Wie Betrüger mit Schockmeldungen über Prominente locken
Es ist eine bereits seit Längerem bekannte Taktik von Cyberkriminellen: Opfer sollen mithilfe bekannter Gesichter in die Falle gelockt werden. Verschiedene Prominente aus Politik, Fernsehen oder Kunst müssen ihr Gesicht dafür herhalten.
Bilder von ihnen werden dann mit schockierenden Überschriften versehen, um zum Klick zu bewegen. “Tragisches Ende für Christoph Grissemann” oder “Barbara Fleißner: Ganz Österreich steht unter Schock” sind nur 2 Beispiele.
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Zu sehen sind diese Meldungen als Werbeanzeigen. Unter anderem auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Instagram werden sie geschaltet. Forscher*innen der Watchlist Internet haben nun konkrete Zahlen zu der Masche erhoben.
An 2 Tagen durchsuchten sie mit den Namen von 7 österreichischen Prominenten die Datenbank von Meta, dem Mutterkonzern von Instagram und Facebook. So konnten sie insgesamt 246 betrügerische Inserate ausfindig machen. Rund 200.000 Personen wurden so pro Tag auf Instagram und Facebook erreicht.
Barbara Fleißner, Nadja Bernhard und Gerald Grosz
Die meisten Anzeigen nutzten Bilder und Namen der Puls4-Moderatorin Barbara Fleißner (125), gefolgt von Ex-Politiker und oe24-Kommentator Gerald Grosz (76). Bei der Reichweite liegt Gerald Grosz (141.636 in 2 Tagen) vorne, gefolgt von der ZIB-Moderatorin Nadja Bernhard, die mit nur 8 Anzeigen 116.161 Personen erreichte, wie es heißt.
Die Basis für die 2-Tages-Statistik bildet eine Untersuchung, die von Jänner bis April 2024 gelaufen ist. Dabei entdeckten die Forscher*innen 9.000 Anzeigen mit insgesamt 25 österreichischen Prominenten. Auffällig dabei: Es wurden andere Promis als bei früheren Betrugskampagnen genutzt. Bei einer vergleichbaren Spam-Welle Ende 2023 wurde etwa ganz stark auf Mirjam Weichselbraun und Armin Assinger gesetzt. Diese Art von Werbung ist kein rein österreichisches Phänomen. In anderen Ländern werden jeweils lokale Prominenten dafür hergenommen.
“Da potenzielle Opfer durch die Berichterstattung über einzelne Prominente aufmerksamer gegenüber diesen Namen werden, müssen die Kriminellen die Gesichter immer wieder wechseln”, erklärt Valentine Auer, Redakteurin und Researcherin der Watchlist Internet, gegenüber der futurezone. Die Taktik dürfte jedenfalls aufgehen. “Betroffene Personen berichten uns immer wieder, dass sie den Werbeanzeigen vertrauen, da es wirkt, als würden bekannte Namen oder auch seriöse Nachrichtenseiten darüber berichten”, erklärt Auer.
Fake-Interviews
Klickt man auf die beworbenen Webseiten, führen sie oft auf gefälschte Webseiten im Stil populärer Nachrichtenportale oder Tageszeitungen. Eine beliebte Masche ist so zu tun, als wäre dort ein reales Interview mit einer der prominenten Personen zu lesen. Diese berichten dann begeistert über eine Investment-Chance.
So heißt es etwa in einem der Betrugsversuche: “In nur einem Monat können diese 250 Euro zu 6.000 oder 7.000 Euro werden! Alles, was Sie tun müssen, ist, sich über diesen Link zu registrieren, auf einen Anruf des Plattformmanagers Quantum Hancock zu warten, um Ihr Konto zu aktivieren und 250 Euro einzuzahlen.”
Die Betrüger melden sich dann oft tatsächlich telefonisch und versuchen massiv Druck aufzubauen, dass man doch Geld einzahlen solle. Oft wird von Investments in Bezug auf Kryptowährungen gesprochen. Die gezahlten Beträge werden dann nicht wirklich investiert, sondern sind in der Regel weg.
Emotionale Bildsprache
Um ihre Opfer zum Klick zu bewegen, wird in erster Linie auf Emotionen gesetzt, wie die Watchlist Internet berichtet. Meist werden vermeintlich tragische Ereignisse im Kontext der Prominenten impliziert. Zusätzliches Vertrauen soll oft durch missbräuchliche Verwendung von Logos und Designs bekannter Nachrichtenportale geschaffen werden. Dass es in Wahrheit um eine Investmentplattform geht, wird erst nach dem Klick ersichtlich.
Dass im Unterschied zu früheren Wellen nicht mehr mit Deepfake-Videos gearbeitet wird, erklärt Auer mit dem höheren Aufwand, derartige Videos zu erstellen. Zudem ging Meta verstärkt gegen solche Videos vor. “Daher müssen die Kriminellen beim Posten von Deepfake-Videos weitere Strategien entwickeln, um die Kontrollmechanismen zu umgehen”, erklärt Auer. Es würde nicht überraschen, wenn neue Strategien, die Schutzmechanismen zu umgehen, zukünftig wieder zu mehr Deepfake-Videos führen würden.
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Wie schützt man sich?
Schutz vor derartigen Betrugsversuchen bringt nur eine gehörige Portion Skepsis, wie Auer erklärt. Bevor man tatsächlich irgendwo Geld einzahlt, solle man laut Auer unbedingt innehalten und sich einige Fragen stellen. “Macht es Sinn, dass die Person eine solche Plattform bewirbt? Stimmen die Behauptungen, die gemacht werden?”, nennt Auer als Beispiele. Auch sei es sinnvoll, zu überprüfen, ob andere Medien ebenfalls vom vermeintlichen Karriereende einer prominenten Person berichten.
“Außerdem passen die Namen der Accounts, über die die Werbung geschaltet wird, oft nicht zu den Namen der Medienhäuser oder der Promis. Auch hier hilft ein genauer Blick”, sagt Auer. Wenn man dann doch auf die Webseite klickt, hilft es, die URL in der Adressleiste der Browser zu kontrollieren.
Grundsätzlich sollte man bei sämtlichen Finanzprodukten, die einem im Internet angeboten werden und dessen Namen man noch nie gehört hat, extrem vorsichtig sein. Ein weiterer Punkt, bei dem man sofort skeptisch werden sollte, ist, wenn von begrenzten Plätzen und wenig Zeit die Rede ist.
Schwierig dagegen vorzugehen
Für Meta ist es nicht einfach, gegen derartige Betrüger vorzugehen. “Kriminelle sind erfinderisch”, sagt Auer: “Sie kennen die Richtlinien von Meta genau und wissen, wie sie diese am besten umgehen können.”
Stößt man auf betrügerische Werbeanzeigen auf Facebook oder Instagram, kann und sollte man diese melden. Den entsprechenden Button findet man, indem man auf die 3 Punkte rechts oben klickt und dann “Werbeanzeige melden” auswählt. “Wer die Werbeanzeige zu einem späteren Zeitpunkt melden will, kann das auch über die Meta-Werbebibliothek machen, erklärt Auer.