A Toyota Project Portal hydrogen fuel cell electric semi-truck and a Honda Clarity hydrogen fuel cell vehicle are shown during an event in San Francisco, California

Ein Toyota Project Portal Brennstoffzellen-Lastwagen und ein Honda Clarity: Beide verwenden Wasserstoff als Treibstoff

© REUTERS / STEPHEN LAM

Science

Wie sinnvoll Wasserstoff als Treibstoff ist

Mit dem Dieselskandal hat die große Diskussion rund um den Klimasünder Straßenverkehr zwar nicht begonnen, aber einen Wendepunkt stellte er schon dar. Heute rechnet kein Autohersteller mehr mit einer glorreichen Zukunft für Verbrennungsmotoren. Elektrifizierung lautet das Motto. Im Windschatten von Tesla gelten vollelektrische Fahrzeuge mit leistungsstarken Batterien vielerorts als ideal. Als Alternative tauchen aber immer wieder die Begriffe Wasserstoff und Brennstoffzelle auf.

Beides sind Elektroautos

Wer sich den englischen Begriff dafür genauer ansieht, wird leicht erkennen, dass es sich bei "Fuel Cell Electric Vehicles" (FCEV) um eine Variante von Elektrofahrzeugen (EV) handelt, nicht um etwas gänzlich anderes - obwohl das oftmals suggeriert wird. Die Antriebsleistung wird bei beiden Fahrzeugtypen von einem Elektromotor erledigt. Der Unterschied liegt in der Speicherung der Energie. In FCEV wird Wasserstoff aus speziellen Hochdrucktanks im Fahrzeug in Brennstoffzellen geleitet, wo er mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft reagiert. Heraus kommt Wasser und elektrischer Strom. Der Strom wird in einer Hochvolt-Batterie gepuffert oder direkt an den Elektromotor übertragen. Das Wasser verdampft oder tröpfelt aus dem Auspuff.

An employee of Toyota Motor Corp. works next to the unit of fuel cell stack and hydrogen tanks of a Mirai fuel cell vehicle in Toyota

Brennstoffzellen-Paket und Wasserstoff-Tanks eines Toyota Mirai FCEV

Vor- und Nachteile

In einem groben Vergleich ergeben sich durch dieses Verfahren Vorteile, aber auch Nachteile. Vorausgesetzt man findet eine geeignete Tankstelle (in Österreich gibt es derzeit 5 Stück), läuft das Tanken von Wasserstoff genauso schnell ab wie bei Benzin oder Diesel. Die Speicherung im Fahrzeug erfolgt gasförmig bei 350 oder 700 bar. Die Energiedichte ist höher als jene von Akkus, deshalb kommt man mit Wasserstoff bei gleichem Fahrzeuggewicht weiter.

Der größte Nachteil ist der niedrige Wirkungsgrad für die Bereitstellung von Wasserstoff (Erzeugung, Lagerung, Transport, Betankung), wodurch ein hoher Energieaufwand notwendig ist. Beim Laden von Elektroautos gibt es weniger Energieverluste. Wasserstoff kostet dadurch, gemessen an der Reichweite, ungefähr so viel wie Benzin. Herstellung in größerem Umfang könnte aber künftig die Kosten senken.

In puncto ökologischer Fußabdruck stellt sich bei FCEV genau wie bei allen anderen Elektrofahrzeugen die Frage nach der Herkunft der Energie. Wird Strom aus erneuerbaren Quellen (etwa Solar-, Wind- oder Wasserkraft) eingesetzt, um Wasserstoff per Elektrolyse aus Wasser herzustellen, ist das optimal. Momentan wird Wasserstoff jedoch meist durch Umwandlung von Methan und anderen fossilen Quellen gewonnen, wobei CO2 entsteht. Man spricht dann von grauem Wasserstoff.

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Wasserstoff wird mit speziell abgesicherten Zapfhähnen in Autos getankt

Doch nicht so dumm

Tesla-Gründer Elon Musk hat die Verwendung von Wasserstoff in Fahrzeugen vor einigen Jahren bereits als "extrem dumm" bezeichnet. Seiner Meinung nach zahlt es sich nicht aus, elektrische Energie in die Erzeugung, die Verarbeitung und den Transport von Wasserstoff zu stecken, wenn man Strom auch direkt in Akkus speichern kann. Zahlreiche Experten sehen das jedoch anders. Sie setzen wasserstoffbetriebene Autos in einen größeren Kontext, nämlich in jenen der Energiewende.

"Strom muss man derzeit genau dann verbrauchen, wenn man ihn produziert", erklärt Markus Sartory vom Hydrogen Center Austria, einem Forschungszentrum für Wasserstoff in Graz. "Erneuerbare Energien stehen aber nur zeitlich variabel zur Verfügung. Mit Batterien kann man nur geringe Mengen speichern. Mit Hilfe von Wasserstoff kann man Strom über lange Zeiträume speichern. Man kann dadurch etwa im Sommer erzeugten Strom im Winter verbrauchen."

Ökologischer Fußabdruck

FCEV bieten laut Sartory den Vorteil, dass sie das Stromnetz weniger belasten und emissionsfrei arbeiten. Berechne man den CO2-Ausstoß bei der Herstellung von Batterien mit ein, seien FCEV deutlich "grüner" - selbst wenn sie mit grauem Wasserstoff betrieben werden. Da in Brennstoffzellen Abwärme entsteht, können FCEV im Winter auch ohne zusätzlichen Energieaufwand beheizt werden. Damit ergeben sich bei FCEV keine Einbußen hinsichtlich der Reichweite.

Laut einer neuen Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme lassen sich die Treibhausgasemissionen bei Herstellung, Betrieb und Entsorgung von FCEV mit jenen von batterieelektrischen Fahrzeugen mit einem Akku bis zu 50 kWh bzw. einer Reichweite von rund 250 Kilometer vergleichen. Ist die Akkukapazität höher, wird der ökologische Fußabdruck gegenüber FCEV größer - zumindest wenn man heutige Akkubauweisen betrachtet. Entwicklungen wie Feststoffakkus könnten hier Verbesserungen bringen.

Die Wasserstofftankstelle des Forschungszentrums Hydrogen Center Austria (HyCentA) inmitten des Campus der TU Graz

Nutzfahrzeuge und Autobusse

Sinnvoll sei der Wasserstoffantrieb bei größeren Fahrzeugen, die kaum Standzeiten haben und weite Strecken zurücklegen, etwa Nutzfahrzeuge oder Autobusse. Die Möglichkeit schnell aufzutanken, sei dabei eines der schlagkräftigsten Argumente, meint Gerhard Krachler, der Leiter der Forschungsabteilung bei Magna Steyr. "Bei kleinen Pkw für innerstädtischen Verkehr und geringer Reichweitenanforderung ist ein Batterie-Elektroauto ausreichend und die Vorteile des komplexeren Antriebs mit Brennstoffzelle und Wasserstoff kommen nicht ausreichend zur Geltung."

Transportiert werden könnte Wasserstoff für breite Flächenabdeckung künftig mit Hilfe des Erdgasnetzes. Der Treibstoff könnte in das Netz eingespeist und an bestimmten Punkten mittels spezieller Filter wieder abgezapft werden. Entsprechende Technologien werden erst getestet, es gebe aber vielversprechende Entwicklungen, meint Krachler.

Preisfrage

Im Tiroler Kufstein soll in den kommenden Jahren mit Hilfe der EU eine Anlage des Energieversorgers TIWAG entstehen, in der Strom aus Wasserkraft zur Erzeugung von Wasserstoff und Fernwärme verwendet wird. Mit dem Wasserstoff werden u.a. Brennstoffzellen-Lastwägen betankt, die der deutsche Hersteller MAN in München entwickelt. Das Projekt soll auch die Einspeisung von Wasserstoff in das Gasnetz genauer untersuchen. 2022 soll die Anlage in Betrieb gehen.

"Wenn Wasserstoff für die Mobilität genutzt werden soll, muss es künftig eine deutlich größere Palette an Fahrzeugen geben und die müssen auch erschwinglich sein", ist Ewald Seelos, Leiter der Abteilung Neue Technologien der TIWAG, überzeugt. Derzeit seien auch Elektrolyse-Anlagen zur Wasserstoffherstellung sehr teuer, neue Entwicklungen werden aber zu Preissenkungen führen. Im transitgeplagten Tirol gebe es jedenfalls einen klaren Willen, die Infrastruktur für FCEV auszubauen. Die Zillertalbahn fährt künftig etwa mit Wasserstoff, ebenso die LKWs der Supermarktkette MPreis.

Lagerdenken nicht sinnvoll

Laut Heimo Aichmaier, Geschäftsführer der E-Mobilitäts-Allianz Austrian Mobile Power, sei es nicht sinnvoll, beim Vergleich zwischen Batterie-Elektroautos, Plug-In-Hybriden und FCEV in ein Lagerdenken zu verfallen. Alle Antriebsformen seien wichtig, um den Straßenverkehr sauberer zu machen.

Ähnlich sieht das auch Autohersteller Hyundai, der mit seinen Modellen iX35-FCEV und Nexo Pionierarbeit in Österreich leistet. "Für die kommenden Jahre sehen wir die Koexistenz unterschiedlichster Antriebsformen." Der Anteil alternativer Antriebsformen werde allerdings kontinuierlich steigen. "Es geht hier nicht ums Durchsetzen, sondern darum, welche Antriebsform für welchen Bedarf am besten ist."

Employees of Toyota Motor Corp. work on assembly line in Toyota

Fertigungslinie für das Modell Mirai beim Japanischen Autohersteller Toyota

Wo Wasserstoff besonders gedeiht

Wer in Mitteleuropa ein Brennstoffzellenfahrzeug (FCEV) kaufen will, der muss momentan noch tief in die Tasche greifen. Der Hyundai Nexo kostet laut Listenpreis etwa 65.000 Euro, ähnlich viel legt man für einen Toyota Mirai hin. Die hohen Kosten sind der noch geringen Stückzahl geschuldet. In Österreich sind mit Stand 2018 ganze 24 FCEV unterwegs. Währenddessen ist der Bestand an Batterieelektroautos in den vergangenen Jahren auf nunmehr über 20.000 gestiegen.

Anders sieht die Situation in Japan aus. Der Staat fördert FCEV massiv und bezahlt je nach Wohnbezirk bis zur Hälfte des Anschaffungspreises. Der Ausbau der Infrastruktur wird rasant vorangetrieben. Bis zu den Olympischen Spielen 2020 sollen 160 Wasserstofftankstellen existieren. Die Zuseher des Sport-Events werden mit Wasserstoffbussen transportiert. Japan sieht in dem Treibstoff eine Möglichkeit, sich weniger abhängig von Ölimporten zu machen und seine Klimaziele zu erreichen.

In Europa sind laut Fahrzeughersteller Hyundai die skandinavischen Länder führend bei Wasserstoffinfrastruktur und Nachfrage nach FCEV. Auch Deutschland und Dänemark sind bei Wasserstoff gut im Rennen. In Österreich sei ein Ausbau des Tankstellennetzes (derzeit nur fünf Stück) laut Hyundai wünschenswert.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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