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Resident Evil 4 im Test: Viel Nostalgie, bisschen patschert

So wie vor 18 Jahren muss Leon wieder ausrücken, um Ashley zu retten

Welches ist das beste Resident Evil aller Zeiten? Stellt man diese Frage im Gaming-begeisterten Freundeskreis, ist die Chance hoch, diese Antwort zu bekommen: Was fragst denn so deppat, Resident Evil 4 natürlich.“

Im Jahr 2005 zuerst für Gamecube erschienen (was eine kleine Sensation war, weil Nintendo = „Kinderkonsole“), läutete es ein neues Zeitalter für die Survival-Horror-Serie ein. Die berüchtigten „Tank Controls“ waren Geschichte und die Zombies waren schnell und schlau statt schlurfend und strohdumm. Story und Hintergrundgeschichte waren chaotisch, dafür war das Game aber ein großartiges Actionspiel, mit gruseligem Setting.

Es ist also ein No-Brainer, dass, in einer Zeit in der Remakes boomen, auch RE4 eines bekommt. Dieses heißt einfach nur „Resident Evil 4“ und ist für PS5, PS4, Xbox Series X/S und PC erschienen. Ich habe es auf der PS5 getestet.

Oh ja, da bin ich wieder

Wer zu jung oder zu beschäftigt war, um bisher das Vergnügen mit RE4 haben, hier die Kurzfassung der Story: Man schlüpft in die Rolle von Leon S. Kennedy, der nach den Ereignissen von RE2 Mitglied einer Sondereinheit wurde. Er wird in ein spanisches Dorf geschickt, um die entführte Tochter des Präsidenten zurückzuholen. Wenig überraschend lauert dort mehr, als nur ein paar menschliche Kidnapper.

Der erste Eindruck ist großartig. Sofort stellt sich Nostalgie ein. Ich bin wieder in der vertrauten Umgebung, die aber doch anders ist. Texturen, Details und Effekte wurden ordentlich aufgehübscht, im Vergleich zum Original. Obwohl ich mich noch gut erinnern kann, was wie passieren wird, freue mich schon darauf. Ich will wissen, was in dem Remake alles besser und anders ist.

Die legendäre Dorfszene enttäuscht nicht. Zombie-Bauern stürmen auf mich zu und der Kettensägenschwinger scheint mir auf seine Art zu sagen: „Willkommen zurück. Wir haben dich vermisst.“

Lange nicht mehr gesehen, alter Freund. Immer noch Holzfäller, huh?

Die Ernüchterung

Dieses High hält aber nicht ewig. Nach etwa 5 bis 6 Stunden stellt sich ein wenig Ernüchterung ein. Auch wenn hie und da etwas anders ist (inklusive eines Boss-Fights), ist es im Großen und Ganzen zu gleich geblieben. Auch ein paar nervige und unlogische Szenen sind wieder dabei. Hier hat der Spielemacher Capcom anscheinend nicht die Muse gehabt, diese zu überarbeiten.

Hinzu kommt, dass die Steuerung nicht ganz so gut angepasst wurde, wie ich es gerne hätte. Es wirkt als hätte Capcom nur das Minimum gemacht. Vielleicht soll so das Feeling des Originals erhalten werden – oder es wurden so Entwicklungszeit und -kosten eingespart.

Nicht gespart hat Capcom jedenfalls an Gegnern. Die Zombies und Kreaturen sind mehr geworden. Die Munition ist hingegen knapp wie immer. Der Konterangriff mit dem Messer ist oft nutzlos, weil er nicht präzise genug funktioniert oder unterbrochen wird, weil man an einem Gegenstand anstößt oder von einem anderen Gegner attackiert wird. Laufen und drehen fühlen sich so an, als wäre Leon im Chill-Modus. Manchmal würde man ihn gern anschreien: „Aufwachen Leon! Die 5 Zombies vor dir und 2 Dinger mit Tentakelköpfen hinter dir sind nicht zum Gruppenkuscheln da!“

Eine dedizierte Ausweich-Funktion gibt es nicht, wenn es nicht gerade per Display-Aufforderung bei einem Bosskampf erforderlich ist. Für ein im Jahr 2023 erschienenes Game passt es jedenfalls nicht ganz, obwohl es etliche sinnvolle Neuerungen gibt. Dazu gehört das Anschleichen für leise Kills von hinten, der schnelle Waffenwechsel und Kisten, die sich jetzt auf Tastendruck zerstören lassen, um die Wertgegenstände darin aufzunehmen.

Trotzdem fühlt es sich in manchen Situationen richtig patschert an, Leon zu steuern. Hinzu kommen ein paar holprige Animationen. Dadurch wirkt RE4 in manchen Situationen nicht mehr wie ein Remake, sondern nur ein Remaster. Schade, denn das Spiel hätte sich noch mehr Liebe und Feinschliff von Capcom verdient.

Fazit

Resident Evil 4 ist auch im Jahr 2023 gut. Zum Vollpreis von 70 Euro hätte ich es aber gerne sehr gut gehabt. Es ist schade, dass ein paar Chancen ausgelassen wurden, das Game zu verbessern. Wie es richtig geht, sieht man anhand des Remakes von Dead Space.

Trotzdem hat mich RE4 wieder mal gut gehalten. Je nach Schwierigkeitsgrad (es gibt auch einen Assisted Mode, der es sehr leicht macht), ist man 12 bis 16 Stunden beschäftigt. Danach gibt es ein Neues Spiel+, wahlweise mit verschiedenen Outfits, die man freischalten kann.

Es ist auch faszinierend jetzt wieder zu sehen, wie prägend das Game für Nachfolgetitel und andere Spiele war. Besonders Resident Evil 5 (mein Lieblingsteil der Serie) und Resident Evil 8 sind stark von Teil 4 inspiriert.

Wer bisher Resident Evil 4 noch nicht gespielt hat, kann das jetzt mit gutem Gewissen nachholen. Wundert euch nur nicht über die manchmal patscherte Steuerung und seltsame Story: Das ist wohl der Entscheidung Capcoms geschuldet, nicht zu weit vom 18 Jahre alten Original abweichen zu wollen.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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