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Wie TU-Studenten einen Raketen-Weltrekord brechen wollen

Am kommenden Wochende wird es für das Space Team, ein Projekt von Studierenden der TU Wien, ernst. Die Rakete "The Hound" wird im US-Bundesstaat Nevada starten und - sofern alles nach Plan läuft - die Grenze zum Weltall in 100 Kilometer Höhe überschreiten. Wir haben Moritz Novak, Vorstandsmitglied des Space Teams, zu dem Projekt befragt.

futurezone: Wann genau ist der Start geplant?
Moritz Novak:
 Es gibt die Möglichkeit am Samstag oder Sonntag zu starten, also am 22. oder 23.9.. Die Entscheidung, welcher Tag für den Rekordversuch ausgewählt wird, wird kurzfristig vor Ort fallen und ist von vielen Faktoren abhängig, wie beispielsweise dem Fortschritt der Vorbereitungen und der Wettersituation.

Wie kam das Space Team zustande?
Das TU Wien Space Team wurde im Jahr 2010 als Zusammenschluss von Studierenden der TU gegründet, angetrieben durch deren gemeinsame Leidenschaft für die Luft- und Raumfahrttechnik.Über die vergangenen Jahre haben insbesondere unsere Raketenprojekte eine bemerkenswerte Weiterentwicklung durchgemacht. Das Projekt „The Hound“ stellt für uns die Möglichkeit dar, unseren großen Erfahrungsschatz in der Umsetzung derartiger Projekte zu konzentrieren, mit dem Ziel den Rekord zu brechen. Wir bauen in fast allen Bereichen des Projekts auf den Erfahrungen und Technologien auf, die wir im Laufe der letzten acht Jahre entwickelt haben, beispielsweise im Bereich der Fertigungstechnik, der Elektronik, beim Bergesystem oder beim Handling der Motoren.

Woher stammen die Teile, alles selbst gebaut oder "von der Stange"?
Der Großteil der Rakete wurde von unserem Team entwickelt und gefertigt, in Zusammenarbeit mit unseren namhaften Partnern und Sponsoren aus der Industrie. Eine Ausnahme stellen die Feststofftriebwerke dar, die bei der Firma Cesaroni eingekauft wurden.  

Wo wurden die Testflüge durchgeführt?
In den vergangenen Jahren wurden einige Testflüge durchgeführt, im Jahr 2018 beispielsweise in Leipzig und Manching (Deutschland). Hauptsächlich aus Gründen der Bürokratie kam es bisher zu keinen Starts von „The Hound“ in Österreich. Es versteht sich von selbst, dass bei derartigen Flügen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen.

Was wird als Treibstoff verwendet?
Es werden kommerzielle Feststoffbooster der Marke Cesaroni verwendet. Es handelt sich um einen APCP-Treibstoff („Ammonium Perchlorate Composite Propellant“), der in seiner Zusammensetzung vergleichbar mit den Feststofftriebwerken des Space Shuttles oder der Ariane Raketen ist. Die genaue Zusammenstellung des Treibstoffs ist uns jedoch nicht bekannt.

Was sind die Zukunftsperspektiven der verwendeten Technik bzw. der Erkenntnisse?
Das Projekt „The Hound“ gibt uns die Möglichkeit Erfahrung mit großen Flughöhen, also höher als zehn Kilometer, und Geschwindigkeiten jenseits der Schallgeschwindigkeit zu sammeln, und ist somit für uns Wegbereiter für zukünftige ambitionierte Projekte. Die Rakete stellt für uns einen logischen Evolutionsschritt und somit eine Zwischenphase dar, zwischen den Experimentalraketen der jüngeren Vergangenheit unseres Teams, die auf einige wenige Kilometer Höhe flogen, angetrieben von kommerziellen Feststofftriebwerken, und deren Entwicklung wir mittlerweile perfektioniert haben, und den zukünftigen high-altitude Raketenprojekten des TU Wien Space Teams. Aktuell arbeiten wir beispielsweise an einer deutlich größeren und schwereren Rakete, die angetrieben von einem selbstentwickelten Flüssigtriebwerk die 100km-Karman-Linie erreichen soll. Genau für solche zukünftigen Vorzeigeprojekte ist die Erfahrung, die wir jetzt gerade sammeln, unabdingbar.

Könnten mit der Rakete künftig auch Satelliten ins All geschossen werden?
Um Satelliten in einen Orbit um unseren Planeten zu transportieren ist weit mehr notwendig, als „nur“ das Weltall zu erreichen. Aktuell ist unsere Rakete nicht dazu im Stande die Geschwindigkeiten zu erreichen, die notwendig sind um einen Satelliten in einen stabilen LEO („low earth orbit“) zu befördern.

Was bedeutet ein erfolgreicher Test im Hinblick auf Österreich als Raumfahrtland?
Natürlich würden wir als erstes Studententeam, das mit einer selbstgebauten Rakete das All erreicht, international für Aufsehen sorgen. Wer an Luft- und Raumfahrt denkt, der denkt heute wohl kaum zuerst an das Land Österreich – das wollen wir ändern. Auch als kleines Land können wir einen Beitrag zu den faszinierenden Entwicklungen dieser Branche leisten, und wir haben hierfür mit der ESA („European Space Agency“) auch einen starken Partner an der Seite.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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