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© David Kotrba

Science

Testfahrt im selbstfahrenden Auto von Virtual Vehicle

Das Grazer Forschungsinstitut Virtual Vehicle hat der futurezone bereits im Oktober 2016 seinen "Automated Drive Demonstrator" gezeigt. Dabei handelt es sich um einen umgebauten Ford Mondeo Hybrid, der als Testplattform für Technologien rund um das autonome Fahren dient. In der Zwischenzeit hat sich das Fahrzeug stark weiterentwickelt. Virtual Vehicle hat außerdem einen zweiten AD-Demonstrator in Betrieb genommen. Im Rahmen der Fachkonferenz Transport Research Arena in Wien konnte man die Fähigkeiten des Fahrzeugs bei einer Testfahrt ausprobieren.

Rasanter Start

Auf einem leeren Parkplatz im Freudenauer Hafen in Wien wurde zu diesem Zweck ein Parkour aus Hütchen errichtet. Außerdem wird dem Fahrzeug eine kleine Überraschung in Form einer Fußgänger-Puppe geboten. Wer sich auf den Beifahrersitz setzt, erlebt möglicherweise ebenfalls eine Überraschung. Der autonome Ford Mondeo setzt sich nämlich nicht vorsichtig in Gang, sondern startet voller Selbstbewusstsein in den Parkour. Zunächst geht es im Slalom durch Hütchen-Tore, dann wird auf einer Gerade fest beschleunigt.

Fußgängern ausweichen

Bei diesem Part der Testfahrt handelt es sich um ein statisches Programm. Das Auto folgt dabei einer Route, die ein menschlicher Fahrer zunächst vorgegeben hat. Außerdem gibt es während der Testfahrt einen dynamischen Teil, in dem das Auto selbstständig auf Hindernisse reagieren muss. Hier kommt das Prinzip "Sense, Plan, Act" voll zur Geltung. Das Fahrzeug muss seine Umgebung mit zahlreichen Sensoren (u.a. mehrere Kameras, ein Lidar am Dach, ein Long-Range-Radar, hochpräzises GPS, Ultraschallsensoren etc.) abtasten, sich einen Fahrplan zurechtlegen und diesen durch motorische Ansteuerung von Lenkung, Motor und Getriebe ausführen.

Während der futurezone-Testfahrt wurde dem Auto ausnahmsweise ein besonders dynamisches Hindernis auf der Strecke geboten. Neben der Fußgänger-Puppe tauchte nämlich auch noch ein Kameramann im Fahrweg des Roboterautos auf. Das Auto erkannte Puppe und Mann korrekt als Hindernisse und wich ihnen aus.

Technik im Kofferraum

Das Hirn des autonomen Testfahrzeugs befindet sich im Kofferraum. Neben einem speziellen NVIDIA-Rechner für selbstfahrende Autos sind dort elektronische Bauteile für GPS, WLAN sowie zahlreiche freie Anschlüsse vorhanden. Sie dienen der Verbindung mit Hardware, die in dem Fahrzeug getestet wird. Als Betriebssystem kommt Linux zum Einsatz. Die Stromversorgung wird vom normalen Bordakku übernommen, der aufgrund der Hybrid-Version des Ford Mondeo etwas mehr Kapazität als herkömmliche Autobatterien aufweist.

"Dream Car"

Wie Virtual Vehicle nach der Testfahrt erzählt, wird das Grazer Forschungsinstitut in diesem Jahr noch seinen dritten AD-Demonstrator in Betrieb nehmen. Mit der kleinen Fahrzeugflotte können nicht nur Hard- und Software in den einzelnen Autos getestet werden, sondern auch die Kommunikation zwischen den Gefährten. Gemeinsam mit dem deutschen Antriebstechnikspezialisten ZF Friedrichshafen plant Virtual Vehicle außerdem ein "Dream Car" - ein autonomes Fahrzeug, das im Stillstand "träumt", dh. verschiedenste Fahrsituationen virtuell durchspielt.

Testumgebung

Testfahrten werden 2017 im ALP.Lab durchgeführt, der steirischen Testregion für autonomes Fahren. Zur Sicherheit befindet sich immer ein Fahrer an Bord, der in Notfällen eingreifen kann. Mit etwas Neid blickt Virtual Vehicle in die USA, wo in bestimmten Gebieten bereits Testfahrten ohne Fahrer an Bord durchgeführt werden können. In Österreich und Deutschland ist dagegen großer bürokratischer Aufwand notwendig, um Tests (auch mit Fahrer an Bord) durchzuführen. Die Weiterentwicklung von automatisierten Fahrfunktionen werde dadurch stark eingebremst, meint Virtual Vehicle.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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