Erneuerbare Energien - Windkraft und Sonnenenergie
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Start-ups

"Energieanbieterwechsel ist immer noch zu kompliziert"

Mit Energy Hero können Energiekunden automatisch ihren Anbieter wechseln lassen und viel Geld sparen. Gründerin Eveline Steinberger-Kern spricht im Interview über Einsparpotenziale, unerfreute Anbieter und Zukunftspläne für das Start-up. 

futurezone: Energy Hero ist nun seit knapp einem Jahr auf dem Markt, wie hat sich der Service bisher entwickelt, wie viele User haben Sie?
Eveline Steinberger-Kern:
Wir haben stark begonnen, die Ersparnis für unsere Kunden ist heute so hoch wie nie. Wir nennen die User bewusst nicht mehr, weil uns die etablierten Energierversorger im Wechselprozess immer wieder Probleme bereiten. 

Wie äußert sich das?
Wir haben im ersten Halbjahr immer wieder Briefe von den Energieversorgern bekommen, in denen wir relativ unhöflich gebeten wurden, Energy Hero Kunden nicht mehr zu ihnen zu wechseln. Das beeindruckt uns nicht, weil es wettbewerbsrechtlich nicht in Ordnung ist. Wir sind sehr gut unterwegs, unser erstes Ziel sind 50.000 Kunden und wir sind zuversichtlich, dass wir das recht schnell erreichen werden. Eine Zunahme sehen wir jetzt im Winter, weil die Kunden in der Zeit auch wechselwilliger sind und sensibler für das Thema. 

Warum reagieren viele Energieversorger überhaupt so negativ auf den Service, es können ja auch welche davon profitieren, wenn Kunden zu ihnen gewechselt werden?
Wir bringen Wettbewerb, wie es ihn in anderen Ländern längst gibt, davon profitieren die Kunden. Wir sind unabhängig. Energy Hero nimmt keine Provisionen von den Energieanbietern. Das heißt, wir arbeiten ausschließlich für die Kunden und halten nichts von langen Vertragsbindungen. Wir finden raus, wo für unsere Kunden - es gibt ja mehr als 150 Energieanbieter (Strom und Gas) - der günstigste Tarif liegt. Wir nehmen dabei auch auf spezielle Wünsche Rücksicht, manche wollen etwa nur Ökostrom oder eine Gesamtrechnung, etc., das bieten nicht alle Versorger österreichweit an. Letztlich wird es aber wohl ein Lernprozess sein, dieses Service gab es in der Form so noch nicht. 

Sind Sie mit den Energieversorgern laufend in Kontakt, gibt es da Gespräche?
Ja, durchaus, da gibt es immer wieder Gespräche. Es sind am Ende immer die gleichen, die sich über die Konkurrenz beschweren. Ein sehr gutes Verhältnis gibt es mit allen Netzbetreibern. Wir wollen jedenfalls Vorkämpfer sein für die Rechte der Kunden. 

Laut Energy Hero kann man mit dem Service um die 800 - 900 Euro jährlich einsparen, ist das ein Spitzenwert, wie sieht es im Schnitt aus?
Das ist tatsächlich ein Durchschnittswert. Jetzt im Moment liegt der durchschnittliche Haushalt, der 3500 Kilowattstunden Strom und 15.000 Kilowattstunden Gas verbraucht, bei einer Ersparnis von 850 Euro in Kärnten oder knapp über 600 Euro in Wien. Wir sehen uns den jeweiligen Vertrag an und wechseln den Kunden zum billigsten Anbieter. Das erfolgt jährlich und automatisch. Erforderlich ist dafür nur eine Vollmacht des Kunden.

Wo kann man am meisten sparen?
Die Unterschiede sind pro Bundesland groß. In Kärnten und in Oberösterreich kann man sich derzeit bei einem Wechsel am meisten sparen. Zuletzt sind die Energiepreise empfindlich gestiegen. Bei Gas etwa ist der Großhandelspreis gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent gestiegen, beim Stromgroßhandelspreis gab es im Vergleich zu November 2017 einen Anstieg um 39 Prozent. Das führt natürlich dazu, dass die meisten Energieversorger auch die Preise erhöhen. Der Spitzenwert, der uns dazu für die vergangenen Monate bekannt ist, lag bei plus 54 Prozent bei Strom und plus 20 Prozent bei Gas. In allen Bundesländern spart man sich aber mit einem Wechsel Hunderte Euros. 

Geht es nach Ihrer Erfahrung mit den Preisen immer auf und ab oder gibt es eine kontinuierliche Steigerung?
Aus meiner langjährigen Erfahrung im Energiegeschäft kann ich sagen, höhere Einkaufspreise werden von den EVUs zuverlässig weitergegeben, Senkungen hingegen seltener.

Wie kann man sich die Nutzer von Energy Hero vorstellen? Sind das eher jüngere Leute, die internetaffin sind oder erreichen sie auch ältere Zielgruppen mit dem Service?
Jung und alt. Wir sind zwar ein digitaler Anbieter, sprich die Daten für den Energiebieterwechsel werden online erfasst. Aus unserer Erfahrung ist es aber oft so, dass die jüngeren Leute den älteren beim Wechsel helfen, wenn diese nicht damit zurechtkommen. Am stärksten sind wir in der Altersgruppe bis 30 - 45 Jahre. Trotzdem erreichen wir auch ältere Personen bis hin zu Pensionisten, eben oftmals über die jüngeren Familienmitglieder. Da ist Mundpropaganda für uns auch eines der am besten funktionierenden Werbemittel. 

Wie schon angesprochen nimmt Energy Hero keine Provision, sondern finanziert sich über eine jährliche Servicegebühr zwischen 24 und 36 Euro. Was ist da der Unterschied im Angebot?
Zwei Euro pro Monat (24 pro Jahr) fallen an, wenn man nur Strombezieher ist. Wenn man zwei Zählpunkte wechselt, also Strom und Gas, fallen 36 Euro jährlich an. Wir heben die Servicegebühr aber nur dann ein, wenn die Ersparnis des Kunden über dieser liegt. 

Wie hoch ist eigentlich die Wechselbereitschaft in Österreich?
Heuer waren es lt. E-Control bis inklusive dem dritten Quartal bei Strom 3,1 Prozent und bei Gas 4,6 Prozent der Kunden. In den Wintermonaten kommt da traditionell noch etwas dazu. Im internationalen Vergleich liegt Österreich dennoch weit zurück. In Deutschland sind die Wechselraten beispielsweise drei Mal so hoch wie in Österreich.

Woran liegt das?
Ich denke, der Wechsel ist bei uns einfach immer noch zu kompliziert. Und genau das wollen wir unseren Kunden abnehmen, damit sie sich nicht durch den Tarifdschungel quälen und den oft unübersichtlichen Wechselprozess ausgesetzt sein müssen. Ein Beispiel: Ich habe den Energieanbieter gewechselt, seitdem hat der Netzbetreiber den Abbucher für die Netzrechnung eingestellt und schickt mir eine monatliche Netzrechnung zur Überweisung. Das ist für Nicht-Insider zunächst einmal irritierend und dann auch umständlich. Wir beugen hier vor und senden das Formular für die Einzugsermächtigung mit. 

Steht man bei Energy Hero den Kunden auch beratend zur Seite, wenn es zu Fragen kommt?
Wir haben ein erfahrenes Team, dass sich auch um Kundenanfragen kümmert. 

Wie geht man mit Konkurrenz um, es gibt ja zum Beispiel auch andere Vergleichsplattformen und hat man sich internationale Beispiele als Vorbild geholt?
Wie schon erwähnt, nehmen wir keine Provision und sind völlig unabhängig von Energieanbietern. Wir haben somit in dem Sinne keinen direkten Mitbewerber und finden grundsätzlich Wettbewerb sehr gut, das befruchtet den Markt und spornt die Energieversorger an, bessere Services zu bieten und aufgebaute Wechselhürden fallen zu lassen. Natürlich haben wir für den Energy Hero auch international Vorbilder analysiert. Es gibt zum Beispiel Anbieter in Großbritannien oder Israel, die wir uns sehr genau angesehen haben. 

Was werden die nächsten Schritte von Energy Hero sein?
Wir wollen schnell wachsen und expandieren. Das heißt, wir wollen auch ins Ausland gehen, zunächst einmal nach Deutschland. Gleichzeitig überlegen wir das Service auch auf andere Bereiche auszuweiten – wie etwa Versicherungen, Telefongebühren, nach demselben Prinzip wie im Energiebereich. Der Expansionsschritt nach Deutschland ist aktuell Hauptfokus und für 2019 geplant. 

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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