Dead Space
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Dead Space im Spieletest: Schockierend schöne Gruselei

Im Jahr 2005 konnte Resident Evil 4 die damals angestaubte Spieleserie erfolgreich wiederbeleben. Außerdem löste es einen neuen Boom für das Survival-Horror-Genre aus. Dann kam aber wieder lange nichts, oder zumindest nichts Gutes – bis zum Jahr 2008. Hier tauchte Dead Space auf.

Am ehesten lässt es sich als Mischung aus den Filmen Alien und Event Horizon und den neueren Resident-Evil-Spielen beschreiben. Das cinematische Erlebnis, gepaart mit grotesken Feinden, die zerlegt statt bloß erschossen werden müssen, war erfrischend und erschreckend zugleich. Obwohl das Game zurecht von Kritiker*innen gefeiert wurde, schleppte es sich mühsam auf über eine Million verkaufte Exemplare im Jahr 2009. In einem ähnlichen Zeitfenster schaffte es Resident Evil 4 auf über 3,6 Millionen Verkäufe.

Zum Glück gibt Electronic Arts dem Klassiker nochmal eine Chance. Mit Dead Space gibt es jetzt das Remake für PS5, Xbox Series und PC. Und es ist noch viel schlimmer, als ich erhofft hatte.

So viel Atmosphäre, dass man sich verstecken will

„Schlimmer“ ist hier im positivst möglichen Sinn des Survival-Horror-Gedankens gemeint. Obwohl ich wusste was mich erwartet, hat mich das Remake eiskalt erwischt. Man sieht dem Game nicht an, dass es fast 15 Jahre alt ist. Die Grafik ist auf dem Level, wie man es sich vom einem aktuellen Spiel erwartet.

Und das ist schauderhaft schön. Das Bergbauraumschiff USG Ishimura ist durch die neuen Licht- und Schatteneffekte und den verbesserten Sound gruseliger denn je. Flackernde Lichter, seltsame Geräusche, Flüstern, finstere Ecken, Nebel, Rauch, Blut, Kampfspuren, verbarrikadierte Räume, Chaos: Es ist Wahnsinn, wie dicht die Atmosphäre ist. Die Ishimura war schon damals der Star und jetzt ist sie grauenhaft spektakulärer denn je.

Wenn man sich auch nur ein bisschen für Science-Fiction-Horrorfilme begeistern kann, wird hier vor Freude das Herz aufgehen – und vor Schreck in die Hose rutschen. Nachdem ich die erste Stunde gespielt hatte, musste ich mal eine Pause einlegen und alles sacken lassen, bevor ich mich am nächsten Tag wieder an Dead Space getraut habe. Danach konnte ich es so richtig genießen. Die beklemmende, schmutzige Umgebung ist authentisch. Der Trick, dass man die meiste Zeit kein Interface sieht, lässt alles persönlicher und näher wirken. Die Spuren des Alltags und der Katastrophe, die hier passiert ist, lassen erahnen, wie schlimm es für die Crew der Ishimura gewesen sein muss.

Die Spielentwickler haben wirklich tief in die Trickkiste gegriffen, um einen mindestens genauso tief in das Game hineinzuziehen. Selbst mit diesem Wissen und der Bewunderung für das Handwerk hat Dead Space immer wieder geschafft mich zu überraschen und schaudern zu lassen.

Ein bisschen wie Zombies, nur tödlicher

Dabei sind es nicht immer klassische Jump Scares. Selbst wenn man sieht, wie ein Nekromorph aus einem Lüftungsschacht krabbelt, ist es die Musikuntermalung, das Licht und das Timing, die Gänsehaut-Feeling aufkommen lassen. Für Dead-Space-Neulinge: Nekromorphs sind die Feinde. Stellt sie euch ein bisschen wie mutierte Untote vor, nur dass ein Headshot hier wenig bringt. Man muss die Gliedmaßen abtrennen.

Den grotesken Kreaturen die Beine, Klauen, Fühler und sonstige Teile abzuschießen, ist einfacher, als es klingt. Beim Kampf helfen Stasis (friert Gegner kurz ein) und Kinese. Damit kann man Gegenstände aus der Umgebung auf die Monster schleudern – oder sie mit ihren eigenen, zuvor abgetrennten Klauen aufspießen.

Steinschneider statt Magnum

Für den bewaffneten Kampf stehen Sci-Fi-Bergbau-Werkzeuge zur Verfügung. Diese sind authentisch gestaltet und haben wenig mit Phasern aus Star Trek oder Blastern aus Star Wars gemein. Wer das Original-Dead-Space noch gut im Kopf hat, wird womöglich die neuen Effekte und angepassten Modi der Waffen erkennen.

Gleich geblieben ist das Pacing und das Gefühl der Kämpfe. Es gibt eine absichtliche Trägheit. Die Schüsse mit den Waffen/Werkzeugen wirken schwer und stark, genauso der Nahkampf und das Zerstampfen der Necromorphs. Es passt einfach alles zum Feeling und dem dicken Schutzanzug, den die Spielfigur Isaac trägt.

Wer jetzt Lust bekommen hat auf Dead Space: Traut euch ruhig! Wer den Survival-Teil des Survival-Horror-Genres nicht mag, kann den Schwierigkeitsgrad ganz runter drehen. Dann gibt es mehr Health, mehr Sauerstoff für die Vakuum-Abschnitte und häufigere Munitionsfunde. Und ja, auch ohne diesen zusätzlichen Challenges ist Dead Space immer noch gruselig, dank der dichten Atmosphäre und der hervorragenden Inszenierung.

Kleine aber feine Änderung

Abgesehen von der besseren Grafik und den angepassten Waffen, ist Isaac jetzt nicht mehr stumm. In der Original-Spieleserie, durfte die Spielfigur erst ab Teil 2 reden. Das wurde jetzt korrigiert. Aber keine Angst: Isaac ist deshalb kein Schwätzer und führt ständig Selbstgespräche, wie Charaktere in anderen Games. Seine Dialoge werden gezielt eingesetzt, um die Story anzureichern.

Die Ishimura wurde ebenfalls angereichert. Es gibt neue Abkürzungen, man kann Backtracking machen und mehr erkunden, wenn man das will. So gibt es auch für Dead-Space-Veteranen Neues zu entdecken. Die werden sich auch über die freie Steuerung in den Abschnitten mit Schwerelosigkeit freuen – das alte System aus dem Originalspiel war nämlich nicht sehr komfortabel.

Auch einige Spielszenen, die beim Original nicht gut ankommen, wurden überarbeitet und angepasst. Es ist wirklich schön zu sehen, dass hier nicht einfach neue Grafik über ein altes Game gestülpt wurde, sondern die Entwickler wirklich bemüht waren, das Spiel besser zu machen und für das Jahr 2023 anzupassen.

Fazit

Dead Space ist das bessere Resident Evil. Die Atmosphäre, das Gameplay, die Ishimura: Es ist einfach alles stimmig. Dead Space ist in Bestform. Nach den 12 bis 16 Stunden Spiel- und Gruselzeit bereut man nichts – außer, dass es vorbei ist.

Jeder Publisher, der daran denkt ein Remake zu veröffentlichen, sollte sich ein Beispiel an Dead Space nehmen. So wird es richtig gemacht. Fans des Originals können beruhigt zugreifen. Und wer Dead Space noch nie gespielt hat und etwas für Sci-Fi-Horror-Filme oder Survival-Horror-Games übrig hat, kann und sollte das jetzt nachholen.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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