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Zelda - Tears of the Kingdom im Test: Repetitiv, aber mit Klebstoff

Unpopular Opinion: Tears of the Kingdom ist nicht das Spiel des Jahres für mich. Dass das neueste Game der Zelda-Reihe trotzdem diesen Titel mehrfach verliehen bekommen wird, ist wohl eine sichere Wette.

Ich habe The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom (Switch) getestet. Ich bereue die massive Spielzeit nicht, die ich hineingesteckt habe. Ich bin aber enttäuscht, wie sehr die Hardware das Game zurückhält und das Nintendo nach wie vor keine Rücksicht auf Spieler*innen nimmt.

Die Ubisoft-Formel

Das Game wurde lange Breath of the Wild 2 genannt, bevor es seinen richtigen Namen bekommen hat. Eigentlich könnte es auch BotW2 heißen. Das Game findet in derselben Welt statt, nach den Ereignissen von BotW1. Die Engine ist dieselbe, das Gameplay ist auf den ersten Blick dasselbe.

Das heißt, die berüchtigte Ubisoft-Formel schlägt wieder zu. Alle, die sich über repetitive Aufgaben und Gameplay-Elemente in den Assassins-Creed-Spielen, Far Cry usw. ärgern, bekommen hier dasselbe serviert, nur in schlechterer Grafik. Die Karte der jeweiligen Gebiete wird erst aufgedeckt, wenn man den entsprechenden Turm besucht hat. Pferde gibt es in den immer gleich aussehenden Ställen in den Gebieten.

Das alleine wäre noch nicht schlimm. Aber die ständig wiederholenden Nebenquests sind es. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich dem leuchtenden Hasen in die Höhle gefolgt bin, um seinen Gegenstand zu sammeln. Ein NPC will, dass man über 50 Brunnen erforscht. Nachdem man die erste große Fee gefunden hat, sagt die, dass man 3 andere Feen finden soll. An fast jeder Ecke steht der immer gleiche Typ, der ein Schild hält, das man stützen soll. Der reagiert auch immer exakt gleich, mit immer dem exakt selben Text. Ständig wollen Krogs zu ihren Freunden zurückgebracht werden und ständig sagen auch die nur dasselbe.

Stimme folgen, 4 bis 6 Schlösser öffnen, Boss besiegen, repeat

Sogar der Dialog in den Zwischensequenzen im Hauptquest ist für 4 verschiedene Aufgaben, mit ihren 4 großen Dungeons, derselbe. Und auch das Prinzip dieser 4 ersten Hauptquest-Dungeons ist erschreckend gleich. Stimme folgen, irgendwas ist verschlossen, 4 bis 6 Schlösser öffnen, Boss besiegen.

Auch der Weg dorthin wirkt, als hätten die Entwickler Strg+C und Strg+V gemacht. Zumindest in 3 von 4 Gebieten ist es so. Man betritt ein neues Gebiet und hat dort Bedingungen, die bestimmte Schutzausrüstung erfordern (Hitze, Kälte, Brandschutz). Also schlägt man sich mit Tränken oder Proviant, die beschränkte Zeit resilient machen, bis zum Hauptdorf durch, um dort die benötigte Rüstung zu kaufen.

Ist dann der Boss vom Gebiet besiegt, kann man beim Dorfschmied eine spezielle Waffe fertigen lassen. Das ist sogar bei allen 4 Gebieten so. Beim dritten Gebiet musste ich deshalb ein Motivationstief überwinden: Wieso tue ich mir das alles an, wenn ich genau weiß, was das Resultat sein wird und das ich sowieso die Waffe nicht sofort herstellen kann, bevor ich nicht die dafür benötigten Ressourcen gefunden habe?

Mehr Sandbox dank der Macht der und Klebstoff

Zurückholen kann und muss man sich die Motivation selbst. Nintendo nimmt die Spieler nicht an der Hand: Das Pacing außerhalb der Dungeons ist so, wie man es sich selbst macht. Will man gegen Gegner oder Bosse kämpfen: Kein Problem, die gibt es überall und dank des Blutmondes respawnen die auch regelmäßig. Mehr Bock auf das Erkunden? Höhlen und Brunnen sind reichlich vorhanden. Rätsel lösen? Das geht in den meisten Schreinen und ich auch sonst fixer Bestandteil vieler Quests.

Die Physik-Rätsel wurden durch Links neue Macht ordentlich aufgewertet. Man kann jetzt Teile per Telekinesis bewegen und miteinander verkleben. So baut man etwa Brücken und Barrieren oder mit der Hilfe von batteriebetriebenen Teilen Autos, Boote und sogar Fluggeräte. Steuerung und Kameraführung sorgen immer wieder für Frust beim Bauen, dennoch macht es richtig Spaß und ist enorm befriedigend, wenn die Konstruktion funktioniert – obwohl das Spiel hier womöglich eine andere Lösung bevorzugt hätte.

Open World macht mehr Spaß am Boden

Und genau dieses Open-World-Design macht das Game, wie schon BotW, dann doch wieder großartig. Auch wenn es manchmal mühsam ist, ist die Freude enorm, wenn man einen eigenen Weg gefunden hat einen Ort zu erreichen, ein Problem zu lösen, oder einen Gegner zu besiegen.

Sieht man sich die Wettervorschau (rechts unten im Bild) an, kann man sich z. B. nachts in ein Monsterlager schleichen und dort rostige Schwerter aus dem Inventar am Boden verteilen. Wenn dann das Gewitter aufzieht, schlagen die Blitze in den Schwertern ein. Die in der Nähe schlafenden Bokblins werden so geschockt und verbrannt.

Ein wenig ernüchternd ist, dass die fliegenden Inseln, die man jetzt über Hyrule erkunden kann, weniger Freiheiten bieten. Viele der Inseln scheinen nur zu existieren, um zu anderen Inseln zu kommen, auf denen eine Schatztruhe zu finden ist. Da hätte man noch mehr draus machen können. Auch die finstere Untergrundwelt mit ihren Lavaströmen wirkt sehr eintönig, wenn man sich länger als 10 Minuten dort aufhält.

Wo bleibt die Switch-Nachfolgerin?

Dass hier nicht mehr geht, dürfte an der Hardware liegen. Die Switch plagt sich sichtbar mit dem Game. Immer wieder bricht die Framerate in Kämpfen ein. Weit sieht man nur die grobe Landschaft. Gegner und Objekte poppen erst auf, wenn man nahe genug dran ist. Die erschreckend geringe Variation bei den Dialogen (obwohl sie ohnehin nur Text sind) und das Fehlen von Sprachausgabe sind ein weiteres Zeugnis davon.

Auch wenn sich die Hauptgebiete in ihren Eigenschaften sichtbar voneinander unterscheiden, gibt es in ihnen zu wenig Variation. Höhlen und Brunnen schauen auch prinzipiell gleich aus und bei den Himmelsinseln hat man das Gefühl, ständig den selben Texturbrei zu sehen. Immerhin sind die Ladezeiten, etwa beim Teleportieren und Betreten eines Schreins, angenehm kurz. Dennoch zeigt dieses Game einmal mehr, dass es Zeit für eine Switch-Nachfolgerin ist, damit die Spielentwickler*innen ihre Visionen voll umsetzen können.

Spiel nach Nintendos Regeln oder spiel gar nicht

Die beschränkte Leistungsfähigkeit der Switch ist aber keine valide Ausrede dafür, dass Nintendo entweder zu arrogant oder zu faul ist, um Spieler*innen die Option zu geben, ihr Erlebnis anzupassen. Es gibt keine Accessibility-Optionen, keine Anpassung des Schwierigkeitsgrads.

Das übliche Gegenargument: Die Spieler*innen sollen das Game bestmöglich erleben, so wie es die Entwickler vorgesehen haben, blablabla. Ja, kann man eh machen und trotzdem den Spieler*innen Optionen zum Anpassen geben. Wer die nicht nutzen will, muss ja nicht.

Aber wer das Game entspannt genießen will, hat Pech gehabt. Trotz vieler gesammelter Herzcontainer und passabler Ausrüstung reicht von normalen Feinden manchmal einer oder 2 Schläge, damit man Game Over ist. Zumindest sind die automatischen Speicherpunkte generös vorhanden, damit man nicht zu viel Fortschritt verliert.

Die vagen Angaben für das Finden von Zielen in Quests und die mangelnden Wegpunkte, können Gamer*innen nerven, die nicht so viel Zeit ins Erkunden stecken wollen. Spieler*innen, die womöglich Leseschwierigkeiten haben und die Rätsel bzw. Hinweise, die zu den Orten führen, deshalb nicht richtig verstehen, können daran vermutlich verzweifeln. Hier hätte Nintendo mit optional-aktivierbaren Wegpunkten bzw. grob auf der Karte markierten Bereichen, helfen können. In einigen Gebieten bzw. zu manchen Tageszeiten sind die pastelligen Farben fast Ton in Ton. Wer eine Sehschwäche bzw. Schwierigkeiten bei geringen Kontrasten hat, hat Pech gehabt.

Dass das Game trotzdem wieder mehrfach „Spiel des Jahres“ werden wird, obwohl Nintendo durch den bewussten Verzicht auf Accessibility-Optionen Spieler*innen ausgrenzt, ist nicht ok.

Waffen werden wieder kaputt

Übrigens: Auch die von so ziemlich allen Spieler*innen von BotW gehasste kurze Haltbarkeit von Nahkampfwaffen, Bögen und Schilden ist wieder im Game vorhanden – und damit Teil des Ressourcenmanagements. Wer eine starke Waffe an schwachen Gegnern abnutzt, ärgert sich vermutlich später, wenn ein starker Feind auftaucht.

Mit der Möglichkeit der Fusion kommt ein neuer Aspekt hinzu. Man kann Teile der Umgebung, Objekte oder Waffen mit Waffen fusionieren. Aus Zweihänder und Stein wird etwa ein Steinhammer. Ein Laser und ein Schild wird zu einem laserschießenden Schild. Bumerang mit Hellebarde? Jupp, auch das geht. Auf Bögen lässt sich nichts fusionieren, dafür kann aber jedes augesammelte Material als Pfeil verschossen werden - vom Monsterhorn bis zum Edelstein.

Trotzdem wäre es nett gewesen, wenn Nintendo z. B. eine Schwierigkeitsgrad-Option einbaut, die die Haltbarkeit der Waffen verlängert oder die Abnutzung gar deaktiviert. Aber nett ist aus. Entweder spielt man das Game nach Nintendos Regeln, oder gar nicht.

Fazit

Wer einfach nur Breath of the Wild mit neuen Content haben will, bekommt mit Tears of the Kingdom genau das geliefert. Grundlegende Verbesserungen gibt es aber nicht. Links neue Fähigkeiten werten das Gameplay auf, aber die Nutzung der klassischen Ubisoft-Formel und die ständig sich wiederholenden Aufgaben sorgen für Durststrecken. Man macht so oft zum x-ten mal dasselbe, dass die wenigen schönen und einzigartigen Momente des Level-Designs darin untergehen.

Dafür gibt es aber reichlich zu tun. Wer sich nicht vom repetitiven Gameplay, den fehlenden Accessibility-Optionen und den technischen Limitationen der Switch abschrecken lässt, steckt locker mehr als 50 Stunden in das Game.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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