"Wir müssen den Rohstoffverbrauch auf eine andere Basis stellen"
Wie transparent können Lieferketten sein? Wo fallen die meisten Emissionen an, wie kann man sie nachvollziehen und vor allem: Wie kann man sie reduzieren? Diesen Fragestellungen wurden auf einer Podiumsveranstaltung des Elektroautoherstellers Polestar diskutiert.
Technologische Fortschritte allein werden nicht ausreichen, um die Automobilbranche auf einen nachhaltigen Pfad zu bringen, waren sich die Diskussionsteilnehmer*innen einig. Gleichzeitig lieferten sie Lösungsansätze, damit der Weg vom Bergwerk zum Auto klimafreundlicher gestaltet werden kann.
Dringendes Handeln notwendig
"Als Hersteller von Elektroautos sind wir uns unserer Verantwortung bewusst. Die Automobilindustrie muss gemeinsam mit ihren Zulieferern Emissionen in den Fertigungs- und Lieferketten reduzieren und gleichzeitig sicherstellen, dass wir die Materialien auf verantwortungsvolle Art und Weise beschaffen", sagte Thomas Hörmann, Geschäftsführer Polestar Austria, einleitend. Technologie helfe zwar dabei, aber es fehle immer noch an einheitlichen Standards und mehr Transparenz in der Industrie.
Wie dringend eine solche Herangehensweise notwendig ist, unterstreicht eine aktuelle Analyse: Um die bevorstehende Klimakrise abzuwenden und weitere Risiken einschränken zu können, hat der Weltklimarat das Ziel eines Temperaturanstiegs von maximal 1,5 Grad vorgegeben. Wie jedoch aus dem "Pathway Report" hervorgeht, den Polestar gemeinsam mit Rivian und Kearney erstellt hat, ist die Automobilindustrie auf dem Weg, dieses Ziel bis 2050 um 75 Prozent zu überschreiten.
Blockchain kann helfen, ist aber nicht die alleinige Lösung
Damit dieses prognostizierte Ereignis nicht eintritt, könne man mittlerweile auf die Hilfe von Technologien zurückgreifen, die es bis vor einigen Jahren noch nicht gegeben hat, erklärte Luise Müller-Hofstede, Director of Business Development bei Circulor, einem globalen Greentech-Unternehmen, das Lösungen zur Rohstoffnachverfolgung Lieferketten anbietet.
Unter Zuhilfenahme einer Blockchain sei es beispielsweise möglich eine neue Sichtbarkeit in bisher dunkle Bereiche der Lieferkette zu bringen. "Mit diesem neugewonnenen Wissen ist es Unternehmen nun möglich die Herkunft und die Verarbeitung der Rohstoffe besser zu verstehen und somit bewusstere Einkaufsentscheidungen zu treffen", sagte Müller-Hofstede.
Mit einer Blockchain allein werde man aber noch nicht viel erreichen. "Dadurch werden lediglich Daten zu Informationen und Informationen zu Wissen", hält Müller-Hofstede fest. Allerdings könne man auf diesem Wissen aufbauen und eine Lieferkette so organisieren, dass sie klimafreundlicher wird und dabei keine Menschenrechtsverletzungen mehr stattfinden.
Unternehmen in die Verantwortung nehmen
Erst mit dem Wissen, das aus dieser Transparenz gewonnen wird, lasse sich das kommende Lieferkettengesetz durchsetzen, stellte Anna Leitner, Sprecherin für Lieferketten und Ressourcen bei Global 2000 fest. Die Klima- und Umweltverpflichtungen des EU-Lieferkettengesetzes sollen dafür sorgen, dass Konzerne die Emissionen entlang ihrer globalen Wertschöpfungsketten reduzieren. Erst wenn diese Lieferketten transparent seien, könne der Gesetzgeber die dafür verantwortlichen Unternehmen in die Pflicht nehmen, so Leitner.
Polestar wolle in Sachen Nachhaltigkeit vollständig transparent sein und veröffentliche für seine Elektroautos bereits jetzt Lebenszyklusanalysen, die den CO2-Fußabdruck der Fahrzeuge angeben, erklärt Hörmann. Beispielsweise nutze Polestar bereits die Blockchain-Technologie von Circulor, um Rohstoffe zurückzuverfolgen und so die Quelle sowie den Abbau und die Verarbeitung zu regulieren.
"Produkte sollten im Hinblick auf eine gute Recyclebarkeit entworfen werden"
Recycling stoßt an seine Grenzen
Auch beim Recycling müsse sich einiges ändern, sagte Peter Moser, der seit 2008 den Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft an der Montanuniversität Leoben leitet. Die Wiederverwertung und Wiedergewinnung von Rohstoffen sei zwar unverzichtbar, stoße aber an seine Grenzen. Problematisch sei dabei vor allem das Design von Konsumprodukten, so Moser. Denn derzeit sind Elektronikgeräte beispielsweise so aufgebaut, dass sie sich praktisch nicht recyclen lassen.
Dem stimmt auch die Lieferkettenexpertin von Global 2000 zu. Wichtig wäre, dass das Design von Produkten im Hinblick auf eine gute Recyclebarkeit entworfen wird, sagte Leitner. Allerdings: "Recycling ist nicht die ultimative Lösung und stellt nur eine kleine Maßnahme unter vielen dar."
Das sieht auch Uni-Professor Moser so und vergleicht die Zirkularität von Rohstoffen mit einem Fluss, der sich im Kreis bewegt. Die so dargestellte Kreislaufwirtschaft sei zwar wichtig, das Problem sei jedoch, dass der Fluss zu breit ist, weil wir einfach viel zu viele Ressourcen abbauen, die wir scheinbar benötigen. Damit eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft entstehen kann, müssten wir den Bedarf an und den Verbrauch von Rohstoffen auf eine andere Basis stellen, sagte Moser.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit Polestar.