Phlegräische Felder: Italiens Supervulkan brodelt immer stärker

Phlegräische Felder: Italiens Supervulkan brodelt immer stärker

© INGVVesuvio

Science

Erdbeben um Neapel: Angst vor Ausbruch der Phlegräischen Felder wächst

Am Montagabend erschütterte ein Erdbeben der Stärke 4,0 den Ort Pozzuoli, 15 km von Neapel entfernt. Am heutigen Dienstag wurde dort ein weiteres Beben der Stärke 3,6 gemessen. Die seismischen Aktivitäten in der Region nehmen seit Monaten zu. So wurde auch Ende September ein Schwarm an 64 Erdbeben der Stärke 0,3 bis 4,2 gemessen. Ihr Ursprung liegt unter den Phlegräischen Feldern, einem riesigen Vulkan.

Die Region ist durch unterirdische Magmakammern mit dem Vesuv verbunden. Ein Ausbruch vor 39.000 Jahren hatte eine sogenannte Caldera, also eine Vertiefung erschaffen. Darin befinden sich wiederum kleinere Vulkankrater. Die Caldera erstreckt sich über 150 Quadratkilometer. Der letzte Ausbruch der Phlegräischen Felder (griechisch für „brennend“) fand 1538 statt, zuvor hatte der mehr als 60.000 Jahre alte Vulkan 3.000 Jahre geruht.

Magmaströme könnten Erdbeben verursachen

Das könnte sich nun wieder ändern. „Die Erdbeben sind Ausdruck von Spannungen im Gestein, die dadurch entstehen, dass sich das Gebiet anhebt“, erklärt der Vulkanologe Boris Behncke vom Ätna-Observatorium gegenüber der futurezone. Vermutet wird, dass die Beben durch Magmabewegungen und -ansammlungen im Untergrund entstehen. Dabei drückt Magma aus den unterirdischen Kammern nach oben und die Erde hebt sich. Die Beben könnten aber auch durch die Erhitzung des Grundwassers ausgelöst werden. „Da gehen die Meinungen auseinander“, so Behncke.

➤ Mehr lesen: Unberechenbare Gewalt: So arbeiten Vulkan-Observatorien

Oft werden die Phlegräischen Felder als Supervulkan beschrieben, dessen Ausbruch Auswirkungen auf ganz Europa haben könnte. Vor 39.000 Jahren wurde durch die Supereruption so viel Asche in die Atmosphäre geschleudert, dass sie sich über die Grenzen Europas hinaus bis nach Grönland, Marokko und Russland ausbreitete. Einige wissenschaftliche Theorien vermuten, dass damit eine Veränderung des Klimas einher gegangen sein kann.

Supereruption "worst-case-Szenario"

Das relativiert Behncke: „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Ausbruch direkte Auswirkung in größerer Entfernung haben könnte. Eine ‚Supereruption‘, die ganz Europa auslöschen kann, ist Unsinn.“ Solche worst-case-Szenarios seien extrem unwahrscheinlich. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass größere Magmamengen im Spiel sind.“

Eruptionen der Phlegräischen Felder seien sehr explosiv, beschreibt es Behncke. „Sie könnten vom gleichen Typ sein wie der Ausbruch des Vesuv im Jahre 79 n. Chr.“. Damals hatte der Ausbruch des Bergs die Städte Pompeji und Heraculaneum vernichtet. Simulationen des italienischen Vulkaninstituts zeigen, wie eine Explosion in wenigen Minuten zuerst in die Höhe schießen und sich schließlich über die ganze Region ausbreiten könnte.

"Es geht kein Signal verloren"

Eine Studie vom Juni 2023 zeigt anhand einer Analyse der Bodenerhebungen, dass der Vulkan in der näheren Zukunft ausbrechen könnte. Vulkanolog*innen überwachen das Gebiet mit einer Vielzahl an Instrumenten und Sensoren. „Es geht kein Signal verloren“, so Behncke. Momentan gebe es aber keine Anzeichen darauf, dass die Phlegräischen Felder tatsächlich ausbrechen. Wenn überhaupt, rechne man mit einem kleinen Ausbruch. Angesichts der dichten Besiedelung wäre aber auch das ein enormes Problem. „Natürlich kann sich die Situation schnell ändern“, erklärt Behncke.

FILE PHOTO: HISTORIC POZZUOLI LOCATED ON COAST NORTH OF NAPLES CALLED RIONE TERRA.

Die Region um Pozzuoli ist beliebt bei Touristen

Anders als bei bergigen Vulkanen wie Vesuv und Ätna sind die Phlegräischen Felder recht flach. Über die Jahrzehnte, in denen die Region kaum Aktivität gezeigt hat, haben sich um die 360.000 Menschen dort niedergelassen. Jetzt steigt die Angst vor einem Ausbruch erheblich.

Zwischen Angst und Gleichgültigkeit

Es wird von Panik durch die Erdbeben berichtet. „Es wechseln sich Phasen der Gleichgültigkeit mit Phasen der Angst ab“, sagt Behncke, der u.a. für die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Gefahren von Vulkanausbrüchen zuständig ist. „Solange die Erde nicht wackelt, denkt man lieber nicht daran, dass man auf einem aktiven Vulkan wohnt“, sagt Behncke.

Dafür haben er und seine Kollegen derzeit zahlreiche Konferenzen und Besprechungen mit dem Zivilschutz. Ein Ziel sei es dabei, die Bevölkerung besser zu informieren und gleichzeitig Panik zu vermeiden. Der Zivilschutz arbeitet an einem entsprechenden Evakuierungsplan. Demnach sollen 1,3 Millionen Menschen innerhalb von 72 Stunden in Sicherheit gebracht werden können.  

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

mehr lesen
Franziska Bechtold

Kommentare