B2B

Web Summit: Heimische Start-ups wollen Qualität statt Quantität

Europa rückt immer stärker in den Fokus der Tech-Industrie und wird in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen, so der Tenor auf dem Web Summit in Dublin. Von Investor Saul Klein (Index Ventures) bis hin zu Cisco-CTO Padmasree Warroir scheinen sich in dieser Frage alle Branchengrößen einig. “Europa wird in Zukunft eine extrem wichtige Region sein. Schon jetzt stammen sieben der Top-Ten-Nationen des Networked Readiness Index des World Economic Forum aus Europa”, sagt Warrior am Donnerstag im Zuge ihrer Keynote. Der Index misst, wie gut Staaten Chancen und Möglichkeiten, die sich durch Informations- und Kommunikationstechnologien bieten, ausnutzen. Parallel zum Websummit ging dieser Tage auch das Pioneers Festival in Wien über die Bühne, während sich wieder andere aus der Gründerszene in Berlin zur Techcrunch Disrupt Konferenz versammelten.

Es tut sich viel in der europäischen Start-up- und Tech-Szene, man motiviert sich gegenseitig, Speaker und Investoren sprechen den Gründern Mut zu, Risikobereitschaft wird verlangt, egal, mit wem man spricht: Es geht ums Netzwerken. Doch wie geht es den heimischen Start-ups auf der internationalen Bühne, halten die großen Events und wichtigen Namen, das, was sie versprechen?

Konzentration aufs Wesentliche

“Das Web Summit ist ohne Zweifel interessant für uns, man kommt mit vielen Leuten ins Gespräch und kann sich gut vernetzen”, sagt Klaus-M. Schremser vom Wiener Start-up Wikidocs. Doch die Dichte und die große Zahl an Start-ups und Investoren auf dem Web Summit betrachtet Schremser auch nüchtern. Alles sei sehr gut organisiert, die Speaker auf Top-Niveau. Geht es um das Gehörfinden bei Investoren, seien kleinere überschaubare Events in Wien aus Sicht von Wikidocs jedoch vorzuziehen. Bei derart großen Konferenz gehe schon einmal der Überblick etwas verloren. “Hier sind einfach so viele Firmen vertreten, dass es auch für die Investoren schwierig wird, sich von allen ein genaues Bild zu machen.” Zudem sei es als Start-up aus dem B2B-Bereich grundsätzlich schwieriger, seine Idee zu “verkaufen”.

Wikidocs bietet ein Kollaborationstool an, das sich verknappt gesagt als “Google Docs für den B2B-Bereich” beschreiben lässt. Damit soll Zusammenarbeit in Echtzeit ermöglicht werden. Neben dem Büro in Wien hat Wikidocs seine Zelte auch schon im kalifornischen Santa Cruz aufgeschlagen.

Feedback

Qualität statt Quantität ist es auch, worauf sich das Team von Patio konzentrieren will. “Es gibt hier eine sehr große Dichte an wichtigen Leuten aus der Branche. Doch es geht uns mehr darum, ein paar gute Meetings zu haben, als unzählige übereilte Gespräche”, sagt Andreas Mahringer, Gründer von Patio. Das Start-up hat eine App entwickelt, die Nutzern künftig auf Basis des eigenen Hörverhaltens alle relevanten Informationen zu neuen Musik-Releases liefern soll. Auf dem Web Summit ist Patio mit einem Prototypen vertreten, Marktstart soll dann 2014 sein.

Die Tage auf dem Web Summit hätten sich jedenfalls ausgezahlt, man könne vor allem sehr viel Feedback mit nach Hause nehmen, so Mahringer. Auch die Qualität der Vorträge sei überzeugend.

“Salesshow”

Die Fülle an Leuten, die sich in Dublin zu der Konferenz versammelt, wertet Florian Dorfbauer, Mitbegründer von Usersnap , durchaus positiv. “Uns ging es hier nicht in erster Linie darum, Investoren zu finden. Wir haben bereits ein Seed-Investment von Speedinvest in Wien”, sagt Dorfbauer. Vielmehr sei man hier zum Netzwerken und Leute kennenlernen und die Erwartungen hätten sich jedenfalls mehr als erfüllt. “Mit so vielen Menschen kommt man in so kurzer Zeit sonst nirgendwo in Europa in Kontakt”, so der Firmengründer. “Wir sind parallel auch auf dem Pioneers Festival vertreten gewesen, denn natürlich müssen auch die österreichischen Kontakte gepflegt werden.” Aber so viele Visitenkarten hätte er dort nicht verteilen können, so Dorfbauer.

Für Usersnap, ein Kommunikationstool für Entwickler, sei das Web Summit genau der richtige Ort gewesen. “Wir richten uns ja auch an Start-ups, insofern war das auch eine Art Salesshow für uns”, sagt Dorfbauer.

“Man muss wissen, was man will”

Damit sich derlei Events wirklich für ein Start-up auszahlen, müsse man schon wissen, was man will, und sollte jedenfalls nicht unvorbereitet kommen, meint Harald Trautsch von Dolphin Technologies. Die Firma bietet Services im Bereich der Versicherungstelematik und zählt bereits einige große Namen wie Generali oder Uniqua zu seinen Kunden. Es gehe auch darum, die Balance zwischen Kunde und Versicherung zu verbessern. Derzeit liege der Schwerpunkt darauf, unkomplizierte Lösungen anzubieten, die schnelle Hilfe leisten, etwa wenn jemand einen Autounfall hat.

Als Start-up will man sich bei Dolphin gar nicht mehr so wirklich betrachten. Die Konferenz habe sich aber jedenfalls ausgezahlt. “Wir hatten viele Termine und freuen uns über sehr gutes Netorking hier”, heißt es vom Dolphin-Team. Man müsse allerdings schon ziemlich genau wissen, was man überhaupt will auf so einem Event und wie man die Gegebenheiten am besten für sich ausnutzen kann, meint Trautsch. “Wir haben uns viele Meetings schon vorab ausgemacht.”

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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