Nitrospira: Elektronenmikroskopische Aufnahme von Nitrospira-Zellen bei 70.000-facher Vergrößerung
Nitrospira: Elektronenmikroskopische Aufnahme von Nitrospira-Zellen bei 70.000-facher Vergrößerung
© Boris Nowka und Eva Spieck, Universität Hamburg

Forschung

Bakterien können Wasserstoff als Energiequelle nutzen

Seit man sie aus einem rostigen Heizungsrohr in Moskau isoliert hatte, glaubte man, dass „Nitrospira moscoviensis“ Bakterien unbedingt Nitrit als Energiequelle brauchen - einfach weil die Biologen dies von allen Nitrit-oxidierenden Arten annahmen. Wiener Forscher fanden jedoch heraus, dass sie auch Wasserstoff in der Knallgas-Reaktion dazu nutzen, wie sie aktuell im Fachblatt „Science“ berichten.

„Dies ermöglicht den Bakterien ein Wachstum unabhängig von Nitrit und damit ein Leben entkoppelt vom Stickstoffkreislauf“, so die Forscher um Holger Daims vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien, der das internationale Team geleitet hatte. Dadurch können sie zusätzliche ökologische Nischen bewohnen und der natürliche Stickstoffkreislauf würde stabilisiert. Denn mit Wasserstoff als Energiequelle können diese Bakterien Nitrit-lose Zeiten gut überdauern und sind ausreichend zur Stelle, um Nitrit zu verwerten, wenn es wieder zur Verfügung steht.

Knallgas-Reaktion

Nitrit-oxidierende Bakterien seien deshalb wichtige Akteure im Stickstoffkreislauf, weil sie giftiges Nitrit zu harmloserem Nitrat umsetzen, erklärten die Forscher in einer Aussendung der Uni. „Der Mensch macht sich dies in der biologischen Abwasserreinigung zunutze“, so Daims' Mitarbeiterin Hanna Koch. Das gebildete Nitrat nütze aber auch anderen Mikroben und sei eine Stickstoffquelle für viele Pflanzen.

NanoSIMS: Nachweis der Wasserstoff-abhängigen Kohlendioxid-Fixierung von einzelnen Nitrospira-Zellen mittels NanoSIMS. Je wärmer die Farbe, desto mehr Kohlendioxid wurde von den Zellen eingebaut

Die Forscher hatten das Erbgut der „Nitrospira moscoviensis“ Bakterien sequenziert und dabei einen Gen-Ort (den Hydrogenase-Lokus „hup“) entdeckt, mit dem andere Arten Wasserstoff als Energieträger aufnehmen. Sie untersuchten daraufhin, ob auch diese Bakterien in der Lage sind, Wasserstoff mit Sauerstoff zu oxidieren, um in der sogenannten Knallgas-Reaktion Energie zu gewinnen.

Wachstum ohne Nitrit

Tatsächlich konnten die Bakterien ohne Nitrit wachsen, wenn ihnen Wasserstoff und Sauerstoff zur Verfügung stand, berichten sie. „Der erste direkte Hinweis, dass Wasserstoff von den Bakterien oxidiert wird, war, dass er mit der Zeit immer weniger wurde, wenn die Bakterien aktiv waren“, erklärte Koch im Gespräch mit der APA. Außerdem wiesen die Forscher nach, dass die Bakterien Wasserstoff benötigen, um Kohlendioxid aufzunehmen und in ihre Zellsubstanz einzubauen, wenn kein Nitrit vorhanden ist.

„Theoretisch sollten sie aus der Oxidation von Wasserstoff sogar mehr Energie gewinnen, als von Nitrit“, meint Koch. Die Bakterien könnten aber auch beides gleichzeitig bewerkstelligten, wie sich in der Studie gezeigt habe.

Den „hup“-Lokus hat Nitrospira wahrscheinlich nicht von seinen Ahnen geerbt, sondern durch sogenannten „horizontalen Gentransfer“ von anderen Bakterienarten „aufgeschnappt“, meinen die Forscher. Es gäbe aber auch Hinweise im Erbgut von anderen Nitrit-oxidierenden Bakterien (außerhalb der Gattung Nitrospira), dass sie Gene, die für die Wasserstoff-Oxidation benötigt werden, besitzen, so Koch. Als nächsten Schritt möchte sie mit ihren Kollegen herausfinden, welche Rolle Wasserstoff für diese Bakterien in der Umwelt spielt, erklärte die Biologin.

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