Digital Life

"Es ist nicht damit getan, einfach einen Laptop hinzustellen"

Wie hat die Pandemie unser Arbeitsleben verändert und wie stellen wir uns die Arbeit nach der Corona-Krise vor? Diese Fragen stellten sich die Teilnehmer*innen einer Podiumsdiskussion, die von der Wiener Arbeiterkammer (AK) gemeinsam mit der Central European University (CEU) und dem Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) organisiert wurde.

"Die Corona-Krise hat viele strukturelle Probleme, die es bereits vor der Pandemie gegeben hat, verdeutlicht und beschleunigt", stellt die Ökonomin Monika Köppl-Turyna von EcoAustria fest. Das betreffe die Lücken bei der Digitalisierung genauso wie Gender und-Gleichberechtigung, die prekären Arbeitsverhältnisse oder das Verschwimmen von Job und Freizeit.

Beispielsweise wurde das Auseinanderfallen von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt enorm verstärkt, so die Ökonomin: "Offene Stellen für hochqualifizierte Arbeitnehmer*innen stehen einer hohen Anzahl an wenig qualifizierten Arbeitslosen gegenüber."

Digitalisierung im Bildungsbereich

Leider sei aber genau das Thema "Bildung und Schulen" durch die Corona-Krise in den Hintergrund gedrängt worden, sagt Silvia Hruska-Frank in Richtung Aufholbedarf bei der Digitalisierung. "Es ist nicht damit getan, einfach einen Laptop hinzustellen", so die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik bei der Arbeiterkammer Wien.

Sie plädiert dafür, dass die Qualifizierung im Hinblick auf eine digitalisierte Arbeitswelt mit gut durchdachten Konzepten bereits früh starten soll. Gerade bei diesem Thema habe das österreichische Bildungssystem viel an Boden gut zu machen.

Was ist Arbeit überhaupt noch wert?

Außerdem habe die Corona-Krise gezeigt, dass sich der Wert der Arbeit nicht mehr in der tatsächlichen Bezahlung widerspiegelt, so Christine Mayrhuber vom WIFO: "Sei es in der Pflege, im Supermarkt oder das Ausliefern von Speisen und Paketen - gerade die unentbehrlichen Systemerhalterjobs sind meist unterbezahlt und besonders prekär."

Es braucht langfristige Konzepte für eine nachhaltige Erwerbsarbeit.

Christine Mayrhuber, WIFO

Das habe den Missstand verdeutlicht, dass Menschen, die solche zentralen Aufgaben erledigen, von ihrem Einkommen kaum leben können. "Durch die ökonomischen Folgen der Corona-Krise befinden wir uns an einer unglaublich entscheidenden Weggabelung", sagt Mayrhuber. Es sei jetzt dringend notwendig, dass langfristige Konzepte für eine nachhaltige Erwerbsarbeit entwickelt werden.

Enorme Veränderungen haben sich für viele Beschäftigte mehr oder weniger zwangsweise ergeben. Nämlich hybride Arbeitsmodelle, bei denen Arbeiternehmer*innen 1 bis 2 Tage pro Woche im Homeoffice verbringen und die restliche Zeit im Büro anwesend sind.

Homeoffice: Chance und Gefahr zugleich

"Das ganze Thema 'Homeoffice' ist eine riesige Chance und eine große Herausforderung zugleich", sagt die Ökonomin Köppl-Turyna. Das zeige sich vor allem am Beispiel der Geschlechtergerechtigkeit.

Die Geschlechterperspektive im Homeoffice ist eine ganz dramatische.

Silvia Hruska-Frank, Leiterin Sozialpolitik AK Wien

"Schon vor der Corona-Krise wurden Betreuungspflichten viel häufiger von Frauen als von Männern übernommen", so Köppl-Turyna. Und das habe sich durch die Pandemie ganz besonders verstärkt. "Die Geschlechterperspektive im Homeoffice ist eine ganz dramatische", warnt auch Hruska-Frank von der AK Wien.

Dennoch eröffne aber auch bei der Gender-Frage das Homeoffice eine Chance, meint die EcoAustria-Ökonomin: "Denn durch die flexiblere Arbeitszeiteinteilung im Homeoffice wäre es nämlich möglich, die Betreuungspflichten deutlich fairer und gerechter zu verteilen."

Neue Realitäten durch Homeoffice

Weil hier die Hemmschwelle gesunken ist, sei es für Unternehmer auch wesentlich einfacher geworden, an qualifizierte Arbeitskräfte zu kommen, die gar nicht in Österreich sitzen. Allerdings nehme dadurch wiederum der Konkurrenzdruck deutlich zu.

Eine Trennung von Job und Freizeit ist derzeit im Homeoffice quasi unmöglich.

Silvia Hruska-Frank, Leiterin Sozialpolitik AK Wien

"Es wird auf dem privaten Laptop gearbeitet, mit dem privaten Handy telefoniert und es ist gang und gäbe, dass private Telefonnummern weitergegeben werden", stellt Hruska-Frank fest. Eine klare Trennung zwischen Beruf und Freizeit sei dadurch quasi unmöglich. Es dürfe nicht sein, dass Arbeitnehmer*innen rund um die Uhr erreichbar sind, nur weil sie von zu Hause aus arbeiten.

Neue Regeln notwendig

"Damit das Homeoffice für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen gleichermaßen funktioniert, braucht es klar definierte Regeln", sagt Hruska-Frank von der AK Wien. Ein solches Regelwerk müsste einerseits von der Politik kommen - in Form des gerade im Parlament beschlossenen Sozialpartnervorschlags Homeoffice-Gesetz - und andererseits in Betriebsvereinbarungen zwischen Betriebsrat und Führungskräften ausverhandelt werden.

Österreich sei gut beraten, die Empfehlungen der OECD endlich ernst zu nehmen und auch umzusetzen, sagt Hruska-Frank: "Demnach müsste die Mitbestimmung der Arbeitnehmer*innen an eine digitalisierte Arbeitswelt angepasst werden. Und zwar sowohl in den einzelnen Betrieben als auch in den Arbeitsgesetzen."

 

 

Disclaimer: Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen der AK Wien und der futurezone.

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Florian Christof

FlorianChristof

Großteils bin ich mit Produkttests beschäftigt - Smartphones, Elektroautos, Kopfhörer und alles was mit Strom betrieben wird.

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