“Faktor X”: Forscher besorgt über Viren im Eis
Die zunehmende Erwärmung der Erde, ausgelöst durch den menschengemachten Klimawandel, wirkt sich auch auf Permafrostböden auf. Neben den ökologischen Veränderungen, der Bodeninstabilität, oder dem Freisetzen im Permafrost gespeicherte Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan hätte das vielleicht noch eine weitere unangenehme Folge: Bislang unbekannte Viren, die seit Tausenden Jahren im Eis stecken.
“Es gibt einen Faktor X, über den wir wirklich nicht viel wissen“, sagte Birgitta Evengård, Spezialistin für Infektionskrankheiten an der Universität Umeå, nun gegenüber Newsweek. Im Jahr 2014 reaktivierte eine Gruppe französischer und russischer Forscher ein Virus, das 30.000 Jahre lang im sibirischen Permafrost tiefgekühlt war. Jetzt infiziert dieses “Pandoravirus” Amöben.
Wenn derartige Viren so lange im Permafrost überleben können, deutet das laut Studienautor Jean-Michel Claverie darauf hin, dass auch Viren von Tieren und Menschen infektiös bleiben könnten. Man wisse außerdem auch, dass DNA von Menschen und Tieren im Permafrost tiefgekühlt bleibt. Andere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch mikroskopisch kleine Tiere aus dem Permafrost wiederbelebt werden können.
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Was alles im Eis stecken könnte
Tief im Eis könnten auch Viren von ausgestorbenen Krankheiten wie Pocken stecken, erklärt Claverie gegenüber Newsweek. Zu den weiteren Gefahren zählen etwa Milzbrand (Anthrax), oder die schwere bakterielle Infektion Tularämie, oder auch durch Zecken übertragene Krankheiten, sagte Claverie.
Derartiges ist bereits vorgekommen. 2016 starben bei einem Milzbrandausbruch in Nordsibirien ein 12-jähriger Junge und Tausende Tiere. Die Ursache soll das warme Wetter in der Region gewesen sein. Dadurch taute der Permafrost auf und legte den Kadaver eines Rentiers frei, das der Infektion erlegen war. „Anthrax hat eine sehr dicke Zellwand, sodass es Hunderte von Jahren lang schlafen und dann wieder zum Leben erwachen kann“, sagte Evengård.
Gefahren in tieferen Eisschichten
Derartige Viren würden vor allem in den obersten Schichten des Permafrosts auftreten. Was tiefer im Inneren lauert, sei aber noch besorgniserregender. “Tief unten im Permafrost muss es Mikroben – insbesondere Viren, aber auch Bakterien – geben, die schon lange vor der Existenz des Homo sapiens auf der Erde waren“, sagte Evengård.
Im Unterschied zu anderen Viren hätte der menschliche Körper bislang keine Gelegenheit gehabt, sich daran anzupassen. Schlimmstenfalls könne es sein, dass es im Permafrost uralte Viren gibt, gegen die wir weder eine natürliche Immunität noch Impfstoffe oder Behandlungen haben. Genau das sei der besorgniserregende "Faktor X".
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