So sollen künftig Zugverspätungen bei den ÖBB verhindert werden
Regelmäßig Zugreisende wissen, dass immer mit Verspätungen gerechnet werden muss. Und da das Zugnetz durchgetaktet und geplant ist, löst ein verspäteter Zug oft einen Dominoeffekt aus. So werden aus einer Verspätung viele.
Um das zu verhindern, haben Forschende des Wiener Complexity Science Hub (CSH) in Zusammenarbeit mit den ÖBB eine neue Methode entwickelt. Damit lässt sich ermitteln, wie hoch das Verspätungs-Risiko einzelner Züge ist. „So können wir Schwachstellen im System identifizieren, also jene Züge, die Verspätungen besonders stark auf nachfolgende Züge und das gesamte Zugnetzwerk übertragen", erklärt der Forscher Vito Servedio vom CSH in einer Aussendung.
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Verspätungspotenzial einzelner Züge
Erreicht wird das mit einem Netzwerkmodell, das mit Daten der stark frequentierten Strecke zwischen dem Wiener Hauptbahnhof und Wiener Neustadt. Hier fahren täglich bis zu 1.000 Personenzüge. Die Daten stammen aus den Jahren 2018 bis 2020. Zusätzlich wurden Daten aller Zugverbindungen in Österreich über einen Zeitraum von 14 Tagen ausgewertet.
Anhand dieser Analyse wurden die Züge anhand ihres Verspätungspotenzials eingestuft. Dabei ging es nicht nur um die einzelne Verspätung, sondern es wurden auch jene Züge identifiziert, die sich am stärksten auf den gesamten Zugverkehr auswirken. Jene Züge, die vor und zu Beginn der Stoßzeiten unterwegs sind, haben dabei das größte Risiko, einen Dominoeffekt bei Verspätungen auszulösen.
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Gemeinsam genutzte Lokomotiven
Dabei sind auch die geplanten Abhängigkeiten von Bedeutung. Werden etwa Waggons oder Lokomotive gemeinsam genutzt, entstehen Verspätungskaskaden. Ist ein Zug auf die Lokomotive eines anderen Zugs angewiesen, dieser aber verspätet ist, verzögert sich auch die Abfahrt des nächsten Zugs. Auch Personalverschiebungen sind ein Faktor, werden im aktuellen Modell aber noch nicht berücksichtigt.
Mithilfe einer Simulation wurde die tägliche Dynamik des österreichischen Schienennetzes abgebildet. So konnten die Forschenden ihre Methoden testen.
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3 neue Züge bringen 20 Prozent Entlastung
Sie simulierten etwa eine einstündige Verspätung für die einflussreichsten 2 Prozent der Züge auf der Südbahnstrecke von Wien Hauptbahnhof nach Wiener Neustadt. „Wir fanden heraus, dass 3 zusätzliche Zugverbindungen die Verspätungen im Modell insgesamt um etwa 20 Prozent reduzieren könnten“, sagt Servedio.
Wendet man dieses Prinzip auf das gesamte österreichische Zugnetz an, müssten 37 neue Züge bzw. Verbindungen eingerichtet werden. Den Forschern zufolge würden damit 40 Prozent der Verspätungen verhindert werden. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin npj Sustainable Mobility and Transport veröffentlicht.