Metamaterial macht chinesische Kampfjets unsichtbar für das Radar
Wer von Radarsystemen weitestgehend unerkannt am Himmel unterwegs sein will, kommt um einen Tarnkappen-Jet nicht herum. Die Flugzeuge sind darauf ausgerichtet, dass sie Radarsignale möglichst wenig reflektieren bzw. die Signale in unterschiedliche Richtungen zerstreuen. Das machen sie einerseits durch ihre Form, andererseits durch das Material der Hülle.
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Anti-Stealth-Radare
Tarnkappen-Jets sind dabei auf das sogenannte X-Band optimiert. In diesem Frequenzbereich (8-12 GHz) operieren die meisten militärischen Radars - von der Luftraumüberwachung über das Feuerleitradar der Luftabwehr bis zum Radar-Suchkopf von Raketen. Das X-Band bietet aufgrund seiner kurzen Wellenlänge eine hohe Auflösung, weshalb es auch relativ kleine Objekte erkennen kann.
Um Stealth-Jets zu erkennen, wird auf die niederfrequenteren P- und L-Bänder (230-470 MHz bzw. 1-2 GHz) zurückgegriffen. Obwohl diese aufgrund ihrer langen Wellenlängen eine zu schlechte Auflösung bieten, um präzise Zielinformationen zu liefern, können sie Stealth-Jets erkennen.
Diese Bänder sind wichtig, um den Luftraum großflächig zu überwachen und früh vor einer Gefahr zu warnen. Die Präzision steigt außerdem an, wenn man mehrere Radarquellen verwendet und ihre Ergebnisse miteinander abgleicht - also ein Netzwerk aus mehreren Radaranlagen nutzt.
China verfügt über viele solcher "Anti-Stealth-Radare" an seiner Küste und auf Kriegsschiffen, berichtet die South China Morning Post. Laut dem chinesischen Militär sollen die Radars sogar in der Lage sein, US-Stealth-Fighter wie die F-22 und F-35 aus großer Distanz zu erkennen.
Beschichtung zum Nachrüsten
Chinesische Forscher haben nun eine Beschichtung entwickelt, die Flugzeuge vor Anti-Stealth-Radaren unsichtbar machen soll. Dieses sogenannte Metamaterial, das nur so dick ist wie 2 Blatt Papier, kann auch an bestehenden Stealth-Jets angebracht werden.
China hat mit der J-20 derzeit nur ein Stealth-Fighter-Modell im Einsatz. Kürzlich wurde aber die J-35 offiziell vorgestellt, die schon bald in Dienst gestellt werden soll. Damit ist China das einzige Land der Welt, das neben den USA mehr als nur einen Stealth-Jet nutzt.
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Metamaterial schluckt Radarstrahlen
Mit der neuen Beschichtung wären die Tarnkappen-Jets vor den langwelligen Strahlen der Anti-Stealth-Radars geschützt. Laut dem Forscherteam könnte die neu entwickelte Stealth-Technologie ein Schlüssel dafür sein, um "zukünftige Kriege" zu gewinnen.
Sie soll nicht nur auf Stealth-Jets, sondern auch Drohnen und sogar Marschflugkörpern eingesetzt werden können, die für einen niedrigen Radarquerschnitt optimiert sind. Dadurch könnten ua. Unterschall-Antischiffsraketen mit Stealth-Eigenschaften schwieriger zum Abfangen werden.
Das chinesische Metamaterial soll leicht, flexibel und einfach herzustellen sein. Es nimmt die Radarstrahlen auf und wandelt sie in elektrischen Strom um. Dadurch erhitzt sich das Material, wobei die Hitze im Flug an die Umgebungsluft abgegeben wird.
So steigt aber die Infrarot-Signatur der Jets. Die Reichweite eines Infrarotzielsystems ist allerdings selbst bei guten Bedingungen deutlich geringer als die von Radarsystemen, weshalb der Nachteil wohl gern in Kauf genommen wird.
China arbeitet auch an Beschichtungen, die vor Infrarotsystemen schützen sollen. Ob sich diese allerdings mit dem neuen Metamaterial kombinieren lässt, ist nicht bekannt.
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China führt bei der Erforschung von Metamaterialien
Als Metamaterial bezeichnet man künstlich hergestellte Materialien, deren Eigenschaften sich in bestimmter Weise von natürlichen Materialien unterscheiden. So können sie etwa elektromagnetische Wellen in die entgegengesetzte Richtung brechen, als es bei natürlichen Materialien der Fall ist.
Metamaterialien werden nicht nur für Tarnzwecke eingesetzt, sondern auch, um Schallwellen zu dämpfen oder effizientere Solarmodule zu entwickeln. Laut South China Morning Post stammen die meisten Patente im Forschungsbereich der Metamaterialen aus China.