Die Mondlandefähre Alina und ein Audi Lunar Quattro Rover der Mission to the Moon

Die Mondlandefähre Alina und ein Audi Lunar Quattro Rover der Mission to the Moon

© PTScientists, Audi, Vodafone

Science

"Mission to the Moon ist wie die Entdeckung der Titanic"

Bei der Mission to the Moon soll das erste privat finanzierte, unbemannte Raumschiff auf dem Mond aufsetzen und zwei Rover losschicken, um die Relikte der Apollo-17-Mission aus dem Jahr 1972 zu untersuchen. Der vom deutschen Unternehmen PTScientists entwickelte Plan wird u.a. von Audi und Vodafone unterstützt, das Red Bull Media House übernimmt die mediale Inszenierung inklusive weltweiter Live-Übertragungen. Robert Böhme, CEO von PTScientists, und Ulrich Schwarze von Audi werden am 14. Juni am Best of Content Marketing Kongress (BCM) in Wien einen Vortrag zum Thema halten. Bei der BCM-Auftaktpressekonferenz schilderten sie kuriose Details zu Mission to the Moon.

"Verrücktes Projekt"

"Wir machen das Gegenteil von Star Trek", umreißt Robert Böhme die Mission to the Moon. "Wir fliegen nicht dorthin, wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist, sondern dorthin, wo länger kein Mensch mehr gewesen ist." Die Idee dazu, die erste private Mondmission zu starten, sei 2007 sechs Ingenieuren und Wissenschaftlern eingefallen. Sie schlossen sich unter dem Titel "Part-Time Scientists" zusammen, um Fragen zu klären wie "Darf man als Privatperson überhaupt eine Rakete kaufen und zum Mond fliegen?" Mittlerweile habe PTScientists 46 Mitarbeiter, schildert Böhme, und plane, die Mission to the Moon 2019 mit Hilfe einer Falcon-9-Rakete von SpaceX von Cape Canaveral in Florida aus zu starten.

"Es ist ein bisschen ein verrücktes Projekt", meint Ulrich Schwarze, der Projektleiter von Mission to the Moon bei Audi. "Als wir das erste Treffen mit PTScientists hatten, war das kein Unternehmen, wie wir es kannten. Es gab nicht mal Kaffee oder Kekse." Audi habe jedoch die "visionären Köpfe" erkannt und sei 2014 in das Projekt eingestiegen. Der Fahrzeughersteller habe die Kommunikation von Mission to the Moon übernommen und ein eigenes Team zur technischen Unterstützung abgestellt. Dadurch sei es u.a. gelungen, das Gewicht der Rover - genannt Audi Lunar Quattro - zu reduzieren (derzeit wiegen sie rund 30 Kilogramm) und das Gerät robuster zu machen. Audi-Expertise sei auch in die Energievesorgung und den Antrieb eingeflossen.

Eines der Metallräder des Audi Lunar Quattro Rovers von Mission to the Moon

3D-gedruckte Räder

Zur Demonstration der Fortschritte zeigten Böhme und Schwarze in Wien zwei Entwicklungsstufen von Rover-Rädern her. Wie Robert Böhme schildert, besteht die aktuelle Version des Rades aus einer Aluminium-Legierung und wird per 3D-Druck hergestellt. Um den Antrieb des Rovers zu testen, habe man ein Becken mit "eigens eingeflogenem" Vulkansand gefüllt. Bei der Entwicklung des Allradantriebs der Rover sei die separate Ansteuerung der Räder und die Entwicklung eines Fahralgorithmus eine der großen Herausforderungen gewesen.

"Für uns als Audi ist es sehr spannend, in das Thema Raumfahrt hineinzugehen", meint Schwarze. "Raumfahrt ist DAS Thema des 21. Jahrhunderts." Mission to the Moon soll dementsprechend weltweite Medienpräsenz erlangen. Ein reiner Marketing-Stunt soll das Projekt aber nicht sein, betonen beide Projektpartner. Es soll tatsächlichen Nutzen und Inspiration bringen.

Ernst gemeintes LTE-Netz

Als die "wahre Revolution" von Mission to the Moon sieht Schwarze, "dass es ein kleines Team schafft, Rover auf den Mond zu bringen." Böhme vergleicht den Aufwand seiner Mission mit dem Apollo-Programm: "Da waren 35.000 Menschen über zehn Jahre lang involviert. Die haben unheimlich viele Grundlagen erarbeitet. War haben es dadurch ein bisschen einfacher." Die Zusammenarbeit mit den Partnern hält Böhme für sehr wichtig, sowohl weil dadurch viel mehr Menschen als das 46-köpfige Team von PTScientists an dem Projekt mitarbeiten, als auch, weil sich dadurch wertvolle Verbindungen auftun. Böhme erwähnt hier etwa den Telefoniepionier Bell Labs, der als Nokia-Tochter eng mit Vodafone verknüpft ist.

Bei Mission to the Moon läuft die Kommunikation zwischen Rovern und Landefähre "Alina" dank Partner Vodafone mittels LTE-Mobilfunk ab. Auch hierbei handle es sich nicht um einen reinen PR-Gag, meint Böhme. "Vodafone will ganz ernsthaft ein LTE-Netz am Mond aufbauen." In Zukunft könnte dadurch eine Kommunikationsinfrastruktur für unterschiedlichste Mondmissionen geschaffen und anderen Unternehmen angeboten werden.

Robert Böhme, CEO von PTScientists, dem Initiator von Mission to the Moon

Bilder und Wissenschaft

"Gerade bei der ersten Mission wird es natürlich sehr um spektakuläre Bilder gehen", gibt Böhme zu. "Aber wir haben auch ein großes wissenschaftliches Ziel: Die Analyse des Lunar Roving Vehicle (LRV) von Apollo 17." Die beiden Rover sollen das Elektrofahrzeug, mit dem die Astronauten von Apollo 17 die weitere Umgebung ihres Landeplatzes am Mond erkundeten, genau untersuchen. "Das steht da oben seit 50 Jahren. Was seither damit passiert ist, das ist völlig unklar. Sind die Gurte verrottet? Liegt Staub auf dem Fahrzeug? Keiner kennt die Antwort." Diese zu finden, sei aber für die Raumfahrt insgesamt nicht unwichtig. "Die ESA will ein 'Lunar Village' am Mond errichten. Werden sie dabei ihre Solarpaneele putzen müssen?"

Für Ulrich Schwarze ist die Aussicht auf Live-Bilder vom LRV besonders faszinierend: "Das ist ein bisschen wie die Entdeckung der Titanic auf dem Meeresboden."

Drei Missionen geplant

Nach der ersten Mission to the Moon soll es weitere Mondlandungen geben, kündigt Böhme an. Bereits fix eingeplant sind drei Missionen. Für alle drei Flüge gebe es bereits zahlreiche verkaufte Frachtplätze an Bord von Landefähren und Rovern, die u.a. für wissenschaftliche Experimente oder kommerzielle Technik genutzt werden. "Die ESA hat die gesamte dritte Mission gekauft", meint Böhme. Die Kosten dafür beziffert der PTScientists-CEO auf über 200 Millionen Euro. Das Ziel der dritten Mission sei der Südpol des Mondes. Dort sollen Rover insgesamt einen Liter Wasser gewinnen, das an der Stelle in gefrorener Form vorhanden sein sollte. Böhme betont die Bedeutung von Wasser für die weitere Erforschung des Weltraums. Neben Sauerstoff für Menschen kann daraus Wasserstoff als Raketentreibstoff gewonnen werden.

Zeigen, was möglich ist

Als die Partner von Mission to the Moon während einer Fragerunde erneut auf das Thema Marketing-Stunt vs. tatsächlicher Nutzen angesprochen werden, meint Böhme: "PR-Stunt klingt so negativ, aber die Apollo-Missionen waren genau das. Es ging hauptsächlich darum, hochzufliegen und Flaggen aufzustellen. Erst bei der letzten Apollo-Mission war ein Mann dabei, der Ahnung von Geologie hatte." Was die Apollo-Missionen bewirkt hätten, sei aber enorm gewesen. "Das Silicon Valley wurde mit Ex-Ingenieuren des Apollo-Programms aufgebaut." Mission to the Moon solle die Menschheit ähnlich inspirieren, hofft Böhme. "Wir wollen zeigen, was als Privatunternehmen möglich ist. Wir wollen den Leuten die Botschaft vermitteln: Du kannst in den Weltraum fliegen und du kannst dein Leben damit bestreiten."

Noch viel zu tun

Von der futurezone zu noch ausstehenden Hürden vor dem Start der Mission to the Moon befragt, antwortet Böhme: "Es gibt noch unendlich viel zu tun. Aber das ist normal. Auch die NASA plant noch während des Fluges eines Raumschiffs manchmal deren Software um." Intensiv beschäftige sich PTScientists derzeit noch mit der Flug-Hardware, auch die Endmontage stehe noch bevor. Außerdem wolle man noch Analogtests durchführen. "Das hat die NASA beim Apollo-Programm auch so gemacht. Die haben komplette Missionen auf Hawaii durchgespielt."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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