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Medizintechnik

Ultraschall befeuert Gebärmutter-Myome

Im Wiener Spital der Barmherzigen Brüder kommt erstmals ein Gerät zum Einsatz, das die Behandlung von Myomen revolutioniert. Myome sind gutartige Tumore in der Gebärmuttermuskulatur, die allerdings zu Problemen führen können. Wenn sie zu groß werden, können sie starke Blutungen auslösen, einen ständigen Harndrang oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Um die Beschwerden zu beseitigen, wird oftmals die gesamte Gebärmutter entfernt - bei Kinderwunsch klarerweise keine wünschenswerte Option. Operative Entfernungsmethoden ziehen mehrtägige stationäre Krankenhausaufenthalte, eventuell eingeschränkte Gebärfähigkeit und Schmerztherapien nach sich.

Seit einigen Jahren gibt es dazu jedoch eine Alternative. Sie nennt sich MR-HIFU Therapie und ist nicht invasiv, das heißt die Haut wird nicht verletzt. Die Behandlung kann ambulant durchgeführt werden und ist mit wesentlich weniger Schmerzen verbunden, als alle anderen Myomentfernungsmethoden. Die Gebärfähigkeit bleibt in den meisten Fällen erhalten.

"Völlig anders als alles andere"

MR-HIFU steht für Magnetic Resonance guided High intensity Focus Ultrasound. Während ein Myom-Gewächs mittels Magnetresonanztomographie (MRT) genau fixiert wird, bündelt ein Ultraschallgerät einen fokussierten Strahl auf den Knoten - ähnlich wie ein Lichtstrahl durch eine Lupe gebündelt wird. Am Fokus dieses Strahls wird das Gewebe auf ca. 60 Grad erhitzt, was ausreicht, um die Durchblutung des Myoms zu stoppen. Das Gewächs stirbt ab, das Immunsystem entfernt die Überreste.

"Diese Therapieform ist völlig anders als alles andere", meint Radiologe Siegfried Thurnher. Er arbeitet am Ordensspital der Barmherzigen Brüder im zweiten Wiener Gemeindebezirk, wo MR-HIFU erstmals in Österreich eingesetzt wird. Seit Mai 2012 wird die Behandlung durchgeführt. Viele Patientinnen wählen die neue Methode aufgrund ihrer Vorteile bewusst. "Die alte Methode `Schneiden und raus` wird immer mehr hinterfragt, so Thurnher.

Zielgruppe 30- bis 50-Jährige
Von Myomen betroffen sind Frauen hauptsächlich zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Besonders unter dem 35. Lebensjahr ist eine Gebärmutterentfernung ein Eingriff, den es wenn möglich zu vermeiden gilt. Die MR-HIFU Methode kann heutzutage eine 90-prozentige Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Entfernung der Symptome aufweisen. In nur 13 Prozent aller Fälle ist nach einer Behandlung die Anwendung einer weiteren, invasiven, Methode notwendig.

Bei den Barmherzigen Brüdern wird die MR-HIFU-Behandlung mit einem neuen Gerät von Philips durchgeführt. Die MR-Röhre ist größer als bei üblichen Geräten, um das Beengtheitsgefühl zu reduzieren. Der Ultraschall-Teil befindet sich in einer speziellen Liege für die Patientin. Während der Behandlung liegt die Patientin auf dem Bauch. Der Bauch liegt auf einem Gelkissen, darunter liegt der Ultraschallkopf. Zwischen Patientin und Gerät darf es keine Lufteinschlüsse geben, da diese zu Reflexionen des Ultraschallbündels führen.

So komfortabel wie möglich

Bevor es zur eigentlichen Behandlung kommt, wird das Gerät auf die Patientin eingestellt, was bis zu einer Stunde dauern kann. Danach werden die Myome im Inneren des Körpers erhitzt, wobei es in den Randregionen des Tumors zu einem leichten Schmerzempfinden kommen kann. Werden die Schmerzen für die Patientin zu stark, kann sie die Ultraschallbefeuerung selbstständig stoppen. "Die Patienten haben immer die Kontrolle", sagt Siegfried Thurnher.

Während der teilweise langen Liegezeit sorgen eigene Farblichtthemen für relativen Komfort in der MRT-Röhre. Viele Patientinnen bringen eigene Musik zur Behandlung mit, die sie mit speziellen Kopfhörern anhören können. Speziell sind die Kopfhörer deshalb, weil sie antimagnetisch sind, genauso wie alle anderen Materialien in der Nähe des MRT. Was mit magnetischen Gegenständen passiert, die solch einem Gerät zu nahe kommen, sieht man in zahlreichen YouTube-Videos, wie etwa diesem hier.

Potential im Kopf
MR-HIFU wurde bereits im Jahr 2004 in den USA von den Gesundheitsbehörden als Alternative zur Operation zugelassen. Seitdem wird die Methode intensiv weiterentwickelt. Unter anderem wird zur Zeit an einer Ultraschalltherapie bei Hirnerkrankungen experimentiert. Der fokussierte Ultraschall könnte etwa zur Behandlung der Parkinson-Krankheit eingesetzt werden. Das Potential der Anwendungen ist so groß, dass MR-HIFU 2011 in die Liste der 50 besten Erfindungen des Time Magazine aufgenommen wurde. Philips gilt mit seinen Geräten als einer der Vorreiter bei der MR-HIFU-Hardware-Entwicklung. Bei den Barmherzigen Brüdern in Wien will der Konzern ein europäisches Kompetenzzentrum für Myombehandlung aufbauen.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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