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Science

Wie wir die zweite Welle verhindern können

Nachdem die Verbreitung des neuartigen Coronavirus in Österreich zuletzt stark zurückgegangen ist, geben sich Politik und Bevölkerung erleichtert. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigte sich zuletzt "sehr optimistisch, dass es in Österreich zu keiner zweiten Welle kommen wird". Doch die Gefahr kann nicht ausgeschlossen werden, wie Simulationsforscher der TU Wien betonen.

Demnach sind mehrere Faktoren essenziell, um eine zweite Welle zu verhindern. Dazu zählt weiterhin Hygiene und Kontaktreduktion. So wird dringend geraten, in den nächsten Monaten nicht zur üblichen Zahl physischer Kontakte zurückzukehren. Entscheidend sind auch eine große Zahl von Tests und schnelles Contact Tracing und Containment.

Gefahr unverändert

„Wir müssen weiterhin vorsichtig sein, denn im Grunde hat sich die Gefahr, verglichen mit der Anfangsphase der Epidemie, nicht verändert“, wird Martin Bicher vom Simulationsteam TU Wien und dem Spin-Off dwh zitiert.

„Von einer Herdenimmunität sind wir noch weit entfernt, weniger als ein Prozent der Menschen in Österreich sind immun. Das Virus ist auch nicht weniger ansteckend oder weniger gefährlich als noch im März. An eine vollständige Rückkehr zur Normalität früherer Zeiten ist daher nicht zu denken“, so Bicher.

Laut dem Simulationsexperten Niki Popper ist in der jetzigen Phase entscheidend: „Contact Tracing ist das Mittel der Wahl, um Ausbreitungsnetzwerke zu unterbrechen“. Dies sei zu Beginn der Welle mit 1.000 nachgewiesenen Infektionen pro Tag schlichtweg nicht möglich gewesen.

Geschwindigkeit entscheidet

Entscheidend sei laut Popper, wie viel Zeit zwischen der Meldung eines Verdachtsfalls und dem Beginn der Quarantäne für die Kontaktpersonen vergehe. „Auf Basis von wissenschaftlicher Literatur zur typischen Reaktionszeit gehen wir derzeit in unserem Modell von einer mittleren Reaktionszeit von 3,8 Tagen aus. Diese Zeitspanne zu reduzieren ist enorm wichtig um die Gefahr einer zweiten Welle zu verringern“, so Popper. Unter Reaktionszeit versteht man, wie viel Zeit zwischen der Meldung eines Verdachtsfalls und dem Beginn der Quarantäne für die Kontaktpersonen vergeht.

Da man diese Zeitspanne nie völlig auf null reduzieren könne, sei es nach wie vor wichtig Kontakte zu reduzieren. „In der Lockdown-Phase ging die Zahl der physischen Kontakte in Österreich um ca. 90 % zurück, derzeit sind wir noch etwa bei 50 % des vor der Corona-Krise üblichen Wertes“, sagt Popper. Das wisse man aus anonymisierten Mobilfunkdaten. Je stärker man sich dem Ausgangswert annähert, desto wichtiger sei es, das mit Contact Tracing und Containment auszugleichen.

Wann die Situation im Griff ist

Mit 50 Prozent Kontakt und 3,8 Tagen Reaktionszeit gehen die Simulationsforscher davon aus, dass die Zahlen nun wieder langsam ansteigen. Im Griff hätte man die Situation dann, wenn die Kontaktzahl bei den 50 Prozent verbleibt und die Reaktionszeit auf 1,9 Tage reduziert werden würde. Steigen die Kontakte weiter auf 60 Prozent wären die 1,9 Tage wiederum nicht ausreichend.

Popper fordert die Politik und Verwaltung auf, alles daransetzen, intensiv zu testen, um beim Contact Tracing schneller zu werden. „Gleichzeitig sollten wir alle unnötigen physischen Kontakte vermeiden“, so Popper.

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