Warum Software zur Vorhersage von Verbrechen Blödsinn ist
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Software, mit der die Polizei durch Auswertung von Daten vorhersehen will, wo in Zukunft am ehesten Verbrechen geschehen oder wer diese begehen könnte, sorgt immer wieder für Schlagzeilen. In den USA werden teilweise schon entsprechende Systeme eingesetzt, auch in Österreich gibt es Interesse. Der Mitbergründer des Vienna Centre for Societal Security (VICESSE), Reinhard Kreissl, der sich eingehend mit dem Thema auseinandergesetzt hat, erklärte bei der “Algorithmic Regimes”-Konferenz an der TU Wien, warum er das so genannte “Predicitve Policing” für Blödsinn hält.
“Die Fantasien, die bei vielen Polizeiobrigen vorherrschen, entbehren jeder Grundlage. Hinter Predictive Policing stecken finanzielle Interessen der Systemanbieter. Die langfristigen Effekte dieses Ansatzes sind sehr schwer abschätzbar”, sagt Kreissl. Die Annahme, dass jeder Opfer von Verbrechen werden kann, und das oft verwendete Bild des bedrohlichen Monsters, egal ob es sich um Mörder oder IS-Terroristen handelt, führen dazu, dass Überwachung gerechtfertigt werden kann. “Schon in den 70er-Jahren wollte der deutsche Polizeichef Horst Herold Computer nutzen, um durch Datenanalyse die Polizeiarbeit zu stützen. Das war damals technisch aber unmöglich. Heute ist es der Feuchttraum von Polizeichefs”, sagt Kreissl.
Technikgläubigkeit
In Österreich gibt es ebenfalls ein Sicherheitsforschungsprogramm, in dessen Rahmen es einen "Predictive Policing"-Pilotversuch gegeben hat. “Auch hier hat es wilde Fantasien gegeben, was die Fähigkeiten der Software anging”, sagt Kreissl, der in das Projekt involviert war. Auf EU-Ebene gehe es beim Forschungsprogramm hauptsächlich darum, die europäische Sicherheitsindustrie konkurrenzfähiger zu machen.
Keine Kristallkugel
Durch die Verfügbarkeit von Daten und entsprechenden Möglichkeiten, diese zu verwenden, habe sich ein bedrohungsbasiertes, technologieorientiertes und von Geschäftsinteressen getriebenes System gebildet. “Die Forschung und Consulting-Unternehmen bieten der Polizei gerne Hilfe an. Diese nimmt das gerne an, auch wenn die Polizisten, die tatsächlich Dienst versehen, oft skeptisch sind”, erklärt Kreissl. Die Erwartungen sind auch hier meist hoch. “Zu glauben, dass das Ergebnis eine Karte ist, auf der ich Einbrecher finden kann, ist naiv. So funktioniert das nicht. Predictive Policing Software ist keine Kristallkugel”, sagt Kreissl. Die Polizei habe zwar viele Daten, mit denen sie oft nichts anzufangen wisse, aber die Software sei selten die Lösung. “Es gibt ganz weinge gelungene Beispiele. Oft wird behauptet, dass die Verbrechensrate nach Einsetzen der Software gesunken sei. Bei genauerer Betrachtung hat das aber oft andere Gründe”, so der Soziologe. Gute alte Polizeiarbeit sei noch immer das beste Mittel gegen Verbrechen.
Gegenüber der Erfahrung erfahrener Polizisten hat die Software laut Kreissl nämlich keinen zusätzlichen Nutzen. “Die Ergebnisse der Software sind meist so geartet, dass jeder erfahrene Polizist das ohnehin gewusst hätte. In Holland hat ein System etwa nach Datenanalyse entdeckt, dass Einbrüche oft nach Sonnenuntergang passieren. Und dass Licht mit Bewegungsmeldern an Hintertüren helfen könnte. Das weiß auch jeder Polizist”, sagt Kreissl.
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