Chef Watson kocht: Ente auf Papaya
Chef Watson kocht: Ente auf Papaya
© Barbara Wimmer

Kochen

Supercomputer Watson kocht schräge Rezepte

Frittierten Fisch auf Drachenfrucht und dazu hausgemachte Pommes mit einer Chili-Limetten-Sauce zu servieren oder Tiramisu mit Blauschimmelkäse zu ergänzen: Auf diese Ideen kommt wohl kein Mensch, mag sich an dieser Stelle manch einer denken – und recht behalten. Die Rezepte stammen von keinem Menschen, sondern wurden vielmehr von einem Computersytem generiert: Chef Watson, dem Meister des kognitiven Kochens.

Watson ist ein besonders schlaues Computersystem in der Cloud, das vom Technologiekonzern IBM entwickelt wurde. Vor vier Jahren sorgte Watson - damals noch als riesengroße Maschine - erstmals für Aufsehen, als sie zwei menschliche Kandidaten bei der US-Quizshow „Jeopardy“ schlug. Seither beschäftigte sich Watson mit dem Studium von Medizin, Finanzen, Verkauf, Verkehr – und parallel dazu lernte das Computerprogramm kochen. Watson ist mittlerweile auch auf die Größe von zwei übereinandergestapelten Pizzakartons geschrumpft, das meiste passiert in der Cloud.

Koch-Experimente

Vor rund eineinhalb Jahren wurden auf einer Messe in Texas (USA) erstmals die verrückt anmutenden Speisen, die Chef Watson ausspuckte, gekocht und serviert. „Zuerst waren die Leute skeptisch, aber dann haben sie die Speisen probiert, und es hat geschmeckt“, erzählt Maria Soimu, Wissenschaftlerin beim Besuch der futurezone am IBM Research THINKLab in der Schweiz.

Watson wurde mit Zehntausenden Rezepten von angesehenen Chefkochs des Gourmet-Magazins Bon Appétit gefüttert, bevor er sich selbst ans Werk machte und Zutaten miteinander zu kombinieren begann, die für Menschen auf den ersten Blick ungewöhnlich wirken, aber geschmacklich gut zusammenpassen. Wie zum Beispiel Schokoladen-Pudding mit Bier und Karamell-Sauce.

Mehr Kombinationen

„Menschen sind zwar kreativ und haben Intuition, aber ihre Kombinationsfähigkeiten sind limitiert“, sagt Soimu. „Natürlich weiß Watson, was Menschen schmeckt. Aber er kennt auch die chemische Zusammensetzung der einzelnen Zutaten und Gewürze und nutzt diese Informationen für neue, kreative Rezepte“, erklärt die Forscherin.

Auch der österreichische Star-Koch Toni Mörwald ließ sich bereits auf das Experiment mit Watson ein und kochte dieses Jahr im April bei einem einmaligen Event die Vorschläge des intelligenten Computers. An diesem Abend gab es afrikanisches Blauschimmelkäse-Tiramisu und Gnocchi-Curry-Gänseleber-Minestrone. Die Verkoster waren vom Essen ebenso begeistert wie die ersten Tester (und die futurezone-Redakteurin, die die Speisen im Research Center im Schweizer Rüschlikon probieren konnte).

Online-Rezepte für alle

IBM macht die Rezepte von Chef Watson daher jetzt auch online zugänglich. Über die kostenlose Webseite ibmchefwatson.com können Internet-Nutzer Rezepte von Watson generieren lassen und sie im Anschluss selbst ausprobieren. Nach einer Anmeldung mit dem Facebook- oder IBM-Konto können Nutzer Watson bis zu vier Zutaten vorschlagen, aus denen er dann einen Menüvorschlag generiert. Lebensmittelunverträglichkeiten werden dabei ebenfalls berücksichtigt wie die Art des Gerichts. 30.000 Rezepte hat Watson bereits ausgespuckt. Er lernt mit jeder Eingabe hinzu.

Laut Soimu eignet sich Watson auch gut dazu, Essenreste zu verwerten. "Man kann einfach die vier Zutaten eingeben, die man noch im Kühlschrank hat und Watson spuckt ein passendes Rezept aus", so die IBM-Foscherin. Sie kann sich auch vorstellen, dass Watson künftig auf die Befürfnisse der Nutzer invididuell eingehen wird. "Wenn man gerade von einer Radtour zurückkommt und viele Mineralien verloren hat, kann das Computersystem Gerichte empfehlen, die einem gut tun", so die Vision der Forscherin.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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