Windows Phone ist zuletzt auf einen mageren Marktanteil von 1,1 Prozent gefallen
Windows Phone ist zuletzt auf einen mageren Marktanteil von 1,1 Prozent gefallen
© Michael Leitner

Windows 10 Mobile im Test: Ein letzter Neustart

Windows 10 Mobile im Test: Ein letzter Neustart

Windows Phone ist tot, lang lebe Windows Mobile? Weit gefehlt. Mit Microsofts "Ur-Betriebssystem" für Smartphones hat Windows 10 Mobile wenig zu tun. Stattdessen besinnt man sich in Redmond auf die Stärken des Vorgängers, trägt dabei aber den Namen Windows Phone zu Grabe. Bunte Kacheln, eine sympathische Smartphone-Assistentin und reichlich Potenzial - all das kennt man schon von Windows Phone, gegen Android und iOS konnte man sich aber nie durchsetzen. Mit Windows 10 Mobile soll alles besser werden, heißt es bei Microsoft. "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", möchte man fest entgegnen.

Doch dieses Mal scheint es mehr als nur Marketing-Sprech zu sein. Microsoft versucht, seine bislang größten Probleme zu lösen: Die geringe App-Vielfalt und der akute Entwickler-Mangel. Zudem soll Continuum locken, mit dem das Smartphone in einen "Windows-PC für die Hosentasche" verwandelt werden kann. Doch zugleich kommen auch viele kleine Bugs dazu, die den Alltag erschweren. Reicht es dennoch, um im Jahr 2016 ein drittes Smartphone-Betriebssystem neben Android und iOS zu etablieren? Die futurezone hat das neue Betriebssystem und seine Features unter die Lupe genommen.

Es ist interessant, dass Microsoft den Namen Windows 10 Mobile für die neueste Version seines Mobil-Betriebssystems gewählt hat, denn eigentlich gibt es keinen unpassenderen Namen für dieses System. Der Name weckt Erinnerungen an das auf Windows CE basierende Windows Mobile, doch mittlerweile hat man fast alle Überreste des 15 Jahre alten Betriebssystems beseitigt. Während Windows Phone 7 Nutzern die vor allem aus Windows 8 bekannte Kachel-Optik bescherte, markierte Windows Phone 8 den Wechsel auf den NT-Kernel. Seitdem rücken Desktop-Windows und Windows Phone Update um Update näher zusammen, wohingegen man sich immer weiter von den Ursprüngen der Embedded Systems entfernt.

Optisch lässt sich das nicht erkennen. Bis auf einige Kleinigkeiten, die lediglich Nutzern der Vorgängerversion auffallen dürften, bleibt die altbekannte Optik erhalten. Auf dem Start-Bildschirm lassen sich weiterhin Kacheln platzieren, die geordnete App-Liste kann mit einem Wisch nach links eingeblendet werden. Feine Details: Das Raster für die Kacheln wurde auf acht mal 13 Kästchen vergrößert (zuvor sechs mal neun Kästchen), wohl auch wegen der hochauflösenden Displays im Lumia 950 und Lumia 950 XL. Zudem können die Kästchen (solange es sich nicht um animierte Live Tiles handelt) nun auch transparent angezeigt werden.

Schnell, aber selten

So wird der Blick auf das eingestellte Hintergrundbild frei. Das ist ebenfalls eine Neuerung gegenüber Windows Phone 8.1, das im Hintergrund stets einen schwarzen oder weißen Hintergrund hatte. Der Vorgänger erlaubte lediglich das Einstellen eines Hintergrundbildes für die Kacheln. Wie bereits in der Preview für Windows 10 Mobile ausführlich beschrieben wurde, gibt das Betriebssystem nun deutlich mehr Spielraum bei der Personalisierung: der Transparenzgrad kann frei bestimmt werden, es gibt mehr Kachelformate und das Raster kann angepasst werden. So können Windows-10-Mobile-Nutzer mit etwas Kreativität einen personalisierten Start-Bildschirm basteln.

Ebenfalls sinnvoll: Neu installierte Apps werden nun am Beginn der App-Liste angezeigt. Die Liste kann manuell geleert werden. Zudem bleibt die Suchleiste, mit der rasch installierte Apps durchsucht werden können, an der Oberseite fixiert. Bei den Benachrichtigungen bleibt alles beim Alten. Einige Apps, beispielsweise die SMS-App, unterstützen nun aber auch Quick Reply. Dazu muss die Benachrichtigung leicht nach unten gezogen werden, dann öffnet sich eine kleine Eingabezeile und die Tastatur. Leider ließen sich bislang keine anderen Apps entdecken, die diese Funktion aktiv nutzen – selbst die meisten Microsoft-Apps zeigen Benachrichtigungen im alten Format an.

Mit Skype gegen iMessage

Besonders negativ fällt das bei Skype auf, das eigentlich tief in Windows 10 Mobile integriert wurde. Der VoIP-Dienst soll sich mit dem neuen Betriebssystem zur iMessage-Alternative mausern. Dazu wurde Skype auch in die Nachrichten-App integriert. Der Benutzer kann nun beim Tippen einer Nachricht auswählen, ob er diese als SMS oder per Skype verschicken möchte - sofern für den ausgewählten Empfänger ein Skype-Kontakt hinterlegt wurde. Doch während man bei SMS direkt aus den Benachrichtigungen heraus antworten kann, verweisen Skype-Nachrichten lediglich auf die App. Derartige Ungereimtheiten treten des Öfteren in Windows 10 Mobile auf und lassen Zweifel daran aufkommen, ob das Betriebssystem tatsächlich "fertig" ist.

In die Kategorie "nette Idee, aber fehl am Platz" können auch die neuen runden Profilbilder verfrachtet werden. Wie bei Windows 10 werden die Profilbilder von Kontakten nun rund angezeigt. Das sieht in der Kontakte-App nett aus, im viereckigen Live Tile hingegen nicht. Während unter Windows Phone 8(.1) aus den viereckigen Profilbildern ein hübsches animiertes Mosaik gebastelt wurde, werden unter Windows 10 Mobile die runden Profilbilder wie Perlen an einer Kette entlang gezogen. Auch die Tatsache, dass das Design von Windows 10 Mobile – abgesehen von den Profilfotos – von viereckigen Elementen dominiert wird, lässt diese deplatziert erscheinen.

Von Bugs abgesehen, die hin und wieder den Alltag stören, fühlt sich Windows 10 Mobile spürbar schneller als seine Vorgänger an. Das liegt zum Teil an weniger verspielten Animationen, aber auch am überarbeiteten Multitasking. So werden einige Apps nicht mehr automatisch beendet, wenn man in eine andere App wechselt. Das beschleunigt das Wechseln zwischen Apps deutlich. Der Task-Manager ist nahezu unverändert, auf großen Bildschirmen werden die geöffneten Apps nun in zwei Zeilen angezeigt. Auch hier findet sich ein kleiner Bug: Wechselt man aus einer App im Querformat in den Task-Manager, bleibt dieser in diesem Format stecken. In das Hochformat kann erst wieder gewechselt werden, wenn eine neue App geöffnet wird.

Der Task-Manager zeigt zudem die App-Liste zweizeilig an

Verbesserungen für die einhändige Bedienung sucht man vergeblich. Langes Drücken der Windows-Taste zieht, wie auch unter iOS, die obere Bildschirmhälfte nach unten, sodass diese auch ohne Umgreifen erreicht werden kann. Die Tastatur hat nun einen kleinen Trackpoint, mit dem der Cursor im Text bewegt werden kann. So kann man schneller an eine bestimmte Position im Text gelangen. Zudem wurde die Textvorhersage spürbar verbessert. Auch auf einem neu eingerichteten Gerät lernte die Tastatur recht schnell dazu und konnte geradezu beängstigend gut die gewischten Wörter vorhersagen.

Dank einiger Office-Apps ist Windows 10 Mobile bereits gut für den alltäglichen Einsatz gerüstet. Die neuen Outlook-Apps verrichten ihre Arbeit beispielsweise sehr gut. Sowohl der Kalender als auch die Mail-App sind nahtlos in das Betriebssystem integriert, übernehmen problemlos Daten von Facebook-, Twitter- und Google-Konten und wurden als Universal Windows Apps von Grund auf neu entwickelt. Damit sind sie bei den Funktionen den Desktop-Apps nahezu ebenbürtig. Auch die Office-Apps sind nun als Universal Windows Apps konzipiert, allerdings ist für die Nutzung ein Office-365-Abo erforderlich.

Einigen anderen Apps wurde wiederum ein neuer Anstrich verpasst. So wurde das mittlerweile an LINE verkaufte MixRadio entfernt und Xbox Music in Groove Music umbenannt. Außer dem Namen hat sich aber wenig verändert, der Spotify-Konkurrent bietet die gleichen Funktionen wie zuvor und ist weiterhin kostenpflichtig. Auch der Kartendienst Here Maps, der mittlerweile an ein Konsortium deutscher Auto-Hersteller verkauft wurde, wird nicht mehr mitgeliefert – zumindest hat das zunächst den Anschein. Die App ist weiterhin im Windows Store zu finden. Die Funktion von Here Maps hat die App "Karten" übernommen, die kurioserweise aber auf das Kartenamterial von Here setzt und viele Funktionen, beispielsweise die Navigation, übernommen hat. Auch das Herunterladen von Karten für die Offline-Nutzung ist möglich.

Edge statt Internet Explorer

Auf Apps wie "Podcasts" oder "Brieftasche" wurde hingegen vergessen, sie sehen genauso mau aus wie eh und je. Mit Windows 10 Mobile hält auch die Mobilversion des neuen Browsers Edge Einzug – den Internet Explorer sucht man vergeblich. Doch optisch könnte man Edge genauso gut mit dem Internet Explorer verwechseln. Der einzige offensichtliche Unterschied ist, dass die URL-Leiste unten statt oben zu finden ist. Auch in puncto Funktionen ähnelt man recht stark dem Vorgänger. Neu hinzugekommen ist lediglich eine Leseliste, bei der, ähnlich wie beim Bookmarking-Dienst Pocket, interessante Webseiten für später abgespeichert werden können.

Wie auch Windows 10 Mobile befindet sich Edge noch in einer sehr frühen Phase. Wer sich ein kräftiges Performance-Plus erhofft, wird vorerst enttäuscht. In Benchmarks erreichte der Browser trotz der überarbeiteten JavaScript-Engine Chakra und der neuen Layout-Engine EdgeHTML ähnliche Werte wie der Internet Explorer. Auch im Alltag machten sich kaum Unterschiede bemerkbar, auch wenn deutlich weniger Fehler auftraten als beim Internet Explorer (der bei der Entwicklung vieler mobiler Webseiten gerne ignoriert wird). Microsoft hat einen soliden Grundstein gelegt, vorerst aber auch nicht mehr.

Das wohl größte Problem von Windows Phone war der akute Mangel an Apps. Microsoft versuchte immer wieder Entwickler mit verschiedenen Anreizen zu locken, doch der geringe Marktanteil der Plattform schreckte viele ab. Mit Windows 10 Mobile soll alles anders werden – wieder einmal. Dieses Mal setzt Microsoft auf das Konzept der Universal Windows Apps. Einfach ausgedrückt: Wer eine App für Windows 10 entwickelt, kann diese recht einfach auch auf Windows 10 Mobile oder der Xbox One anbieten. Dazu muss lediglich das Layout auf die entsprechende Plattform angepasst werden. Das wohl beste Beispiel dafür ist die aktuelle Facebook-App für Windows 10 Mobile, die als Universal Windows App komplett neu entwickelt wurde.

Einen weiteren Hoffnungsschimmer bietet man mit sogenannten Windows Bridges, die das Ausführen von Android-, iOS- und Web-Apps unter Windows 10 Mobile erlauben sollen. Das Konzept ist verlockend: Android- und iOS-Entwickler können relativ simpel ihre Apps auf Windows 10 Mobile portieren und so ein größeres Publikum erschließen. Ob diese Angebote nun genutzt werden, hängt von den Entwicklern ab. Die derzeitige Situation im Windows Store ist eher mau. Microsoft gibt seit der Veröffentlichung von Windows 10 lediglich an, wie viele Apps sich insgesamt im Windows Store(669.000 Apps)befinden – bei wie vielen davon es sich um Smartphone-Apps handelt, verschweigt man jedoch.

Räumt endlich auf!

Nimmt man diese Zahl genauer unter die Lupe, entdeckt man allerdings, dass sich in dieser Masse an Apps auch reichlich zweifelhafte Vertreter finden. Seien es Apps, die fremde Nachrichten-Webseiten als App neu verpacken und mit den Werbeeinnahmen Geld verdienen; gefälschte Apps, die vorgeben, eine beliebte Android- oder iOS-App zu ersetzen, aber keinerlei Funktionalität bieten; oder aber schlicht und ergreifend Apps von schlechter Qualität, die eine simple Funktion (beispielsweise Taschenlampe) erfüllen, und ebenfalls auf Werbung setzen. Es hat fast den Anschein, Microsoft hat im Wettrennen mit Google und Apple vergessen, auf die Qualität zu achten. Das ist allerdings ein Problem, das dem Konzern bereits seit längerer Zeit bekannt ist. Bereits kurze Zeit nach dem Start von Windows Phone 8 fiel die Flut an Fake-Apps auf, der Konzern gelobte Besserung. Ein Versprechen, das offenbar nicht eingehalten wurde.

Microsoft, es wäre wieder mal an der Zeit für einen Frühjahrsputz, denn dieser Store ist der Marke Windows nicht würdig. Der Konzern verspielt es sich hier vor allem mit seiner ohnedies kleinen Nutzerbasis. Einsteiger wie auch erfahrene Nutzer werden durch schlechte Erfahrungen dauerhaft abgeschreckt. App-Entwickler dürften wohl große Hoffnungen in die professionelle Aufmachung des Windows Stores stecken. Tatsächlich bereitet Microsoft seine Apps hier hübscher auf, sodass sich hin und wieder einige unbekannte Vertreter finden lassen. Aktuell finden sich rund 40 derartiger Sammlungen im Store. Auch die App-Seiten sind nun deutlich übersichtlicher gestaltet, da sie an das Layout im Play Store erinnern.

Das Killer-Feature schlechthin: Continuum. In puncto Leistung trifft die Bezeichnung „PC in der Hosentasche“ bereits seit längerer Zeit zu. Doch dieses Potenzial wurde bislang nie ausgereizt. Die meisten Smartphones mussten ihr Dasein auf kleinen Bildschirmen fristen, eine echte Desktop-Oberfläche blieb ihnen verwehrt. Mit Windows 10 Mobile will Microsoft diesem Umstand ein Ende bereiten. Das überarbeitete mobile Betriebssystem teilt sich nicht nur den Namen mit dem großen Desktop-Betriebssystem, sondern kann auch als (fast) vollwertiger Windows-PC-Ersatz eingesetzt werden – zumindest theoretisch.

Das Prinzip ist simpel: Der Benutzer verbindet das Windows-Smartphone per optional erhältlicher Docking-Station mit Bildschirm, Tastatur und Maus. Auf dem Bildschirm wird dann eine Desktop-Oberfläche angezeigt, die jener von Windows 10 zum Verwechseln ähnlich sieht. Das war es dann aber auch schon, denn tatsächlich steckt dahinter weiterhin Windows 10 Mobile. Kein Rechtsklick, keine Icons, kein Windows Explorer – die Funktionalität entspricht bei weitem nicht jener eines klassischen Windows-10-PCs. Stattdessen bekommt man Windows 10 Mobile als Desktop präsentiert und kann einen Teil seiner Apps im großen Format nutzen.

Ausführbar, aber nicht kompatibel

Wohlgemerkt einen Teil. Im Zuge des Tests erwies sich die Suche nach kompatiblen Apps wie die Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen. Leider gibt es derzeit keine Filter im Store, mit denen sich mit Continuum-kompatible Apps einfach entdecken lassen. Derzeit gilt das Prinzip: Herunterladen und hoffen, dass es funktioniert. Mit dieser Methode ließen sich knapp 30 kompatible Apps entdecken, der Großteil davon von Microsoft selbst. Grundvoraussetzung ist lediglich, dass es sich um eine sogenannte „Universal Windows Platform“-App handelt, die Optimierung für den großen (oder kleinen) Bildschirm ist den Entwicklern überlassen.

Diese setzen das Konzept derzeit noch eher halbherzig um. „World of Tanks: Blitz“ ließ sich beispielsweise (mit Mühen) ausführen, Maus und Tastatur werden allerdings nicht nativ unterstützt. So ist es lediglich möglich, mit der Maus die für die Touch-Bedienung ausgelegten Gesten auszuführen – das ist unspielbar. Die Auswahl an kompatiblen Spielen ist gering. So werden unter anderem das mäßige Point-and-Click-Spiel „Mirrors of Albion“ sowie Microsofts neuer Solitaire-Ableger unterstützt. Wer sich Shooter, Strategie-Spiele und ähnliches erwartet, wird (vorerst) enttäuscht.

Wenig praktischer Nutzen

Ein positives Beispiel liefert überraschenderweise Facebook ab, dessen App flott und einfach zu bedienen ist. Doch leider fehlt ein wichtiger Teil, der mittlerweile ausgelagert wurde: der Messenger. Klickt der Benutzer auf das Messenger-Icon, bekommt er lediglich einen Warnhinweis präsentiert, dass der Messenger derzeit noch nicht mit Continuum kompatibel ist. Wie üblich, wenn die installierte App nicht unter Continuum geöffnet werden kann, öffnet Windows 10 Mobile diese automatisch auf dem Smartphone. Lästig, aber da viele App-Entwickler noch an Continuum-Apps arbeiten, wohl kaum vermeidbar.

Da ist es zu bevorzugen, wenn die App-Entwickler sich noch etwas Zeit lassen und die Portierung vernünftig umsetzen. Ein Negativ-Beispiel liefert n-tv ab, dessen Continuum-App in puncto Layout der Smartphone-App entspricht. Bislang erweisen sich lediglich die Office-Apps als wirklich sinnvoll nutzbar. Word oder Excel sind auf dem großen Bildschirm spürbar angenehmer zu bedienen. Beim Surfen im Internet gab es überraschend viele Ruckler – ein Umstand, der sich in anderen Apps nie bemerkbar machte. Vor allem YouTube-Videos erwiesen sich als anspruchsvoll. Für eine ruckelfreie Wiedergabe eines Full-HD-Videos durfte keine andere App im Hintergrund laufen.

Kinderkrankheiten

Ebenfalls lästig: Der Bildschirm muss durchgehend aktiv bleiben. Wenn der Smartphone-Bildschirm ausgeschaltet wird, wird es auch am Hauptbildschirm finster. Da der Smartphone-Chip Snapdragon 810 ohnedies ein Heißläufer ist, kann das schnell unangenehm werden. Abhilfe schafft derzeit lediglich eine App eines Dritt-Herstellers, der den Bildschirm abschaltet ohne Continuum zu unterbrechen. Sobald das Smartphone nach längerer Untätigkeit gesperrt wird, werden zudem alle geöffneten Apps geschlossen.

Der Ton wird auf Wunsch auch über HDMI ausgegeben. Probleme gab es jedoch, wenn ein Monitor ohne Lautsprecher angeschlossen wurde. Continuum gab dann den Ton lediglich über den Smartphone-Lautsprecher aus. Am Smartphone angeschlossene Lautsprecher oder Kopfhörer wurden ignoriert. All diese Kleinigkeiten gepaart mit dem akuten App-Mangel machen aus Continuum ein wenig sinnvolles Nischenprodukt.

Wer Windows 10 Mobile verwendet, sei es nun auf den alten oder neuen Lumias, muss sich auf Bugs einstellen. Das mobile Betriebssystem wurde im Eiltempo überarbeitet, eine lange Beta-Phase sollte zumindest die gröbsten Fehler ausbügeln. Ein ehrgeiziges Unterfangen, das nur zum Teil gelang. Das getestete Lumia 950 XL startete beispielsweise immer wieder ohne ersichtlichen Grund neu – die Umstände waren dabei stets anders. Cortana – das offiziell hierzulande noch nicht verfügbar ist - ließ sich nicht starten, da die Spracherkennung bei der Installation des deutschen Sprachpakets stecken blieb. Zudem machte der nur stockend bedienbare Store immer wieder Probleme, Apps und Updates ließen sich zeitweise nicht herunterladen.

Angesichts derartiger Probleme verwundert es kaum, dass Microsoft das finale Upgrade auf Windows 10 Mobile für alte Lumia-Smartphones schon mehrmals verschoben hat. Bislang hat Microsoft angekündigt, dass zumindest neun Lumia-Smartphones ein Update erhalten werden. Dabei handelt es sich vorwiegend um Geräte der letzten Generation – wer ein Lumia 920 besitzt, schaut wohl durch die Finger. Bestätigt wurden bislang Updates für die Lumia-Modelle 930, 830, 735, 640 (XL), 635, 535, 532, sowie 435. Andere Hersteller äußerten sich bislang nicht zu einem möglichen Upgrade – doch die letzten Windows-Phone-8-Flaggschiffe von anderen Herstellern haben ohnedies bereits einige Jahre auf dem Buckel.

Es hätte der große Wurf werden sollen, doch letztendlich reichte es nur für ein Flickwerk mit großen Ambitionen. Die vielen technischen Probleme dürften wohl selbst die eingeschworene Community abschrecken, große Versprechungen für die Zukunft hin oder her. Und auf eben diese Community sollte Microsoft eigentlich aufbauen, um mit Google und Apple Schritt halten zu können. Man scheint sich aber mit der Nische abgefunden zu haben.

Doch es gibt noch eine winzige Chance. Diese ist nicht zuletzt den ambitionierten Plänen rund um Universal Windows Apps sowie den Windows Bridges für iOS und Android zu verdanken. Diese könnten dafür sorgen, dass der Windows Phone Store binnen kurzer Zeit mit neuen interessanten Apps gefüllt wird. Ein großes Plus könnte auch das Update-System hinter Windows 10 Mobile sein. Wie bei Apple beziehen die Kunden Updates direkt von Microsoft - in Zeiten von schwerwiegenden Sicherheitslücken wie dem Stagefright-Bug ein großer Vorteil.

Continuum dürfte aber wohl nicht der erhoffte Kaufanreiz sein. So reizvoll die Idee hinter Continuum auch sein mag, ist sie auch praktikabel? Was hat man davon, wenn man sein Smartphone in einen vollwertigen PC verwandeln kann, dafür aber HDMI-Kabel, Tastatur, Maus und Ladegerät mitschleppen muss? So ist es derzeit nicht mehr als ein Gimmick.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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