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© Patricia Bartos

Digital Life

Wer sich darum kümmert, wenn ein ÖBB-Zug Probleme hat

In einem unscheinbaren Bürogebäude in der Nähe des Wiener Hauptbahnhofes liegt die Verkehrsleitzentrale. Dort wird der Zugverkehr für ganz Österreich überwacht. Neben der ÖBB Infrastruktur, die sich um das Funktionieren des 5.000 Kilometer langen Eisenbahn-Streckennetzes in Österreich kümmert, überwachen Angestellte der Bahnbetreiber, dass mit ihren Fahrplänen alles glatt läuft. Die Vertretung der ÖBB Personenverkehr AG übernimmt dabei die "Verkehrsleitung Schiene" - auch "Verkehrsleitung" genannt, abgekürzt VLS. Die VLS hat in den vergangenen Monaten einen großen Modernisierungsschub erhalten. Die futurezone war vor Ort und hat sich angesehen, was in der VLS passiert und wie dort gearbeitet wird.

Unfälle, Einsätze, Gebrechen

Abweichungsmanagement und Kundeninformation seien die zwei großen Bereiche, um die es in der VLS gehe, wie uns Ronald Bauer, stellvertretender Leiter der Vekehrsleitung erklärt. Innerhalb von 24 Stunden finden in Österreich 4.500 Fahrten von personenbefördernden ÖBB-Zügen statt. Sie alle folgen einem fix vorgegebenen Fahrplan, der am Ende des Jahres jeweils für das nächste Jahr erstellt wird. Im täglichen Betrieb kommt es allerdings immer wieder zu Abweichungen. Was zählt dazu? Zum Beispiel Verspätungen von Zügen aufgrund von technischen Störungen an Fahrzeugen oder Strecken, Notfalleinsätze, Unwetter, Personen auf den Gleisen, mit niedrigen Brücken kollidierte Lastwägen, Verunreinigungen im Zug und so weiter. Die Liste ist lang.

All diese Abweichungen müssen schnellstmöglich behoben werden und die Verkehrsleitung übernimmt die Koordination der dazu notwendigen Maßnahmen - zentralisiert für ganz Österreich. Warum es Abweichungen und damit verbundene Verspätungen gibt, wollen die ÖBB ihren Kund*innen auch rasch mitteilen, weshalb es eigene Mitarbeiter*innen für diese Aufgabe gibt. Insgesamt sind 68 Angestellte in der VLS tätig, 10 davon schieben jeweils eine 12-Stunden-Schicht.

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Die Arbeitsplätze der VLS sind flexibel und dennoch personalisierbar

Persönliche Vorlieben an jedem Platz

Weil 12 Stunden konzentriertes Arbeiten anstrengend, und 10 Personen für tausende Zugfahrten nicht viel sind, hat sich die ÖBB Personenverkehr AG bemüht, die Arbeitsplätze so komfortabel und mühelos wie möglich zu gestalten. Inspiriert von der Verkehrsmesse Innotrans in Berlin hat man sich für ein System entschieden, bei dem Mitarbeiter*innen auf jedem Platz ihre gewohnte und personalisierte digitale Arbeitsfläche vorfinden.

Gemeinsam mit dem Linzer Unternehmen Triaflex wurde eine Lösung umgesetzt, bei der Arbeitsplätze und Rechner flexibel miteinander verbunden werden. Die Rechner stehen physisch allesamt in einem zentralen Raum und zeigen die zur Arbeit notwendigen Programme in genau der gewünschten Anordnung an genau jenem Arbeitsplatz an, den die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter für ihre oder seine Schicht zugewiesen bekommt. Die Arbeitsplätze selbst sind allesamt höhenverstellbare Schreibtische mit sehr breiten Curved-Monitoren, dimmbarer Beleuchtung und Telefonanlage.

Maus und Tastatur bringen die Mitarbeiter*innen für ihre Schichten selbst mit. Transportiert werden sie in einer Lade, die in den Schreibtisch eingesetzt wird. Die Laden werden ansonsten in Schließfächern gelagert. Auf die neuen, geräumigen und ergonomischen Arbeitsplätze ist die ÖBB Personenverkehr AG stolz.

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Auf der Österreichkarte wimmelt es vor fahrenden Zügen mit ihren Zugnummern

Irres Gewusel in Diagrammen

Da wie dort erscheint es für Laien kryptisch, was auf den Bildschirmen passiert. Die Monitore der VLS werden von Diagrammen beherrscht, die Streckenabschnitte zeigen, auf denen sich Züge entlang bewegen. Mit einer Darstellung einer Österreichkarte und Zugstrecken darauf kann man schon eher etwas anfangen. Das Netz sieht dicht und verworren aus, zahlreiche Kästchen mit Nummern darin repräsentieren gerade fahrende Züge - allerdings nur jene, bei denen es zu Verspätungen von mehr als 5 Minuten gekommen ist. Wieviele Züge tatsächlich in jenem Moment auf den Gleisen in Österreich unterwegs sind, zeigt man uns mit zwei Mausklicks. Ein irres Gewusel.

Back-up-Server und Notstromaggregate

Dass 10 Mitarbeiter*innen Abweichungen und die damit verbundene Kundeninformation bei all jenen Zügen persönlich betreuen müssen, erscheint unglaublich - und ist auch nicht so. Die VLS stellt gewissermaßen die Spitze des Eisberges dar. Auf regionaler Ebene gibt es noch weitere Leitstellen der ÖBB Infrastruktur für die Betriebsführung. Im Regelbetrieb, also wenn es keine Abweichungen gibt, wird in der VLS koordiniert, delegiert und überwacht. Während es in Zügen und auf der Strecke zu Abweichungen kommen kann, ist dies in der VLS undenkbar. Auf Ausfallsicherheit wird großer Wert gelegt. Die IT-Infrastruktur ist mit mehreren Rechenzentren verbunden, die bei Ausfällen einspringen können. Die Stromversorgung ist durch Notstromaggregate gesichert.

Von den 10 Personen, die pro Schicht in der VLS arbeiten, sind drei für den Nahverkehr verantwortlich, zwei für die Information von Zugbegleiter*innen, zwei für die Fahrplanauskunft (Scotty). Eine Person - der/die Verkehrsmanager*in - hat die Leitung und informiert die ÖBB-Führungskräfte. Und zwei sind für den Fernverkehr zuständig, inklusive der Nightjets. Weil diese Sparte expandiert, werden bald 11 Personen pro Schicht in der VLS arbeiten.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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