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Energie

US-Wahlkampf: Der Markt wird’s schon richten

Am Tag vor den republikanischen Vorwahlen in Florida bleibt kaum Zeit zum Durchatmen. Mitt Romney und Newt Gingrich, die beiden aussichtsreichsten Kandidaten, durchkreuzen mit Bus und Flugzeug den Bundesstaat, machen sich abwechselnd bei christlichen Gemeinden, Industrieunternehmen und Seniorengruppen lieb Kind und patzen sich gegenseitig, vor allem aber Präsident Obama an. Die härteren Bandagen sind auf Fernsehspots ausgelagert, mit denen das TV-Programm im Sunshine State seit Wochen gespickt ist. Wer Florida und seine 29 Wahlmänner gewinnt, ist der Nominierung einen wichtigen Schritt näher.

Geknickte USA
Nach den beharrlich schlechten Wirtschaftsaussichten, dominieren Wirtschaftsthemen den Wahlkampf. Zweieinhalb Jahre mit Arbeitslosenraten um zehn Prozent haben ihre Spuren hinterlassen. Noch mehr Amerikaner sind unterbeschäftigt und leben trotz Jobs von der Hand in den Mund. Forschung und Technologie rangierten zumindest zu Beginn der Debatten noch unter ferner liefen, auch, weil die Obama-Regierung mit Investitionen in diese Bereiche den Jobmarkt anheizen wollte und die Rechnung, so die Sicht der Republikaner, nicht aufging. Noch wichtiger ist die demonstrative Distanzierung zu allem, was nach Obama aussieht - ob eine Maßnahme nachweislich funktioniert oder nicht, scheint unerheblich.

Mitt Romney: Grüne Jobs sind Wachstumskiller
Das gesamte Kandidatenfeld befürwortet die Forschung rund um adulte Stammzellen, mit seinem Ja zu embryonaler Stammzellenforschung steht Romney alleine auf weiter Flur. Ob er dabei bleibt, gilt es abzuwarten. 2005 sprach er sich dafür aus, überzählige Embryonen von künstlichen Befruchtungen für die Forschung zu verwenden, allerdings nicht auf Kosten der Steuerzahler.

Wichtiger ist es Romneys Team, ihn als Mann der Wirtschaft in Szene zu setzen, der Amerika auf Vordermann bringen kann. Laut Wahlprogramm würde er Projekte, die kurzfristig Jobs schaffen, längerfristigen vorziehen. Romney kritisiert zahlreiche Maßnahmen aus Obamas Alternativenergieinitiative als übereilt, das gesamte Paket als überladen. Der Rechenfehler liegt für ihn auf der Hand: die Alternativenergiebranche sei nicht arbeits-, sondern kapitalintensiv. Investitionen in diesen vergleichsweise kleinen Bereich hätten daher zu wenig Hebelkraft für die Schaffung neuer Jobs. Als Beispiel wird Spanien genannt, das mit jedem neuen „grünen“ Job 2,2 herkömmliche Arbeitsstellen zerstört hätte.

Dass die Obama-Regierung tief in die Tasche greift, um Regierungsgebäude energieeffizienter zu machen oder Käufern von Elektroautos Steuernachlasse erteilt, sei für den Jobmarkt ebenso irrelevant. Das Vorhaben, sämtliche Krankendaten zu digitalisieren, wird mit der Finanzierung eines Krötenwanderungsprojekts in Florida verglichen: beides sei hinausgeworfenes Geld. Ebenso out: Emissionshandel (Kostenbelastung für den kleinen Mann und die Industrie); Wind- und Solarenergie („nicht konkurrenzfähig“).

Newt Gingrich: Fixe Mondbasis bis 2020
Die größte Kompetenz unter den Kandidaten in Sachen Wissenschaft wird Gingrich zugeschrieben, der sich unter anderem für Raumfahrt begeistert. Bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit wünscht sich Gingrich eine fixe Mondbasis und bemannte Marsmissionen. Umgesetzt soll das vor allem mit Investitionen privater Unternehmen werden, die über stattliche dotierte Preise auf den Geschmack kommen sollen. Zehn Prozent des NASA-Budgets will Gingrich dafür abstellen.

In seinem „21st Century Contract with America“ schlägt Gingrich vor, die neurologische Forschung zu verstärken, um so auf lange Sicht Geld zu sparen. Alzheimerpatienten alleine würden dem Staat bis 2050 20 Billionen Dollar kosten. Embryonale Stammzellenforschung soll dabei nicht zum Einsatz kommen. Die will Gingrich, wie er bei einer Pressekonferenz am Sonntag verkündete, überhaupt verbieten.

Dass amerikanische Schülern besser in Mathematik und Naturwissenschaften abschneiden müssen, ist bei Gingrich Teil seines nationalen Sicherheitsprogramms. Auf diese Weise will er sicherstellen, dass das US-Militär „immer die modernsten und stärksten Waffen der Welt“ habe.

Ron Paul: Garaus für fünf Ministerien
Für den Libertaristen Paul ist ein aufgeblähter Verwaltungsapparat an der aktuellen Misere Schuld. Sollte es Paul ins Weiße Haus schaffen, dürfte kein Stein auf dem anderen bleiben. So will er bereits im ersten Jahr seiner Präsidentschaft die Staatsausgaben um eine Billion Dollar kürzen, bis zum dritten Jahr soll der Haushalt ausgeglichen sein. Dazu müssen fünf Ministerien und die Transportation Security Administration daran glauben, die Beamtenschaft wird um insgesamt zehn Prozent reduziert.

Die Folgen wären nicht zuletzt für die Wissenschaft dramatisch. Das Energieministerium verwaltet beispielsweise einen Forschungstopf von fünf Mrd., die Wetter- und Ozeanografiebehörde von viereinhalb Mrd. Dollar. Scharfe Einschnitte plant Paul auch bei den National Institutes of Health, die einen Großteil der Medizinforschung in den USA finanzieren und Krankenhäuser betreiben. Das Landwirtschaftsministerium soll zwar bestehen bleiben, seine Forschungsausgaben aber ebenso fallen.

Rick Santorum: Erderwärmung ist Humbug
Nach seinem Sieg beim Caucus in Iowa, hat Rick Santorum, dessen Kampagne Familienwerte in den Vordergrund stellt, vor allem die Zustimmung christlicher Gruppen. In Vergangenheit befürwortete er Intelligent Design als wissenschaftliche Theorie, die in der Schule unterrichtet werden sollte. In jüngerer Zeit distanzierte sich Santorum wieder davon davon. Klimawandel bezeichnet er weiterhin als Humbug.

Wie auch Gingrich will sich Santorum beim Thema Innovation, etwa im Bereich Alternativenergie, auf den privaten Sektor verlassen. Ein Sparprogramm, mit dem er an die fünf Billionen Dollar an Staatsausgaben innerhalb von fünf Jahren loswerden will, sieht die Abschaffung sämtlicher Energiesubventionen vor. Tenor: Nicht die Regierung, sondern der Markt soll über Gewinner und Verlierer entscheiden.

Drill, Baby, drill!
Weitgehend einig sind sich die republikanischen Kandidaten über verstärkte Bohrungen nach Erdöl- und Erdgas, um den Bürger an der Zapfsäule zu entlasten und die Abhängigkeit zum Mittleren Osten einzudämmen. Gleichzeitig soll die Industrie nicht mit als kompliziert und wachstumsschädigend beschriebenen Umweltschutzvorschriften belastet werden. Rick Santorum beschreibt dies in seinem Wahlprogramm als eine Rückkehr zu mehr „Vernunft“. Mitt Romney will bei Energiefragen verstärkt in Grundlagenforschung investieren, allerdings keine „Projekte finanzieren, die auch ohne staatliches Geld weitergegangen wären“. Aus Sicht Ron Pauls ist lediglich die vorherrschende Umweltpanikmache Schuld daran, dass Benzin vier Dollar pro Gallone (3,78 Liter) kostet. Newt Gingrich will sich indes nicht festlegen, ob der Mensch Schuld am Klimawandel hat. Wenn er sich für CO2-Beschränkungen ausspricht, sei dies einfach nur „Vorsicht“.

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