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Mega-Projekt NEOM: Die futuristische Fluglinie im Faktencheck

Mit NEOM will Saudi-Arabien ein Mega-Projekt aus Städten und Infrastruktur schaffen. Teil dessen soll etwa die verspiegelte Bandstadt The Line sein, die sich auf einer Länge von 140 Kilometer mit 500 Meter Höhe und 200 Meter Breite durch die Wüste zieht. Neben Städten ist auch Infrastruktur Teil der Bemühungen.

Bereits 2019 wurde mit dem Regionalflughafen NEOM Bay Airport (IATA-Flughafencode NUM) eine Luftfahrt-Säule eröffnet. Nun geht Saudi-Arabien einen weiteren Schritt: Mit NEOM Airlines soll neben Saudia und RIA eine 3. nationale Fluglinie entstehen. Bereits Ende 2024 wird sie den Betrieb aufnehmen. Chef der neuen Airline ist der Deutsche Klaus Goersch, der zuvor Betriebsvorstand bei British Airways und Air Canada war.

Peter Malanik, Luftfahrtexperte und Chef des Dachverbands der österreichischen Luftfahrtbranche Aviation Industry Austria, sieht in dem Projekt jedenfalls Potenzial. Auch sei es strategisch sinnvoll: “Wenn man sich die Geschichte ansieht, sind Wirtschaftsstandorte immer an Verkehrsknotenpunkten entstanden. Und wenn man genug Geld investieren kann, wird man dort auch etwas auf die Beine stellen”, so der Experte. 

Zwar sei die geografische Lage des geplanten Knotenpunktes nicht ganz so optimal, wie etwa Istanbul oder Dubai, aber: “Wenn man gut investiert, kann man dort eine Drehscheibe etablieren”, sagt Malanik im Gespräch mit der futurezone. Das liege nicht zuletzt daran, dass die Kosten für Airlines dort deutlich niedriger sind, als etwa in Europa. “Aus Wettbewerbssicht ist das nicht ganz erfreulich”, so Malanik. 

Wasserstoff 

Technisch will die neue Airline auf alternative Antriebsmethoden setzen. “Ab 2026 werden wir neue innovative Flugzeuge - ob mit Elektro-, Wasserstoff- oder Überschallantrieb - und Innenausstattungen der nächsten Generation in Betrieb nehmen”, schreibt Goersch in einer Ankündigung. Dass vor allem Wasserstoff für Saudi-Arabien und NEOM als wichtige Zukunftstechnologie gilt, sah man bereits an anderer Stelle. So investiert die Regierung 8,5 Milliarden Dollar in eine riesige Wasserstoff-Fabrik.

Die Entwicklung von kommerziellen Passagiermaschinen mit alternativen Antrieben steckt aber immer noch in den Kinderschuhen. Das derzeit weltweit größte Wasserstoffflugzeug, das im März 2023 einen 15-minütigen Testflug hinlegte, ist eine umgebaute Dash-8. Die bietet üblicherweise rund 50 Passagier*innen Platz. Das ist weit weg von den über 800 Sitzplätzen, die etwa ein Airbus A380 in der Maximalausstattung bietet. 

“Das ist nicht ambitioniert, das ist unrealistisch”, schätzt Malanik die Pläne ein, bis 2026 mit Wasserstoff zu fliegen: “Das ist etwas völlig Neues, das man erst in den Griff bekommen muss. Neue Technologien brauchen gerade in der Luftfahrt extrem lange, bis sie marktreif sind.” Grund sind die umfangreichen Tests hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit. “Meiner Einschätzung nach sind wir 25 bis 30 Jahre entfernt, bis das erste Wasserstoffflugzeug im kommerziellen Betrieb fliegen wird.”  

E-Flugzeuge

Hinsichtlich Elektroflugzeuge sieht Malanik zwar ein gewisses Potenzial, aber nicht um klassischen Flugverkehr zu ersetzen: “E-Flugzeuge werden bestehende Flüge nicht ersetzen, sondern als Add-on dienen”, so der Luftfahrtexperte. Als Einsatzszenario sieht Malanik etwa Wege zwischen Flughafen und Stadtzentren mit elektrisch betriebenen Drohnen. "In Wien macht das der City Airport Train CAT, in Saudi-Arabien eine autonome Drohne."

Zum Thema Überschallflugzeuge sieht Malanik "ein ganz kleines Marktsegment". Weil diese Flugzeuge nur eingeschränkt über bewohntem Gebiet fliegen können (Stichwort Überschallknall), werde dies ein Nischenprodukt bleiben. Entsprechende Flugzeuge würden nur in geringer Stückzahl produziert werden, was widerum für höhere Preise sorgen wird. Aber auch all das "wird noch dauern", sagt der Experte. 

"6G-WLAN"

Etwas kurios liest sich die Ankündigung von NEOM, Konnektivität während des Fluges anzubieten. So ist in dem Text die Rede von 6G-WLAN. Ob damit eine Kombination aus WLAN und dem künftigen Mobilfunkstandard 6G oder WLAN im 6-GHz-Bereich gemeint ist, bleibt offen. 

Bei der Bordunterhaltung soll es jedenfalls ebenso Innovationen geben. "Auf jedem Sitz wird es große Bildschirme mit einem umfangreichen Produktangebot geben, die auch mit Ihrem eigenen Gerät kompatibel sind, um den Passagieren die nötige Flexibilität zu bieten", schreibt der NEOM-Airlines-CEO.

Biometrie und künstliche Intelligenz

Bei der neuen Airline und am Flughafen wolle man verstärkt mit Biometrie und künstlicher Intelligenz arbeiten. “Stellen Sie sich vor, die Biometrie wäre so weit fortgeschritten, dass Sie per Gesichtserkennung erkannt werden, sobald Sie ein Gebäude betreten, und die Sicherheitskontrolle Sie für die Reise freigibt, ohne dass Sie auch nur ein Tor passieren müssen - geschweige denn sich um ein Visum kümmern müssen”, schwärmt der NEOM-Airlines-CEO in der Ankündigung. Auch Gepäck soll vollautomatisch von A nach B transportiert werden, ohne, dass man sich in langen Schlangen zum Aufgeben anstellen muss.

Das zumindest teilweise umzusetzen sei laut Malanik in näherer Zukunft deutlich realistischer als Wasserstoff- oder Elektroflugzeuge. “Das ist etwas, wovon wir schon seit sehr langer Zeit sprechen”, so Malanik, der auch Aufsichtsratschef des Flughafens Klagenfurt ist. Die Technologie sei grundsätzlich bereits da, dass sie sich bislang nicht durchsetzen konnte, liege an Datenschutzbedenken.

Erschwerend komme hinzu, dass weite Teile der Luftfahrtindustrie noch auf sehr alten IT-Systemen basieren. Würde man jene komplett über Bord werfen, verliere man Kompatibilität. Jene müsse man dann mit teuren Schnittstellen wiederherstellen. “Es hängt sehr viel von den wirtschaftlichen Ressourcen ab”, so Malknik. Jene dürften beim Mega-Projekt NEOM jedenfalls kein Problem sein.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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