"Homeoffice macht auf Dauer krank"
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Die Coronavirus-Pandemie hat die Arbeitswelt komplett auf den Kopf gestellt. Noch nie waren in der 2. Republik in Österreich mehr Menschen arbeitslos als durch die Auswirkungen der Corona-Krise, noch nie waren so viele Menschen in Kurzarbeit und noch nie haben so viele Arbeitnehmer*innen im Homeoffice gearbeitet.
Vor diesem Hintergrund veranstaltet die Arbeiterkammer (AK) gemeinsam mit der Central European University (CEU) und dem Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds eine Podiumsdiskussion.
Veranstaltungshinweis
Arbeit in Zeiten der Pandemie (und danach)
Wann: 25. März 2021 // 16:00 – 17:30 Uhr
Wo: CEU Vienna, Quellenstraße 51, 1010 Wien, Auditorium (Zoom-Übertragung)
Moderation: Michael Stampfer (WWTF)
Eröffnung: Michael G. Ignatieff (Rektor and Präsident CEU)
Einleitung: Grußbotschaft per Video von Martin Kocher (Bundesminister, BMA)
Impulsstatements von
- Christine Mayrhuber (WIFO)
- Silvia Hruska-Frank (AK)
- Andrea Weber (CEU)'
- Monika Köppl-Turyna (EcoAustria)
Im Anschluss an die Impulsstatements gibt es eine Podiumsdiskussion inklusive Fragebeantwortung aus dem Zoom Chat.
Anmeldung per E-Mail an events@ceu.edu (Zusendung des Zoom Links nach Anfrage)
Ausblick auf die Veranstaltung
Im Vorfeld der Veranstaltung haben wir Silvia Hruska-Frank, die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik bei der Arbeiterkammer Wien, telefonisch befragt. Dabei haben wir mit ihr über die Themen der Veranstaltung gesprochen, um einen Ausblick auf das Event zu geben.
futurezone: Viele Österreicher*innen sind seit einem Jahr im Homeoffice. Wo sehen Sie diesbezüglich als Interessenvertreterin der Arbeitnehmer*innen die größten Herausforderungen?
Silvia Hruska-Frank: Für 40 Prozent der Arbeitnehmer*innen hat sich in der ersten Phase der Pandemie die Arbeitswelt komplett geändert. Für sie hat sich die Arbeitstätigkeit in die privaten Räume verlagert. Homeoffice ist für sie zum Normalfall geworden, ohne dass es dafür genaue Regelungen gibt.
Wie sieht das einem Jahr nach Beginn der Pandemie aus?
Mittlerweile sind zwar einige wieder zeitweise ins Büro zurückgekehrt. Meist handelt es sich dabei um ein kombiniertes Modell zwischen Homeoffice und Büro. Viele arbeiten aber immer noch permanent von zu Hause aus. Durch die dauerhafte Distanz ergeben sich aber zahlreiche Nachteile für die Arbeitnehmer*innen. Es gibt mittlerweile auch ein eigenes Homeoffice-Gesetz, in dem nun einige Eckpunkte geregelt sind. Das Thema Datenschutz wird in dem neuen Gesetz allerdings nicht behandelt.
Das spießt sich mit den Datenschutzvorgaben und bringt die Angestellten zusätzlich unter Druck.
Aber gerade der Datenschutz und die technische Ausstattung wären doch zentrale Punkte für eine Homeoffice-Regelung?
Mangels technischer Ausstattung arbeiten viele auf ihren privaten Computern und nutzen ihre privaten Smartphones. Vielfach wurden auch private Telefonnummern weitergegeben, weil viele Arbeitnehmer*innen im Homeoffice nur so erreichbar sind. Das spießt sich mit den Datenschutzvorgaben und bringt die Angestellten zusätzlich unter Druck, weil sie permanent erreichbar sind und nicht mehr abschalten können.
Wie kann man diese Situation wieder auflösen?
Das ist ganz klar eine Führungsaufgabe. Die Arbeitgeber*innen müssen dafür sorgen, dass die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit wiederhergestellt werden. Dafür braucht es Betriebsvereinbarungen, die zwischen Führungsebene und Betriebsrat unter Mitbestimmung der Belegschaft ausverhandelt wird. Das ist auch insofern wichtig, weil das Homeoffice auch eine gesundheitliche Belastung darstellt.
Es hat sich gezeigt, dass die Arbeitnehmer*innen im Homeoffice genauso produktiv und bemüht sind.
Inwiefern wirkt sich das Arbeiten von zu Hause auf die Gesundheit aus?
Einerseits hat diese nicht vorhandene Trennung von Freizeit und Beruf negative Auswirkungen auf die psychologische Gesundheit – auf Dauer macht diese Situation krank. Andererseits sehen wir, dass viele Arbeitnehmer*innen im Homeoffice weniger oft in den Krankenstand gehen. Dabei heißt es dann, es werde schon irgendwie gehen, man sei ja ohnehin zuhause. Selbiges gilt für Pflegefreistellungen. Das verschärft die gesundheitliche Belastung massiv.
Das klingt so, als würde im Homeoffice mehr gearbeitet. Warum sollen die Unternehmen ein Interesse daran haben das zu ändern?
Weil es nicht das Ziel von Arbeitgeber*innen sein kann, Leute ausbrennen zu lassen. Auch die Unternehmer*innen müssen ein Interesse daran haben, dass ihre Mitarbeiter*innen gesund sind. Denn insgesamt und langfristig kostet ein solches 'ungesundes Führen' mehr Geld - dem Unternehmen und der Volkswirtschaft generell.
Wie sieht das mit der Überwachung im Homeoffice aus?
Hier gab es einen großen Aha-Effekt. Viele Arbeitgeber*innen haben gedacht, im Büro können sie vieles überwachen und auf diese Weise die Produktivität steigern. Nun hat sich allerdings gezeigt, dass die Arbeitnehmer*innen im Homeoffice genauso produktiv und bemüht sind. Das hat die Vertrauenskultur in zahlreichen Unternehmen massiv gehoben. Vielen Führungskräften ist deutlich vor Augen geführt worden, dass sie sich auf ihre Leute verlassen können.
Es gibt also kein Problem in Sachen Arbeitszeiterfassung
Nicht akut. Allerdings ist das Arbeitsverfassungsgesetz aus dem Jahr 1974 und müsste daher an die heutigen Machtverhältnisse der Arbeitswelt angepasst werden - vor allem wenn man sich vor Augen führt, welchen technologischen Fortschritt es seither gegeben hat. Softwaremäßig ist da heutzutage vieles möglich, das man sich vor 47 Jahren nicht mal annähernd vorstellen konnte. Die Verwerfungen durch die Corona-Pandemie zeigen also mehr als deutlich, dass zahlreiche Regelungen an die Gegebenheiten der Zeit angepasst werden müssen.
Disclaimer: Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen der AK Wien und der futurezone.
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