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NFC

"Handykreditkarte wird Plastik ersetzen"

"2012 wird ein wichtiges Jahr für Near Field Communication (NFC)", glaubt Markus Lobmaier, Gründer und Geschäftsführer von Kadona, einem österreichischen Start-up, das als Schnittstelle zwischen Technologie und Marketing fungiert. "Es wird in diesem Jahr erste kommerzielle Projekte geben und eine Vielzahl von größeren Pilotprojekten", ist Lobmaier überzeugt. Der Massenmarkt werde allerdings noch nicht erreicht, weil es noch einige Zeit dauern werde, bis eine relevante Anzahl von Menschen mit NFC-Smartphones ausgerüstet sein wird.

Dass es soweit kommen wird, davon ist Lobmaier mittlerweile fest überzeugt. "Vor eineinhalb Jahren konnte man noch nicht fix sagen, ob sich NFC auf Smartphones durchsetzen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es als selbstverständlich zu betrachten, das das Bezahlen mit dem Handy mittels NFC-Technologie kommen wird", erklärt der Kadona-Gründer im futurezone-Gespräch. "Die Handykreditkarte wird die aus Plastik ersetzen."

Gutschein-Aktionen
Lobmaiers Unternehmen Kadona entwickelt B2B-Lösungen für Handelsunternehmen. Er will den Unternehmen damit ihre Marketing-Aktivitäten erleichtern und setzt dabei auf Kundenbindung via NFC-Kundenkarte und Gutscheine. "Der durchschnittliche Österreicher trägt fünf bis sechs Kundenkarten mit sich herum und es werden jährlich mehr. Die Steckplätze in der Brieftasche sind aber begrenzt und vielen Leuten ist das einfach schon zu viel", meint Lobmaier.

Deshalb sollen Kunden Gutscheine und Angebote künftig auf ihrem NFC-Smartphone abrufen können und zwar mittels App. Statt fünf Kundenkarten hat man dann also künftig fünf Apps zum Runterladen und bekommt auf diesem Weg "attraktive Angebote", also Werbung verknüpft mit Gutschein-Aktionen. "Marketing-Budgets werden immer kleiner, aber die Kampagnen sollen immer schneller entwickelt werden. Es gibt praktisch keine Vorlaufzeit mehr. Mit mobilen Kundenbindungstools kann man als Unternehmen Zeit und Geld sparen", erklärt Lobmaier.

"Sehr sensibel vorgehen"
NFC-Kampagnen könnten an das Wetter, an die Situation, an den Ort oder auch an bestimmte Tageszeiten angepasst und verknüpft werden, so Lobmaier über die Vorteile. So könne eine lokale Autowerkstatt bei einsetzendem Schneefall binnen zwei Stunden eine Kampagne zum Winterreifen-Wechsel starten, während eine Print-Kampagne bereits Wochen vorher vorbereitet werden müsse.

Natürlich müsse man bei solchen Aktionen sehr sensibel vorgehen. "Es ist eine Gratwanderung, wann man sich als Kunde überfordert fühlt. Wann der Konsument seine Ruhe haben will, muss er daher selbst entscheiden können", erklärt Lobmaier. Die großen Herausforderungen würden dabei nicht in der Technologie selbst, sondern bei den rechtlichen Rahmenbedingungen liegen. "Datenschutz muss gewährleistet sein. Das wird sicher ein wichtiges Thema werden und es müssen Standards entwickelt werden, die von den Unternehmen eingehalten werden müssen", erklärt Lobmaier. Dazu sei es allerdings auch wichtig, Vertrauen zu schaffen.

Der Einsatz in der Praxis
Doch wie funktioniert die NFC-Kundenkarte eigentlich in der Praxis? Man installiert auf seinem NFC-fähigen Smartphone die App des jeweiligen Unternehmens, von dem man eine Kundenkarte besitzt und findet dort neben einem Filialfinder und den Öffnungszeiten auch Gutscheine und Aktionen, die man im Anschluss aktiviert. An der Kassa muss man dann sein NFC-Smartphone, das auch ausgeschaltet sein kann, für wenige Sekunden an einen Terminal, der ähnlich aussieht wie der von Bankomatkarten (nur ohne Schlitz), halten und schon wird der Gutschein, den man zuvor ausgewählt hat, automatisch eingelöst. Kardona testet diese Lösung derzeit mit BIPA und T-Systems in ausgewählten Filialen (die futurezone hat berichtet).

Die ersten Ergebnisse der Pilotversuche von Kadona haben ergeben, dass die Rücklaufquote von NFC-Gutscheinen im Gegensatz zu papiergebundenen Systemen "ein Vielfaches" sei. "Gutscheine und Sammelpässe werden von den Menschen grundsätzlich dann gemocht, wenn sie einfach und unkompliziert sind. Manches davon ist allerdings nur in einer bestimmten Situation relevant - und zwar genau dann, wenn man bereits im Geschäft steht", so Lobmaier.

Mobilfunker vs. Hardware-Hersteller
Bei den derzeitigen Tests werden etwa iPhones mit NFC-fähigen Schutzhüllen versehen oder Android-Smartphones mit NFC-Stickern. Dass sich derartige Zusatzgegenstände in der Praxis durchsetzen werden, glaubt Lobmaier allerdings nicht. "Das sind Übergangslösungen, die vor allem für erste Tests und die Forschung wichtig sind. Das Match am Markt wird sich zwischen SIM-Karten und Embedded Systems abspielen", meint Lobmaier. Mit Embedded Systems ist gemeint, dass der NFC-Chip bereits direkt im Smartphone verbaut ist, bei den Lösungen mit SIM-Karten ist dieser nicht direkt im Handy, sondern auf der SIM-Karte integriert.

"Das ist der Kampf der Titanen, der da derzeit tobt. Die Mobilfunkbetreiber, die die SIM-Karte präferieren versuchen sich gegen die Hardware-Hersteller durchzusetzen. Welches System sich am Ende durchsetzen wird, hängt nun davon ab, welche Player flexibler agieren und smarte, integrierte Lösungen früher und besser anbieten", meint Lobmaier. "Der Konsument entscheidet letztendlich, was er haben möchte, aber der Kampf ist noch nicht entschieden."

"Sicherer als herkömmliche Plastikkarten"
Neben NFC-Smartphones werden sich allerdings auch kontaktlose Kreditkarten am Markt etablieren, glaubt Lobmaier. "Wenn die Infrastruktur da ist und es NFC-Terminals gibt, gibt es auch keine Notwendigkeit mehr, kontaktbehaftete Chip-Karten zu verwenden", glaubt der Kadona-Chef.

NFC-Kreditkarten seien auf jeden Fall sicherer als herkömmliche Plastikkarten. "Da haben viele Menschen darauf Einblick, weil man die Karte beim Bezahlen aus der Hand gibt. Nicht selten geben Menschen dem Kellnern ihre Karte, die damit in Hinterräumen verschwinden", erklärt Lobmaier. Ein NFC-Smartphone oder eine NFC-Kreditkarte würde hingegen nicht so einfach aus der Hand gegeben werden, somit käme es auch zu weniger potentiellen Betrugsfällen. Betrugsszenarien, bei denen (wie unlängst demonstriert) mit RFID-Terminals die Kreditkarten direkt aus der Hosentasche abgegrast werden, hält Lobmaier für "schwer monetisierbar".

Durchbruch "frühestens 2013"
Derzeit wird von den Anbietern bei ihren Pilotprojekten ein Betrag von 20 Euro angegeben, den man ohne Eingabe eines PIN-Codes per NFC bezahlen kann. "Man muss den Menschen allerdings langfristig selbst die Kontrolle darüber geben, nur dann wird es auch zur Akzeptanz dieser Bezahlungsart kommen", so Lobmaier, dessen Unternehmen seit Dezember 2010 mit einer immer größer werdenden Nachfrage nach integrierten Lösungen - Kundenkarte und Bezahlsystem - konfrontiert ist. "Der große Durchbruch von NFC wird aber frühestens 2013 kommen."

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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