Eine gentechnisch veränderte Pseudomonas putida, die Nylon abbauen und in wertvolle Stoffe umwandeln kann. Das Bakterium wurde entwickelt, um das Recycling von Nylon zu verbessern und als Grundlage für biotechnologische Prozesse zu dienen.
© Susanne Husted Nielsen / Forschungszentrum Jülich

Science

Plastikfressende Bakterien sollen Müllproblem bewältigen

Autositz, Fischernetz, Vakuumverpackung und Strumpfhose: Polyamid, auch bekannt als Nylon, wird wegen seiner besonders hohen Widerstandsfähigkeit sehr breit eingesetzt. 2023 wurden weltweit 6,7 Millionen Tonnen davon hergestellt. Doch der Kunststoff ist sehr schwer zu recyclen, 95 Prozent des Materials wird am Ende verbrannt oder landet auf der Müllhalde.

Ein Team des Forschungszentrum Jülich in Deutschland hat heute in Nature Microbiology eine neue Möglichkeit vorgestellt, Polyamid mithilfe genveränderter Bakterien zu verwerten.

Genverändertes Bakterium Pseudomonas putida “frisst” Polyamid

Das Bodenbakterium "Pseudomonas putida" ist bekannt dafür, ölbasierte Materialien zu zersetzen. Das Team um Biotechnologe Nick Wierckx vom Forschungszentrum Jülich hat einen spezifischen Stamm davon, “P. putida KT2440”, um bestimmte Gene ergänzt, damit es Bestandteile von Polyamid verstoffwechseln kann.

„Manche Bakterien entwickeln durch zufällige Mutationen in ihrem Erbgut die Fähigkeit, Nylonbausteine besser zu verwerten. Diese Zellen haben einen Wachstumsvorteil gegenüber den anderen und können sich schneller vermehren. Nach einigen Generationen im Labor, in denen die Nylonbausteine die einzige Nahrungsquelle sind, besteht die Bakterienkultur schließlich nur noch aus diesen spezialisierten Zellen“, sagt Nick Wierckx in der Presseaussendung.

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Die Forscherinnen und Forscher haben die Bakterien weitergezüchtet, bis sie nützliche Stoffe ausschieden, zum Beispiel Polyhydroxybuttersäure. Das ist ein biologisch abbaubarer Kunststoff. Ihr neues “plastikfressendes” Bakterium haben sie “P. putida NYLON-ABC” getauft.

Vorbehandlung des Kunststoffs nötig

Damit “P. putida NYLON-ABC” Polyamid verstoffwechseln kann, muss dieses vorbehandelt werden. In der Studie wurde es 24 Stunden lang in Säure eingelegt, anschließend neutralisiert und gefiltert. Diese Lösung wurde dann an die Bakterien “verfüttert”.

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Wegen dieser notwendigen Vorbehandlung ist es deshalb derzeit noch nicht möglich, Fischernetze – die für Unmengen an Mikroplastik verantwortlich sind – mithilfe der Bakterien direkt im Meer in unschädlichere Stoffe zu verwandeln.

Ein Haufen von Fischernetzen

Fischernetze sind für Unmengen an Mikroplastik im Meer verantwortlich

Weitere Forschung bis zur Marktreife

Produkte aus Polyamid sind häufig mit Weichmachern, Farbstoffen oder anderen Zusätzen versetzt, was sie zu sehr komplexen Materialien macht. Will man diese recyclen, sind viele Schritte zur Reinigung und Spaltung notwendig, das ist mühsam und teuer.

Herkömmliche Recyclingmethoden von Polyamid setzen auf starke Säure, die das Material zersetzt. Hierbei bleibt eine Mischung aus einzelnen Molekülen und kurzen Molekülketten übrig, die erst noch aufwendig getrennt werden müssen, was den Prozess unrentabel macht.

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Zwar ist auch das Recycling durch Bakterien noch nicht ausgereift, denn nur etwa 7 Prozent der am Ende übrigen Masse ist verwertbar. Doch die Forscherinnen und Forscher sehen großes Potenzial darin, weil Bakterien auch komplexe Kunststoffe verstoffwechseln können. "P. putida NYLON-ABC" könnte zum Beispiel in Zukunft so verändert werden, dass es auch Polyester und Polyurethan “auffressen” könnte.

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