Im Terminal V des Bauträgers Hefel Wohnbau werden Gebäude und Wohnungen virtualisiert
Im Terminal V des Bauträgers Hefel Wohnbau werden Gebäude und Wohnungen virtualisiert
© Hefel Wohnbau

Virtual Reality

Architektur-Simulation imitiert Computerspiele

Architektur-Virtualisierungssoftware existiert seit vielen Jahren. Den Simulationslösungen gemein ist, dass sie die (geplante) Realität zwar sehr genau digital abbilden können, der Rechenvorgang durch langsame Rendering-Vorgänge aber teilweise bis zu mehreren Tagen braucht. Eine deutlich flexiblere Lösung, die interaktive Visualisierungen praktisch in Echtzeit ermöglicht, wurde nun in Vorarlberg der Öffentlichkeit präsentiert. Als Vorbild dienten den Forschern dabei die Darstellungsmöglichkeiten in modernen Computerspielen.

Simulationsprojekt HILITE

Entwickelt wurde die auf den Namen "HILITE" getaufte Software von der Forschungseinrichtung VRVis, die sich seit Jahren auf Virtual-Reality-Lösungen spezialisiert. Als Initiatoren fungierten der Lichtkonzern Zumtobel und der Vorarlberger Bauträger Hefel Wohnbau, der seinerseits bereits seit über zehn Jahren mit der Visualisierung von Gebäuden experimentiert und dafür sogar einen eigenen großen 3D-Schauraum, den Terminal V, am Firmenstandort in Lauterach gebaut hat. In diesem finden jährlich etwa 400 Visualisierungstermine statt, um potenziellen Wohnungsinteressenten einen virtuellen Einblick in die Objekte zu erlauben.

Beispiele der Visualisierung von Licht- und Schattenelementen
Im Mittelpunkt der neuen Visualisierungslösung steht die Simulation von Lichtverhältnissen. "Die Planung von Beleuchtungskonzepten ist in puncto Rechenkomplexität und Modellierung eine große Herausforderung. Materialeigenschaften von Oberflächen müssen mit Reflektions- und Lichtabsorptionswerten sowie Tageslichteinflüssen berechnet werden, um eine physikalisch korrekte Simulation zu erreichen", erklärt Bert Junghans von der Zumtobel Group im Gespräch mit der futurezone. "Derartige Visualisierungen sind gerade bei großen Projektvolumina - etwa bei Beleuchtungskonzepten für Museen oder große Firmengebäude - ein unerlässliches Werkzeug für Kunden, um eine fundierte Entscheidung zu treffen", so Junghans.

Sekunden statt Tage

Während etablierte Simulationslösungen für eine korrekte Darstellung entsprechender Szenarien stunden- bis tagenlange Berechnungszeiträume benötigte, können Objekte und Lichtquellen mit der HILITE-Software praktisch in Echtzeit verschoben und verändert werden. Der Rechenvorgang, um die 3D-Darstellung abzuschließen, dauert für ein Raumszenario mit verschiedenen Objekten nur mehr wenige bis maximal 30 Sekunden.

"Um das zu erreichen, nutzen wir schnelle, aber relativ ungenaue Algorithmen aus der Computerspielewelt als Basis, die dann mit genauen Simulationsalgorithmen ergänzt werden", erklärt VRVis-Projektleiter Michael Schwärzler im Gespräch mit der futurezone. "So erhalten die Betrachter praktisch in Echtzeit eine erste visuelle Darstellung, die innerhalb des genannten Zeitraums dann im Detail korrekt berechnet wird." Damit blickpunktabhängige 3D-Effekte erzielt werden können, wie man sie von Computerspielen kennt, benötigt das System neben entsprechenden Algorithmen auch den Einsatz moderner Gaming-Grafikkarten.

Licht und Schatten

Während Zumtobel die Lösung einerseits mit mobiler Hardware bei Kundengesprächen und Messeauftritten einsetzt und entsprechende Leinwandinstallationen auch in seinen Schauräumen installieren wird, werden die neuen Möglichkeiten auch auf der Panorama-Wand im Terminal V von Hefel ausgelotet. Dabei spielt allerdings weniger die Innenbeleuchtung von Bauprojekten eine Rolle. Vielmehr können Wohnungskäufer Wohnungsobjekte in einer Google-Maps-ähnlichen Aufbereitung bei verschiedenen Tages- und Jahreszeiten simulieren lassen. So kann auf einfache Weise dargestellt werden, ob etwa ein Balkon im Sommer noch Sonne bekommt oder von einem Nebenobjekt bereits in Schatten getaucht wird.

Beispiele der Visualisierung von Licht- und Schattenelementen
Projektleiter Schwärzler zufolge ist die Anwendung naturgemäß nicht auf einzelne Innenräume oder Außenobjekte beschränkt, sondern könnte problemlos - die entsprechende Rechenleistung vorausgesetzt - auch für Stadtplanungsprojekte eingesetzt werden. "Man kann etwa die Straßenbeleuchtung ganzer Straßenzüge simulieren und analysieren, welche Lichtquellen für welche Umgebung optimal geeignet sind. Großräumige Modelle können in Zukunft auch über Hunderte Rechner in der Cloud schnell berechnet werden", sagt Schwärzler.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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