Das "Three Mile Island"-Kraftwerk wurde bereits Ende 2019 abgedreht.

Das "Three Mile Island"-Kraftwerk wurde bereits Ende 2019 abgedreht.

© REUTERS / CARLO ALLEGRI

Science

Abschalten von Atomkraftwerken erhöht die Luftverschmutzung

Fast 20 Prozent des Stroms in den USA wird von Atomkraftwerken erzeugt. Dafür sind 92 Reaktoren im ganzen Land verteilt. Würde man diese gleichzeitig abschalten, würde sich laut einer neuen MIT-Studie die Luftqualität deutlich verschlechtern.

In den USA wird derzeit darüber debattiert, ob alternde Kernkraftwerke stillgelegt oder erneuert werden sollen. Von vielen politischen Entscheidungsträger*innen wird Kernenergie als klimafreundliche Alternative zu Kohle, Öl oder Erdgas angesehen.

5.200 Todesfälle wegen Luftverschmutzung

Wie MIT-Forscher*innen nun warnen, wird in der Debatte oft ein Faktor übersehen: die Luftqualität. Sie berechneten ein Szenario, in dem alle Atomkraftwerke abgeschaltet und durch Energie aus Kohle, Öl und Gas, aber auch aus erneuerbaren Quellen ersetzt würden.

Zumindest im ersten Jahr nach der Umstellung würde sich die Luftverschmutzung durch den erhöhten Einsatz von fossilen Brennstoffen deutlich erhöhen. Das allein hätte schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit der dort lebenden Menschen. Die Forscher*innen gehen von zusätzlichen 5.200 Todesfällen aus, die durch die Luftverschmutzung verursacht werden.

Erneuerbare Energie steigt langsam an

Bis zum Jahr 2030 würde allerdings immer mehr erneuerbare Energie auf den Markt kommen, wodurch die Luftverschmutzung wieder absinkt. In einigen Teilen der USA bliebe die Luftqualität dennoch leicht unter dem heutigen Standard. Die Expert*innen rechnen daher mit 260 zusätzlichen Todesfällen pro Jahr.

Vor allem die afroamerikanische Bevölkerung sei laut den Berechnungen von der Verschlechterung betroffen. Eine unverhältnismäßig große Zahl von ihnen lebt nämlich in der Nähe von Kraftwerken, die fossile Brennstoffe verfeuern. Doch auch da gibt es regionale Unterschiede: So wäre die Ostküste der USA etwa stärker verschmutzt als die Westküste, weil sich im Osten mehr Kernkraftwerke befinden, die ersetzt werden müssen.

Wie die Wissenschaftler*innen zudem herausfanden, würden auch die Todesfälle aufgrund von Klimaauswirkungen ansteigen. Durch den erhöhten CO2-Ausstoß würden sich diese Auswirkungen verschlimmern und für zusätzliche 160.000 Todesfälle innerhalb der kommenden 100 Jahre sorgen.

Erneuerbare Energie noch stärker ausbauen

"Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Kernkraftwerke abschalten, wenn wir sie als Teil des Energiesystems betrachten wollen", sagt die führende Autorin Lyssa Freese in einer Aussendung. "Das Abschalten von Anlagen, die selbst keine Emissionen verursachen, kann zu einem Anstieg der Emissionen führen, weil das Netz darauf reagiert."

Die Forscher*innen raten daher, erneuerbare Energien noch stärker auszubauen, um die Lücke zu füllen, die durch die Abschaltung der Akw entsteht. Ansonsten riskiere man eine Verschlechterung der Luftqualität, mit der man so nicht unbedingt gerechnet hätte.

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