© ÖAW/Harald Ritsch

Science

Theorie erklärt Verteilung der Dunklen Materie

Die Beschaffenheit der Dunklen Materie ist unklar, ziemlich sicher sind es Teilchen. Diese können wie Billardkugeln voneinander abprallen, wenn sie mit einer bestimmten Geschwindigkeit aufeinandertreffen, so ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal "Physical Review Letters". Mit dieser Theorie kann man plausibel die beobachtete Bewegung von Sternen in Galaxien erklären.

Die Dunkle Materie gehört zu den größten Rätseln der modernen Physik. Sie soll rund 80 Prozent der gesamten Masse im Universum ausmachen, ist aber nicht sichtbar und wurde noch nie direkt beobachtet. Klar ist, dass es sich jedenfalls um Masse handelt, bemerkbar macht sie sich bisher nur anhand ihrer Gravitationswirkung - und diese Wirkung kann man etwa an der Bewegung von Sternen in Galaxien beobachten. So würden beispielsweise ohne die zusätzliche Schwerkraft der Dunklen Materie viele Galaxien durch die Fliehkraft auseinandergerissen werden, denn sie drehen sich viel zu schnell.

Wenn die Dunkle Materie aber nur durch Gravitation wirken kann, müsste ihre Dichte im Zentrum von Galaxien sehr groß sein. Bei größeren Systemen wie Galaxienhaufen trifft das auch zu, wie man aus dem Verhalten der sichtbaren Materie schließen kann. In den Zentren kleiner, lichtschwacher Galaxien scheint die Dunkle Materie dagegen nicht so dicht gepackt zu sein. Das Dichteprofil von Zwerggalaxien lässt sich erklären, wenn die Dunkle Materie mit sich selbst interagieren kann - so wie Billardkugeln, die aneinanderstoßen und sich nach den Kollisionen gleichmäßig verteilen. Bei größeren Galaxienhaufen ergeben sich bei einem solchen Verhalten allerdings abweichende Resultate.

Österreich denkt mit

Für die Wissenschafter stellte sich die Frage, warum sich Dunkle Materie in Zwerggalaxien und Galaxienhaufen unterschiedlich verhalten sollte. Der Physiker Xiaoyong Chu vom Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat nun mit Kollegen aus Japan und Deutschland mit einer neuen Theorie diese Frage beantwortet .

Nur wenn sich die Teilchen der Dunklen Materie mit einer bestimmten Energie (Geschwindigkeit) bewegen - die Wissenschafter sprechen von "Resonanz", können sie auch häufig kollidieren. In den Zwerggalaxien bewegen sich die Teilchen aufgrund der Gravitationskräfte generell langsamer als in großen Galaxienhaufen. Die Wahrscheinlichkeit, die richtige Geschwindigkeit für Kollisionen zu haben, ist in den Zwerggalaxien wesentlich größer als in großen Systemen, wo die meisten Teilchen mit größerer Energie unterwegs sind.

Die Wissenschafter gehen davon aus, dass dies eine mögliche Erklärung für das Rätsel ist und hoffen, dass sie das Verständnis von Dunkler Materie erweitert. Sie waren von der Genauigkeit ihres Lösungsansatzes überrascht, zumal ihr Konzept die Daten aus Beobachtungen vollständig erklären kann. Eine weitere Überprüfung ihrer Theorie erwarten sie mithilfe des Instruments "Prime Focus Spectrograph", das derzeit am japanischen Subaru-Teleskop auf dem Mauna-Kea-Observatorium (Hawaii) integriert wird und ab 2022 die Geschwindigkeiten von Tausenden von Sternen in Zwerggalaxien messen soll.

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