostet das Gerät neu und wie viel verlangen andere Verkäufer für ähnliche Produkte? Anhand dieser Anhaltspunkte kann die persönliche Verhandlungsbasis für den Kauf abgesteckt werden. Grundsätzlich sind die Österreicher aber bereit, etwas mehr auszugeben: Auf AsGoodAsNew liegt der durchschnittliche Verkaufspreis bei 400 Euro.

Insbesondere bei Privatpersonen sollte man nicht versehentlich die Katze im Sack kaufen. Das Gerät sollte vor dem Verkauf stets auf seine Funktion geprüft werden. Das heißt: Einschalten und möglichst lange produktiv mit dem Smartphone arbeiten. Sei es nun Fotos und Videos mit der Kamera machen, häufig verwendete Apps und Games starten oder das Smartphone im Freien verwenden - macht all das, was ihr mit eurem privaten Gerät auch tun würdet. Zudem sollte die Funktionalität der Hardware überprüft werden. Apps wie Sensor Box und Elixir 2 verraten, ob grundlegend wichtige Sensoren wie der Näherungs- oder Beschleunigungssensor noch funktionieren.

Unter anderem dürfte wohl der Akku zu wenig Platz im Gehäuse gehabt haben Foto: iFixit, BY-NC-SA 3.0
Ein Stabilitätstest, beispielsweise jener vonAnTuTuoderStabilityTest, verrät zudem, ob es Probleme mit der Hitzeentwicklung gibt und das System stabil läuft. Probleme mit dem Akku lassen sich nur schwer identifizieren, die Zahl der Ladezyklen lässt sich über den Gerätecode *#*#4636#*#* oder Apps wieCharge Cycle Battery StatsoderBattery anzeigen. Bereits nach rund 250 Ladezyklen kann manvon rund zehn bis 15 Prozent weniger Akkuleistung ausgehen.In Zeiten von “explodierenden Akkus” ebenfalls wichtig: Man sollte darauf achten, ob sich der Akku womöglich ausgedehnt hat, da das auf einen Defekt hinweisen könnte. Die “Beule” lässt sich meist mit dem freien Auge oder beim Halten erkennen.

Wenn das Smartphone zurückgesetzt wird, sollte zudem darauf geachtet werden, dass kein anderes Konto mehr mit dem Gerät verknüpft ist. Android erfordert beispielsweise als Sicherheitsmaßnahme, dass das zuletzt mit dem Gerät verknüpfte Konto beim Einrichten eines neuen Kontos die Übergabe bestätigen muss. Mechanische Tasten, wie Home- oder Power-Taste oder die Lautstärkewippe, erleiden ebenfalls oft Defekte.

Viele Konsumenten sind skeptisch gegenüber Gebrauchtgeräten, da sie sich gerne auf den Support und die Gewährleistung der Hersteller verlassen. Doch was die wenigsten wissen: Rechtlich gesehen macht es kaum Unterschied, ob das Gerät gebraucht oder neu ist. Die gesetzliche Gewährleistungspflicht bei beweglichen Sachen beträgt in Österreich grundsätzlich zwei Jahre, kann aber bei Privatverkäufen ausgeschlossen werden. “Das muss man jedoch ausdrücklich beim Kauf vereinbaren”, wie Maria Ecker, Leiterin der Beratung beim Verein für Konsumenteninformation (VKI), gegenüber der futurezone erklärt. Zudem können Unternehmen beim Verkauf von Gebrauchtgeräten die Gewährleistung auf ein Jahr beschränken - der Kunde muss dem aber ausdrücklich zustimmen.

“Wie bei neuen Sachen müssen auch verkaufte Gebrauchtgegenstände jenen Zustand haben, der vertraglich vereinbart wurde.” Verschweigt der Verkäufer einen groben Mangel, können die Ansprüche auch nach Ablauf der Gewährleistung geltend gemacht werden. Doch derartige “versteckte Mängel” sind nur schwer nachzuweisen und meist kann man das Gerät nicht gleichwertig ersetzen. Die Alternativen: Reparatur, Preisminderung oder gar die Erstattung des Kaufpreises. Die Konsumentenschützer raten daher, das Gerät gründlich vor dem Kauf zu prüfen und den Zustand schriftlich festzuhalten.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

mehr lesen
Michael Leitner

Kommentare