Motorblock mit Händen von Messebesuchern darauf

Motoren enthalten jede Menge beweglicher Teile, die allesamt viel Reibung erzeugen, was zu Energieverlusten führt

© afp

Science

Wie Reibung und Klimawandel zusammenhängen

Im Kampf gegen die Klimaerwärmung wird viel über Energieerzeugung und effiziente Energieverwendung diskutiert. Wenigen ist dabei bewusst, was für eine große Rolle die Reibung spielt. Ein Fünftel des gesamten Energieverbrauchs weltweit wird für die Überwindung von Reibung aufgewendet, etwa damit sich mechanische Bauteile in Maschinen bewegen können. Hier können laut Wissenschafter*innen signifikante Verbesserungen erzielt werden, um den Energieverbrauch und damit einhergehende CO2-Emissionen zu senken.

Verlustreicher Transport

Tribologie nennt sich das Forschungsgebiet, das sich mit Reibung, Verschleiß und Schmierung beschäftigt. Reibung bedeutet, wie viel Kraft aufgewendet werden muss, um in Kontakt stehende Teile gegeneinander zu verschieben. Eine wichtige Aufgabe der Tribologie ist, Lösungen zu erarbeiten, um Reibungsverluste zu minimieren. Besonders groß sind solche Reibungsverluste im Transportbereich. Sie betragen bei Pkw und Lkw im Schnitt ein Drittel der aufgewendeten Energie.

„Ein Verbrennungsmotor besteht aus einer großen Zahl mechanischer Komponenten, die gegeneinander bewegt werden: Kolben gegen Zylinder, Kurbelwelle gegen Gleitlager, Steuerketten gegen Zahnräder. Alle diese Teilsysteme produzieren Reibungsverluste“, erklärt Nicole Dörr, die wissenschaftliche Leiterin des Tribologie-Kompetenzzentrums AC2T research in Wiener Neustadt.

Laut einer Studie des finnisch-amerikanischen Forscherduos Kenneth Holmberg und Ali Erdemir (als PDF) werden jedes Jahr 200 Milliarden Liter Benzin und Diesel für die Überwindung der Reibung in Autoantrieben verbrannt. Mit neuen Technologien sei es langfristig möglich, die Reibungsverluste um die Hälfte und mehr zu reduzieren. Dadurch könnten 960 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr vermieden werden.

Forscher im Tribologie-Kompetenzzentrum AC2T

Im Kompetenzzentrum AC2T wird an der Veränderung der Reibung zwischen Objekten geforscht

Gleitende Oberflächen

Geforscht wird etwa an neuen Geometriedesigns für Maschinenteile, die günstigere Kontaktsituationen ergeben, meint Dörr. „Außerdem werden neue Werkstoffe entwickelt und Strukturierungen auf den Oberflächen. Dabei kommen auch Nanotechnologien zum Tragen.“ Großes Potenzial wird u.a. Graphen zugeschrieben (siehe unten).

Ein großes Forschungsgebiet seien freilich auch Schmierstoffe. Bei der Zusammensetzung von Schmierstoffen, der "Schmierstoffformulierung", wird auf die Viskosität, also die Zähigkeit, als auch Chemie der Additive geachtet. Für weniger Reibung reduziert man die Viskosität tendenziell. Sie darf aber nicht zu gering werden, sonst sinkt die Tragfähigkeit, was wiederum Verschleiß fördern würde. Es gilt also, eine gewisse Balance zu wahren.

Dörr: „Bei bestimmten Anwendungen ist eine gewisse Mindestreibung erforderlich. Deshalb geht es nicht immer um Reibungsreduktion, sondern generell um Reibungskontrolle.“ In einer Kupplung sei es etwa schlecht, durch ein ungeeignetes Schmieröl die Reibung allzu sehr zu reduzieren.

Tribometer im Labor des Forschungszentrums AC2T

Zweischeiben-Tribometer: Die zwischen den beiden rotierenden Scheiben auftretende Reibkraft wird gemessen

"Superlubricity" oder Antriebswechsel

Derzeit wird intensiv an der "Superlubricity" (quasi "Superschmierfähigkeit") geforscht, da mit deutlich reduzierter Reibung auch der Energieverbrauch erheblich gesenkt wird. Abgesehen von der Energieeinsparung kann es auch an anderer Stelle zu Einsparungen kommen. Verringert sich etwa durch bessere Gleitfähigkeit die Abnutzung der Bauteile, wird eine längere Einsatzdauer bzw. ein geringerer Wartungsaufwand erzielt.

Um den hohen Energieaufwand im Transportbereich in den Griff zu bekommen, wäre eine Abkehr von Verbrennungsmotoren mit fossilen Kraftstoffen notwendig. „Ein Elektromotor weist wesentlich weniger bewegte Teile auf“, meint Dörr. Während mit konventionellen Antrieben 21,5 Prozent der Energie im Kraftstoff in Bewegung umgewandelt wird, seien es bei Elektroantrieben 77 Prozent, rechnen Holmberg und Erdemir vor.

Reibung im Haushalt

Energieverluste durch Reibung gibt es auch in anderen Bereichen. In der Industrie und Energieerzeugung liegen sie bei etwa 20 Prozent, im Haushaltsbereich bei rund 10 Prozent. Wo gibt es Reibung im Haushalt? „Überall, wo es bewegte Systeme gibt“, sagt Dörr. Etwa in Küchengeräten, Waschmaschinen oder Kühlschränken.

Bei diesen Anwendungen liege das Hauptaugenmerk aber weniger auf Energieeffizienz der mechanischen Komponenten. Hier ist die Betriebszuverlässigkeit entscheidend, die durch geringen Verschleiß erzielt wird. "Eine Pumpe in einem Kühlschrank muss etwa über die gesamte Lebensdauer einwandfrei arbeiten." Grundsätzlich sollte bei Emissionseinsparungen eine Gesamtbetrachtung gemacht werden, die neben der Reibung auch die in anderen Bereichen erzielbaren Energieeinsparungen, beispielsweise durch effizientere thermische Isolierung, sowie die erzielbare Lebensdauer der Produkte einbezieht.

Schmieriger Kohlenstoff

Graphen

Das extrem stabile Material aus einer Schicht Kohlenstoffatome wird von Tribologen intensiv erforscht. Das ebenfalls aus Kohlenstoff bestehende Material Graphit gilt nämlich als guter Schmierstoff. Damit beschichtete Oberflächen gleiten mit wenig Reibungswiderstand aneinander ab.

Diamant

Ebenfalls intensiv erforscht werden diamantartige Beschichtungen. Diamant besteht ebenfalls aus Kohlenstoff und gilt als das härteste Material der Welt. Spezielle Beschichtungen bieten also einen guten Schutz für Bauteile. Werden sie aneinander gerieben, wird ein Teil der Oberfläche zu Graphit.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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