Wiener Verfahren hilft Patienten mit Lungenschäden beim Atmen
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Ein Drittel der Patient*innen, die in einer Intensivstation aufgenommen werden, muss einer Studie zufolge mehr als 24 Stunden künstlich beatmet werden. Grundsätzlich gibt es 2 Methoden der künstlichen Atemunterstützung. Eine davon ist eine mechanische Beatmung – bestehend entweder aus der non-invasiven oder der invasiven Beatmung. Bei der ersten Form kommt eine Maske zum Einsatz. Funktioniert diese Unterstützung nicht, bleibt noch die Möglichkeit der zweiten Form: einer riskanteren Intubation. Studien zufolge weist diese invasive Beatmung aufgrund der zusätzlichen Lungenschädigung eine erhöhte Sterblichkeitsrate von bis zu 40 Prozent auf.
Die zweite Methode ist die Blutreinigung. „Das ist eine ganz heikle Prozedur – genannt ECMO – die in nur wenigen Zentren durchgeführt wird. Das ist eine Technologie, die für ganz spezielle schwere Fälle zur Verfügung steht und nur in speziell eingerichteten Intensivstationen zur Anwendung kommt. Für den normalen Patienten findet die Methode aber nicht statt", sagt Thomas Herndl, geschäftsführender Gesellschafter von CCORE, ein Spin-off der MedUni Wien, gegenüber der futurezone.
CO2 über extrakorporalen Blutkreislauf gereinigt
Um die Methode aus diesen Spezialzentren herauszuholen und einer großen Anzahl von Patient*innen verfügbar zu machen, hat CCORE im Rahmen des vom Austria Wirtschaftsservice (aws) geförderten Projekts MELA ein innovatives Verfahren zur Atemunterstützung entwickelt. „Wir bringen ein kleines System der Blutreinigung, bei dem ein halber Liter Blut pro Minute aus dem Körper herausgeführt wird – das ist eine schonende Behandlung", so der Experte.
Beim Einsatz des Systems, das weniger als 10 Kilogramm wiegt, wird ein doppellumiger Katheter – also eine Kanüle mit 2 Kanälen – an die Vene der Patient*innen gesetzt. Das Blut wird mit einer Pumpe aus dem Körper geleitet und durch eine Membran durchgedrückt. In den integrierten Hohlfasern wird Sauerstoff und Umgebungsluft geleitet – außerhalb der Hohlfasern fließt das Blut. Das CO2 wird über einen Blutkreislauf außerhalb des Körpers aus dem Blut entfernt - dieses kommt gereinigt zurück.
„Ziel ist es, eine Atemunterstützung zu bieten, die auch außerhalb der Intensivstation eingesetzt werden kann. Besonders in Zusammenhang mit COVID ist das wesentlich, weil die Ressourcen in den Intensivstationen knapp sind“, so Herndl.
Gerät fördert Mobilität von Patient*innen
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass mit der Vermeidung invasiver mechanischer Beatmung die Sterblichkeitsrate, negative Langzeitfolgen der Behandlung und die Aufenthaltsdauer der betroffenen Patient*innen im Krankenhaus signifikant gesenkt werden können. Auch fördert das System deutliche Kosteneinsparungen für den Krankenhausträger.
Wesentlich sei laut Herndl zudem, dass Patient*innen mobil bleiben und weiter selber atmen, damit die Atmungsmuskulatur nicht erschlafft. „Mobilität erlaubt Physiotherapie und ist für den Heilungsverlauf essentiell“, sagt er und ergänzt: „Wir haben unser System so optimiert, dass es besonders einfach zu handhaben ist und einen möglichst breiten Einsatzbereich hat.“ So Unter anderem kann das Gerät schweren COVID-19-Patient*innen helfen, die am Weg der Besserung sind und von einer Intubation wieder ins normale Leben zurückwollen.
Marktzulassung in etwa 2 Jahren erwartet
CCORE hat unlängst den zweiten Prototypen fertiggestellt und im Tierversuch getestet. Im nächsten Schritt wird er für die Serienproduktion in die finale Form gebracht. „Mit diesem finalen Produkt wird in chronischen Tierversuchen und in klinischen Studien die Sicherheit und Effektivität des Systems nachgewiesen. Gleichzeitig wird der Zulassungsprozess eingeleitet. Die Marktzulassung soll mit Ende 2023/ Anfang 2024 erreicht werden“, so der Fachmann.
Nach der Marktzulassung soll das Gerät weltweit ausgerollt werden.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).
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