"Hass im Netz gefährdet die gesamte Gesellschaft"
Wenn am Dienstag die österreichische Bundesregierung mit Expertinnen und Opfern zu einem "Gipfel für Verantwortung im Netz und Gewaltpräventation" zusammenkommt, wird ausgerechnet die Organisation fehlen, die sich dem Thema seit 2017 mit einer von der Regierung mitfinanzierten "Beratungsstelle gegen Hass im Netz" widmet: der Verein Zara. Dieser war im Rahmen des Prozesses gegen Sigi Maurer und der damit verbundenen Crowdfunding-Aktion in den vergangenen Wochen stark in die öffentliche Wahrnehmung gerückt.
"Ergebnisse zählen"
Beim Verein zeigt man sich über die Einladungspolitik der Regierung einigermaßen verwundert, zumal man diesen Gipfel mit angestoßen habe. "Wir denken, dass wir durch unsere Erfahrungen mit über 1000 Betroffenen und als einzige offizielle Beratungsstelle sicher viel beitragen hätten können", meint Zara-Geschäftsführer Dieter Schindlauer auf futurezone-Anfrage. "Wir sind aber keine Mimosen. Uns geht in erster Linie um Ergebnisse. Weil dass sich etwas ändern muss, hat nicht zuletzt der Fall Sigi Maurer eindeutig gezeigt."
Der Verein hofft, dass der Gipfel tatsächlich der angekündigte Startschuss für tiefgehende Diskussionen ist. "Es geht nicht nur um Strafrecht und Gewalt. Das ist ein hochkomplexes Thema, bei dem uns Schnellschüsse nicht weiterbringen", sagt Schindlauer. Einerseits brauche es Beratungsstellen für Betroffene, da diese sonst alleingelassen werden. "Man muss noch mehr Aufklärung betreiben, wie man aktiv gegen Hasspostings vorgehen kann. Gleichzeitig darf man nicht müde werden Menschen darauf hinzuweisen, dass das Internet eben nicht ein rechtsfreier Raum ist."
Ungeachtet dessen, dass es neue rechtliche Rahmenbedingungen brauche, ist laut Schindlauer viel Fingerspitzengefühl gefragt, damit durch etwaige Maßnahmen nicht die Meinungsfreiheit bedroht werde. Gleichzeitig reiche es auch nicht, sich auf den im Internet geäußerten Hass zu beschränken.
Problem der Gesellschaft
"Hass im Netz ist mittlerweile eine Chiffre für vieles - von blankem Rassismus zu Frauenverachtung und Antisemitismus. In vielen Fällen ist der Begriff verharmlosend. Auch muss uns bewusst sein, dass es da ja nicht nur um Hass im Internet geht, sondern dass solche Äußerungen den Zusammenhalt der gesamten Gesellschaft gefährden", erklärt Schindlauer.
Der Kampf gegen Hass-Postings und -Kommentare könne zudem nur gemeinsam mit den großen internationalen Plattformen wie Facebook und Twitter geführt werden. Aber auch die traditionellen lokalen Medien mit ihren Kommentarsystemen und ihren Social-Media-Auftritten seien stark gefordert, ist der Zara-Geschäftsführer überzeugt.
Auf dem Gipfel der Bundesregierung nehmen neben Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache auch Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß und Medienminister Gernot Blümel teil. Weitere Teilnehmerinnen sind die Journalistin Ingrid Brodnig, die Juristin und Professorin für Öffentliches Recht an der Johannes Kepler Universität Linz Barbara Leitl-Staudinger, Verena Fabris, Leiterin der Beratungsstelle Extremismus, die Radiomoderatorin Elke Rock und die Fernsehmoderatorinnen Verena Schneider und Corinna Milborn teil.
Spenden für Rechtshilfefonds
Wer den Verein Zara und den mit Sigi Maurer ins Leben gerufenen Rechtshilfefonds gegen Hass im Netz noch finanziell unterstützen möchte, kann dies auch weiterhin auf der eingerichteten Crowdfunding-Seite von Respekt.net tun.