Wien kommt auf der Start-up-Landkarte nicht vor
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Wien werde als Standort für Start-ups international kaum wahrgenommen, sagte Andreas Tschas vom Pioneers-Festival bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. Gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger hat Pioneers eine Studie zum Start-up-Standort Wien durchgeführt, für die mehr als 50 Vertreter der heimischen Wirtschafts- und Gründerszene befragt und internationale Best-Practice-Beispiele analysiert wurden. Die Ergebnisse sind ernüchternd. "Wien hat den Anschluss an die Spitze der internationalen Start-up-Hubs verloren", konstatierte Vladimir Preveden von Roland Berger. Zwar vibriere die Szene, allerdings auf viel zu niedrigem Niveau.
Start-ups seien wesentliche Innovationstreiber und würden Arbeitsplätze, Wettbewerbsfähigkeit und künftigen Wohlstand schaffen. Gerate der Motor ins Stottern, sei auch der Wohlstand bedroht, sagte Preveden. In Österreich sei zwar die Frühförderung von Start-ups relativ gut, auch die Universitäten seien besser als ihr Ruf. Es brauche aber weitere Initiativen, um den Standort nach vorne zu bringen.
Spürbare Schwächen gebe es etwa bei der Finanzierung der Expansionsphase, meinte Rudolf Kemler von Roland Berger. Viele Start-ups müssten im Ausland nach Kapital suchen. Auch Entrepreneurship und Unternehmertum hätten in anderen europäischen Metropolen höhere politische Priorität.
Fünf Handlungsempfehlungen
"Wir müssen anders denken", forderte Prevenden. Um den Sprung nach vorne zu schaffen, legt die Studie der heimischen Politik, großen Unternehmen und Bildungseinrichtungen fünf Handlungsempfehlungen vor.
- Große Unternehmen müssten zur Zusammenarbeit mit Start-ups ermuntert werden, sagte Oliver Csendes vom Pioneers-Festival. Sie könnten Start-ups den Zugang zu Märkten bieten und würden umgekehrt von der Innovationskraft der Gründer profitieren. In der Studie wird die Schaffung eines Start-up-Fonds in der Höhe von 100 bis 300 Millionen Euro zur Übernahme von Kreditgarantien angeregt. "Das kann enorme Summen freisetzen", sagte Kemler.
- Große Firmen sollten sich auch für die Errichtung eines zentralen Start-up Campus in Wien engagieren, heißt es in dem Papier weiter. Wichtig sei, dass es einen Erfahrungsaustausch zwischen Gründern gebe, sagte Tschas, der sich auch für eine Änderung im "politischen Mindset" aussprach.
- In anderen Ländern seien Start-ups "politische Chefsache", meinte der Pioneers-Gründer. Er erneuerte die Forderung nach einer Senkung der Lohnnebenkosten. In der Studie werden auch Erleichterungen bei der Firmengründung und eine Verkürzung der Verfahrensdauer zur Erlangung einer Rot-Weiß-Rot-Karte für Arbeitskräfte angeregt.
- In dem Papier wird auch dazu geraten, junge Wissenschaftler zum Gründen zu bewegen. Bei Forschungsergebnissen müsse die unternehmerische Verwertbarkeit stärker in den Vordergrund rücken, so Csendes.
- Und schließlich sei es wichtig, unproduktives Kapital zu mobilisieren, heißt es in der Studie. In
Österreich seien 80 bis 100 Milliarden Euro in privaten Stiftungen geparkt, auch die Versicherungswirtschaft verfüge über beträchtliche Summen, sagte Unternehmensberater
Kemler: "Es würde Sinn machen, zumindest einen kleinen Teil davon der Start-up-Finanzierung zugänglich zu machen. "Dazu braucht es aber gesetzliche Rahmenbedingungen, die aktuell nicht existieren."
Wettbewerb um die besten Start-ups
International gebe es einen großen Wettbewerb um die besten Start-ups sagte Pioneers-Gründer Tschas. Städte wie Singapur, Tokio, New York, London und Berlin würden den Takt vorgeben. In Österreich sei zwar in den vergangenen Jahren einiges passiert, nun bedürfe es aber eines Schulterschlusses, um nicht dauerhaft ins Mittelfeld abzurutschen. Dabei hofft Tschas auch auf den neuen Bundeskanzler. Christian Kern sei ein Mann aus der Wirtschaft, der das Thema Start-ups als wichtig erachte: "Wir freuen uns auf einen aktiven Austausch."
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