Der gebürtige Österreicher ist mit seiner Firma Amadeus Capital Partners am britischen Universitätsstandort Cambridge einer der größten europäischen Risikokapitalgeber im Hightech-Bereich
Der gebürtige Österreicher ist mit seiner Firma Amadeus Capital Partners am britischen Universitätsstandort Cambridge einer der größten europäischen Risikokapitalgeber im Hightech-Bereich
© Kurier/Juerg Christandl

Hermann Hauser

Start-up-Investor: „Ein Team braucht einen Star“

Hermann Hauser gründete 1978 mit 100 Pfund in der Tasche die Computerfirma Acorn. 1990 folgte ARM, deren Mikroprozessoren heute in fast jedem Mobiltelefon stecken. Mittlerweile investiert er mit Amadeus Capital Partners in Start-ups. Was ein Start-up braucht, um von ihm Unterstützung zu bekommen? Einen Star.

futurezone: Freut es Sie, wenn Sie sehen, wie sich Wien als Start-up-Stadt entwickelt hat?
Hermann Hauser: Absolut. Dass in meiner Geburtsstadt Wien, ein Start-up-Festival, wie das Pioneers stattfindet, hätte ich mir nie gedacht.

Sie wirken überrascht?
Sehr überrascht. In Österreich hat sich Jahre lang nichts getan und auf einmal...

Wo steht die Start-up-Szene in Österreich Ihrer Einschätzung nach? Ist Wien mit Start-up-Hubs, wie London oder Berlin vergleichbar?
Mit dem Festival sind wir weltklasse. Im Start-up-Bereich sind wir noch weit von London oder Berlin entfernt. Die Szene baut sich auf und das erstaunlich schnell. Ich bin beeindruckt.

Sie haben 1997 gemeinsam mit Anne Glover und Peter Wynn Amadeus Capital Partners gegründet. Wie viel haben Sie seither investiert?
Wir haben über die Jahre hinweg ungefähr eine Milliarde Euro investiert. Wir haben aber auch einen kleinen Start-up-Fonds, der nur Early-Stage-Investments macht.

Welche Kriterien müssen Start-ups, in die Sie investieren, erfüllen?
Das ist auch in dieser Reihenfolge wichtig: Erstens geht es um die Größe und die Wachstumsrate des Marktes. An Nummer zwei steht die Qualität des Teams. Da schaue ich mir an, ob es einen Star gibt.

Ist ein Star im Team gut oder schlecht?
Ein Star ist gut. Denn um einen Star kann man ein Team von Weltklasse aufbauen. Das dritte Kriterium ist die Technologie: Es hat mir zwar lange sehr leid getan, dass die Technologie nur an dritter Stelle steht, aber ein A-Team mit C-Technologie schlägt meist ein C-Team mit A-Technologie. Das Team ist wesentlich wichtiger, als die Technologie.

Wenn es primär um die Entwicklungschancen des Marktes geht: Ist das je abschätzbar?
Eben nicht. Das ist eine der schwierigsten Einschätzungen, besonders dann, wenn der Markt noch nicht existiert. Als wir damals in eine Bluetooth-Firma investiert haben, hat es dafür noch keinen Markt gegeben. Wir mussten einfach daran glauben, dass sich diese Technologie sehr schnell entwickeln wird. Und wir hatten Glück: Bluetooth ist in jedem Mobiltelefon eingebaut und aus einem Projekt wurde eine Milliarden-Firma. Aber so geht das nicht immer. Man kann nicht immer richtig prognostizieren.

Wie oft haben Sie sich bei Ihren Investments geirrt?
Nicht nur ein Mal. Ungefähr 30 Prozent unserer Early-Stage-Companies schaffen es nicht und werden aufgelöst.

An welchem Punkt geben Sie ein Start-up auf?
Man darf nicht gleich aufgeben. Auch die erfolgreichsten Firmen gehen durch Tiefs und dann sieht es so aus, als ob es nicht funktionieren würde. Dann kommen sie aber wieder aus dem Tief heraus und werden sehr erfolgreich.

Bauchgefühl?
Ja, und Erfahrung und Teamspirit. Wenn das Team aufgibt, gebe auch ich auf. Aber solange das Team daran glaubt, bin ich meistens mit dabei.

Ihrer Einschätzung nach ist das nächste große Ding Artificial Intelligence. Was macht Sie so sicher?
Im Speziellen geht es um Machine Learning. Das ist eine Sache, die so kraftvoll ist, so ein großes Potenzial hat. Die Fortschritte in den vergangenen drei Jahren sind phänomenal. Spätestens 2050 haben wir Superintelligenzen. Wie andere Technologien auch, kann sie für gute und für schlechte Dinge verwendet werden. Die gute Seite ist etwa, dass wir die ganzen Daten im Gesundheitswesen viel besser verarbeiten können. Somit Prognosen besser stellen und das Verständnis für Krankheiten vertiefen und neue Methoden in einer noch nie da gewesenen Schnelligkeit entwickeln können.

Es gibt viele Kritiker, die vor Künstlicher Intelligenz warnen.
Die Sorgen sind berechtigt. Es ist das Jeannie-Problem, das des Zauberlehrlings: Wenn man Künstlicher Intelligenz ein Ziel gibt, dann wird sie dieses Ziel verwirklichen wollen. Aber der Mensch ist nicht gut darin, das Richtige zu wünschen. Eines der Probleme ist also, dass man das Ziel so definiert, dass die Künstliche Intelligenz richtig interpretiert, was ich will. Die Frage ist also, wie entwickeln wir diese Intelligenz, so dass wir sie zum Guten nützen und nicht zum Schlechten. Das Problem ist nicht neu, das war mit der Atomenergie genauso. Der große Unterschied ist die Schnelligkeit der Entwicklung.

Ist die Sorge berechtigt, dass Roboter Menschen immer mehr vom Arbeitsmarkt verdrängen werden?
Ja, das ist ein echtes Problem. Eine US-Studie hat untersucht, wie viele Jobs von künstlicher Intelligenz ersetzt werden könnten. Das Ergebnis: 54 Prozent. An und für sich ist das nicht schlecht – solange die Wirtschaft produktiv genug ist, um den 54 Prozent gute Alternativen aufzuzeigen. Das große Problem ist auch hier die Schnelligkeit. Menschen nämlich wollen sich nicht von heute auf morgen ändern.

Sie wirken dennoch positiv gestimmt.
Ja. Aber man muss aufpassen und das durchdiskutieren und auch die sozialen Konsequenzen beobachten.

Die Frage ist, ob man das dann noch regulieren kann?
Das ist die große Frage. Es ist nicht klar, dass wir die Regulatoren sein werden. Wie Nick Bostrom in seinem Buch Superintelligence sagt: Vielleicht wird das Verhältnis von uns zu Superintelligenzen das Gleiche sein, wie von Gorillas zu uns. Das Problem der Gorillas ist nicht die Umwelt, das Problem sind wir: Wenn wir sagen, wir brauchen keine mehr, sind sie weg. Deswegen müssen wir künstliche Intelligenzen so produzieren, dass sie humane Werte haben, dass sie so denken wie wir.

Mit 15 ging der in Wien geborene und in Tirol aufgewachsene Hermann Hauser in den Ferien nach Cambridge, um Englisch zu lernen. Als Student kehrte er dorthin zurück, um sein Studium der Physik mit einem Doktorat am berühmten Cavendish Laboratorium in Cambridge abzuschließen. 1978 gründete er mit 100 Pfund in der Tasche mit einem Freund die Computerfirma Acorn. Fünf Jahre später ging das Unternehmen an die Börse und war damals die Rekordsumme von 200 Millionen Pfund wert. 1990 gründete er ARM, deren Mikroprozessoren heute in fast jedem Mobiltelefon stecken. ARM lässt heute in Lizenz mehr Chips produzieren als Intel. Mit seiner Venture Capital Firma „Amadeus Capital Partners“ investierte Hauser seit der Gründung 1997 in mehr als 100 Firmen. Zudem ist er mit einer der Väter des Cambridge Tech-Clusters, dem mehr als 1400 Hightech-Firmen angehören.

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Andrea Hlinka

Nach zehn Jahren im KURIER Karrieren und Business-Ressort beim bewegenden Thema Mobilität gelandet. Studierte Publizistik an der Uni Wien, schrieb ihre Magisterarbeit über Nachrichten für Kinder. Arbeitete für Forbes, Ashoka und Austrian Airlines.

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