So kannst du mit gutem Gewissen kühlen
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Die globale Erwärmung hinterlässt längst auch bei uns ihre Spuren. Wiederholte Hitzewellen mit Höchsttemperaturen von 40 Grad sind in Europa keine Seltenheit mehr. Besonders für Stadtbewohner kann der Sommer unerträglich werden. Manche versuchen sich mit Pflanzen, verdunkelten Zimmern oder feuchten, in der Wohnung verteilten Leintüchern zu behelfen, um die Innentemperaturen erträglicher zu gestalten. Wirklich effizient sind diese Lösungen aber in den wenigsten Fällen. Ein häufiger Ausweg: Klimaanlagen.
Der Trend ist unübersehbar. Jährlich werden bereits über 50 Millionen Geräte installiert, wie das Fraunhofer Institut ermittelt hat – Tendenz steigend. Gleichzeitig schaden die Kühlsysteme aber der Umwelt und treiben den Klimawandel noch weiter voran. Ein Teufelskreis.
Schädliche Kühlmittel
Die Auswahl ist groß: Mobile Klimaanlagen, sogenannte „Monoblock“-Geräte, verbrauchen mit einer Kühlleistung von 2500 Watt rund 500 kWh an Strom. Die jährlichen Zusatzkosten betragen rund 125 Euro.
„Splitgeräte“ weisen eine ähnliche Kühlleistung mit 275 verbrauchten kWh auf. Kostenpunkt: 69 Euro. Aus Umweltsicht sind diese besser. Aber: Schläuche durch offene Fenster ermöglichen das Eindringen von heißer Luft von außen.
Das größte Problem ist, dass Klimaanlagen Kühlmittel brauchen. Die helfen, Wärme aus dem zu kühlenden Raum abzutransportieren. Früher wurden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) eingesetzt, aufgrund des Ozonlochs jedoch wieder verboten und durch fluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) ersetzt. Entweichen letztere in die Atmosphäre, verursachen sie aber einen wesentlichen Treibhauseffekt. Einige Kältemittel – etwa Ammoniak – sind sogar gesundheitsgefährdend.
Keine Kältemittel
Forscher sind daher seit längerem auf der Suche nach umweltfreundlichen Lösungen. So auch das Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg. Hier werden neuartige kältemittelfreie Kühlsysteme erprobt. Sie basieren auf sogenannten magnetokalorischen (MK), also magnetisierbaren Materalien. „Das sind Festkörper aus metallischen Verbindungen, bestehend aus Lanthan, Eisen und Silizium“, erklärt Kilian Bartholomé vom Fraunhofer Institut.
Bei Einwirkung eines magnetischen Felds werden sie warm – wird das Magnetfeld wieder entfernt, kühlen sie unter Raumtemperatur wieder ab.
Diese Kältetechnik eröffnet innovative Möglichkeiten für besonders klima- und umweltschonende Kühlsysteme. Diese sind wartungsarm, klein und leicht und somit auch für den mobilen Einsatz geeignet. „Je nachdem, wie man das System auslegt, kann alles Mögliche damit gekühlt werden“, sagt Bartholomé und erklärt weiter: „Unser Ziel ist es, noch effizienter als heutige Klimasysteme zu werden.“ Die besten Wärmepumpen und Kühlsysteme schaffen einen Wirkungsgrad zwischen 40 und 60 Prozent. Das Forschungsteam vom Fraunhofer Institut will diesen mit dem neuartigen System um 20 bis 30 Prozent erhöhen.
Noch in Testphase
Die klimafreundliche Alternative steckt laut Bartholomé noch in den Kinderschuhen. Derzeit arbeitet er und sein Team an Demonstratoren, die Ende dieses Jahres fertiggestellt sein dürften. Bis das innovative Kühlsystem jedoch marktreif ist, könne es noch ein paar Jahre dauern. „Ziel ist jedenfalls, nicht teurer als heutige Klimaanlagen zu werden, was eine große Herausforderung darstellt“, so der Experte. Der Schlüssel zu kostengünstigen Geräten sei demnach die Systemfrequenz. Mit jedem durchlaufenen Zyklus wird eine gewisse Menge an Wärme transportiert. „Je schneller ich diese Zyklusfrequenz fahren kann, desto mehr Wärme kann ich transportieren und umso günstiger kann ich werden."
Hitze und Kohlendioxid: Alternativen zu Kühlmittel
Seit 2019 sind die Industrieländer verpflichtet, umweltfreundlichere Kühlmittel einzusetzen. Eine Alternative bietet ausgerechnet Kohlendioxid (CO2), da es im Kühlbereich weniger schädlich als bestehende fluorierte Verbindungen ist.Die heimische Firma Kiepe Electric, die zu Knorr-Bremse gehört, stellt Klimaanlagen mit her – speziell für Schienenfahrzeuge, etwa die U6 in Wien. „Für solch ein Kühlsystem wird reines Kohlendioxid ohne Beistoffe wie ein traditionelles Kältemittel verwendet“, erklärt Matthias Haigis von Kiepe Electric.
Kohlendioxid habe aber andere thermodynamische Eigenschaften – im Speziellen den hohen Druck. „Der beträgt bis zu 120 statt normalerweise 20 bar“, sagt er. Die Effizienz gleiche einem herkömmlichen Kältemittel. Im Tiefkühlbereich, beispielsweise in Supermärkten und in der Gebäudetechnik seien Kühlsysteme mit als Kältemittel bereits erfolgreich im Einsatz. Auch in der Bahnindustrie wachse das Interesse stetig.
Kalt durch Hitze
Kühlen funktioniert aber auch mit Hitze. Ein Forscherteam von IBM, der ETH Zürich, dem Paul-Scherrer-Institut (PSI) und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) will mit Abwärme Kälte erzeugen. In der Kühlzone der Anlage verdunstet Wasser – die Umgebung wird kalt. Der Dampf wird in der warmen Zone von einem Absorbermaterial aufgefangen. Hitze von außen trocknet den Dampf, es kommt erneut zur Kühlung.
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