Grauer Star: Wie bei Patienten nach "Lasershots" gesucht wird
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Im Zuge des Alterungsprozesses kann die natürliche Augenlinse trüb werden. Ein Grauer Star – auch Katarakt genannt – kommt vermehrt bei Personen ab dem 60. Lebensjahr vor und führt zu schleierartigem Sehen. Eine Katarakt kann durch einen minimalinvasiven Eingriff aber effektiv behandelt werden – nicht nur in Österreich, sondern weltweit zählt eine solche Operation zu den häufigsten überhaupt. Dabei wird die trübe, natürliche Linse entfernt und durch eine künstliche sogenannte Intraokularlinse (IOL) ersetzt. Die Linsenhülle selbst bleibt erhalten.
Als Spätfolge einer solchen Katarakt-Behandlung kann sich in einigen Fällen allerdings ein sogenannter Nachstar bilden. Die hintere Kapsel, in welche die Linse implantiert wurde, kann dabei ebenfalls eintrüben und die Sehkraft wieder reduzieren. In solchen Fällen kann mittels hochpräziser Lasertechnologie schmerzfrei und schnell erneut Klarheit geschaffen werden. Allerdings kann die künstliche Linse im Zuge eines solchen Eingriffes durch den Laser beschädigt werden. Es bilden sich sogenannte „Lasershots“ – auch „YAG-pits“ genannt.
Defekt sichtbar gemacht
Diese winzigen Linsendefekte wurden nun genauer erforscht. „Es ist sehr schwierig, diese Schäden zu detektieren – da bedarf es einiges an Know-how und einer Infrastruktur hinsichtlich der Elektronenmikroskopie“, sagt Johannes Rattenberger, Forscher an der TU Graz und dem Zentrum für Elektronenmikroskopie (ZFE) Graz – ein Forschungsinstitut der ACR (Austrian Cooperative Research), das zu einem der führenden Institute für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik in ganz Europa zählt.
Dem ZFE ist es in Kooperation mit Augenärzten aus Graz nun aber gelungen, diese winzigen Schäden an der künstlichen Linse mittels Elektronenmikroskopie sichtbar zu machen und im Detail zu untersuchen. Und das ist wesentlich. Denn ist ein Schaden in der Linse einmal entstanden, ist nichts mehr zu machen.
Zwar müssen Lasershots für Betroffene nicht obligatorisch negative Folgen mit sich bringen, in manchen Fällen könnten sie aber sehr wohl die optische Qualität negativ beeinflussen, wie der am Forschungsprojekt beteiligte Augenarzt erklärt. Unter anderem kann es in manchen Fällen zu einer erhöhten Blendungsempfindlichkeit kommen – dies könnte beispielsweise beim nächtlichen Autofahren zu unangenehmen Situationen führen.
Material wesentlich
Um die Lasershots untersuchen zu können, wurden unterschiedliche künstliche Linsen zunächst bewusst geschädigt und die Stärke des ausgebildeten Schadens unter dem Elektronenmikroskop untersucht. Anhand dieser hochauflösenden elektronenmikroskopischen Analyse konnten Größe, Form und Konfiguration der Schäden bestimmt, aber auch Rückschlüsse auf die Struktureigenschaften des Linsenmaterials gezogen werden. „Wir sind draufgekommen, dass das Material einen sehr starken Einfluss auf die Lasershots hat“, sagt der Forscher. Je nach Material gebe es Beschädigungen, die wie kleine Löcher aussehen – andere wiederum wie zersprungenes Glas.
Mithilfe dieser Erkenntnisse können nicht nur die Materialien für IOL in Zukunft verbessert werden – auch die Sicherheit bei der Anwendung der Lasertechnologie soll so erhöht werden. Ein weiteres Ziel des Projekts war es, mithilfe von wissenschaftlichen Daten die Aufmerksamkeit unter Augenärzten und der beteiligten Industrie wieder verstärkt auf das bekannte Thema zu lenken.
Innovationspreis
Die Innovation wurde am vergangenen Dienstag von der ACR zusammen mit dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort mit dem ACR Innovationspreis ausgezeichnet. Auch weitere herausragende Projekte, die in Zusammenarbeit von Unternehmen mit diversen ACR-Instituten entwickelt wurden, wurden im Zuge der Veranstaltung gekrönt.
Eine dieser Innovationen stammt vom Österreichischen Gießerei-Institut (ÖGI) und der Maschinenfabrik Liezen und Gießerei. Gemeinsam stellen sie ressourcenschonende Hochsicherheitsbauteile aus Stahlguss mittels 3D-Drucker her. Das ACR-Institut für Nachhaltige Technologien AEE und das Unternehmen SOLID Solar Energy Systems wiederum haben eine neuartige digitale Methode entwickelt, mit der die Leistung von Solaranlagen exakt vorausgesagt werden kann.
Der ACR Woman Award ging heuer an die Chemieingenieurin Cornelia Bauer, die sich auf die Dekarbonisierung von Zement spezialisiert hat. Preisträger des ACR-Start-up-Preises sind das ACR-Institut V-Research und das Start-up fautech. Entwickelt wurde ein CO2-Kompressor für Kühlanlagen.
Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.
Zukunftslinse mit 60-fachem Zoom
Forscher*innen weltweit tüfteln an Linsen, die über die reine Sehhilfe hinausgehen sollen. Die Träger*innen der geplanten „iLens“ etwa sollen besser sehen können als jede Kamera – die Innovation soll sogar wie ein kleiner Bildschirm im Auge fungieren. Entwickelt wird iLens vom Unternehmen Lenstore gemeinsam mit dem britischen Zukunftsforscher Richard Watson.
Die Linse soll Menschen virtuelle Erfahrungen zugänglich machen, die sich besonders real anfühlen. Sie soll mit einen 60-fachen Zoom ausgestattet sein und wie in der Netflix-Serie „Black Mirror“ sogar Erinnerungen aufzeichnen können, welche sich die Träger*innen immer wieder ansehen können.
Was die Linse dazu braucht, sei laut dem Unternehmen eine Bluetooth-Verbindung. Sobald eine Aufzeichnung vom Nutzer gestoppt wird, werde sie auf das Smartphone übertragen und dort gespeichert.
Einnahme von Medikamenten optimieren
Auch Augenkrankheiten könnten künftig mit solchen smarten Linsen verringert werden, indem sie etwa die Medikamenten-Einnahme, etwa bei einem Glaukom, überwachen und optimieren. Zwar liegt iLens noch in weiter Ferne, soll aber in diesem Jahr noch offiziell vorgestellt werden. Dass es sie in dieser Form geben wird, ist allerdings unwahrscheinlich – Watson dürfte Entwickler*innen aber zumindest Denkanstöße für zukünftige Linsen geben.
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