© Platinum Games/Nintendo

Games

Bayonetta 3 im Spieletest: Atemlos durch das Multiversum

2014 ist Bayonetta 2 erschienen. Jetzt ist mit Bayonetta 3 (Switch, ab 16 Jahren, 50 Euro bei Amazon) der Nachfolger erhältlich.

In 8 Jahren kann man schon vergessen, was im Vorgänger passiert ist. Aber so eine dermaßige Ratlosigkeit wie zu Beginn von Teil 3 traf mich unvorbereitet. Man wird sofort ins Spiel geschubst, nur um kurz darauf in viel zu langen Zwischensequenzen komplett entschleunigt zu werden. Und in den Sequenzen fragte ich mich die ganze Zeit: Was zur Hölle habe ich verpasst?

Gar nichts. Ihr könnt euch also sparen, die Handlung von Teil 2 auf Wikipedia nachzulesen. Bayonetta 3 knüpft nämlich nicht daran an, sondern ist eine Multiversum-Geschichte. Das ist einerseits clever, weil es den Entwickler*innen von Platinum Games erlaubt, so ziemlich alles zu machen, worauf sie Lust haben – ohne einem zu engen Handlungs-Korsett folgen zu müssen, das mit Teil 1 und 2 geschnürt wurde.

Andererseits ist es eben 8 Jahre her und bis auf ein paar bekannte Charaktere hat man als Spieler*in der früheren Teile kaum Anhaltspunkte, wohin die Reise geht. Als Neueinsteiger*in in der Welt von Bayonetta ist es noch schwerer: Es schwebt immer das Gefühl im Raum, etwas verpasst zu haben und so richtig selbsterklärend ist das Spiel nicht.

Wie eine Tageskarte im Vergnügungspark

Man kann aber Bayonetta 3 sehr wohl genießen, egal ob mit Vorspielerfahrung oder nicht. Man muss sich nur darauf einlassen und 2 Dinge beachten. Erstens: Nicht zu viel darüber nachdenken. Zweitens: Dieses Spiel ist absurd. Nicht Bayonetta-2-absurd, sondern „eine halbnackte tanzende Hexe reißt sich das eigene Herz heraus, um einen sexy Riesendämon zu beschwören, der in den Wolken wie in einem Schaumbad liegt und mit Seifenblasen Engel attackiert“-absurd.

Das Spiel hat ein relativ gutes Pacing. Zwischen rasender Action gibt es langsamere Levelabschnitte, die zum Suchen von versteckten Sammelgegenständen einladen. Dennoch hat man das Gefühl, ständig gehetzt zu werden, weil Platinum Games das Spiel so voll gepackt hat. Es gibt Godzilla-ähnliche Showdowns, ständig Bosskämpfe, verschiedene Epochen und Orte, rasante Verfolgungsjagden, Mini-Rätsel, Bonuskämpfe, 2D-Schleichpassagen, Rail-Shooter, Flug-Sequenzen, Sidescroll-Shooter, und und und.

Es ist nicht bloß eine Achterbahnfahrt. Es ist als hätte man eine Tageskarte für den Vergnügungspark und will auf Teufel komm raus jede Attraktion nutzen, bevor der Park schließt.

Devil May Cry trifft Dämonen-Dampflok

Wenn man nicht gerade in einem der Sonderabschnitte ist, folgt Bayonetta 3 dem gewohnten Muster. An bestimmten Stellen in den Levels tauchen Gegner auf, die bekämpft werden müssen. Dabei wird auf das bewährte Kampfsystem der Vorgängerspiele gesetzt, das wiederum an die Devil-May-Cry-Reihe erinnert. Kombos aus Distanzangriffen, Schlägen, Tritten und Sprüngen sind angesagt, dazwischen wird ausgewichen. Das bringt „Hexenzeit“ – die Bullet-Time-Version von Bayonetta.

Komplexer, lustiger und absurder wird das Ganze durch den Einsatz der Dämonen in den Kämpfen. Ist genügend Zauberenergie vorhanden, können die Dämonen beschworen werden, kontern oder in die Kombos miteingebaut werden. Im Laufe des Spiels werden mehr Dämonen freigeschaltet – und ja, die Dampflok aus den Trailern ist auch dabei.

Abwechslungsreiches Kampfsystem

Zwei verschiedene Waffen lassen sich mitnehmen. Jede der 10 Waffen, wovon natürlich ein paar absurd sind, hat ein eigenes Move-Set. Die 9 Dämonen unterscheiden sich ebenfalls angenehm deutlich, auch wenn sich ein paar mehr ähneln als andere. Drei davon können gleichzeitig mitgenommen werden.

Die 2 Waffen und 3 Dämonen werden per Tastendruck gewechselt – bei Bedarf auch mitten im Kombo. Will man Waffen oder Dämonen abseits dieser Schnellwahl wechseln, muss man ins Menü gehen.

Im Menü findet man auch die Upgrade-Optionen für die Waffen und Dämonen. In den meisten Fällen werden neue Attacken freigeschaltet. Im Grunde braucht man die nicht – erfahrene Spieler*innen werden sich aber über die neuen Angriffe freuen. Zusammen mit den nach und nach hinzukommenden Dämonen und Waffen wird das Kampfsystem so frisch gehalten.

Auch für Genre-Neulinge geeignet

Wem das alles zu viel ist oder wer mit dem rasanten Tempo und bildschirmfüllenden Gegnern nicht zurecht kommt, kann den Schwierigkeitsgrad auf einfach stellen. Damit sollten selbst Genre-Neulinge zurechtkommen. Auf diesem Schwierigkeitsgrad gibt es eine zusätzliche Erleichterung. Bei Wunsch kann ein Gegenstand angelegt werden, der stupides Button-Mashing einer Taste automatisch in spektakuläre Kombos verwandelt.

Auf dem leichten Schwierigkeitsgrad sollten auch die Levels mit Zeitlimit kein großes Problem sein. Zusatzaufgaben mit Zeitlimit sowie die Bonus-Varianten mancher Levels sind aber selbst am niedrigen Schwierigkeitsgrad manchmal fordernd. Sie sind aber optional: Wenn es nicht klappt, einfach auslassen und bei Bedarf nach dem Durchspielen nochmal versuchen, falls man alles sammeln und freischalten will.

Switch kommt aus der Puste

Bei soviel atemloser Action plagt sich die beschränkte Leistung der Nintendo Switch. Slowdowns gibt es zum Glück nur selten. Meist wenn zu viele Gegner am Bild sind oder man in einem drin steht, anstatt davor. Das kann bei großen Feinden durchaus öfter passieren.

Die Grafik der Umgebung ist teils wirklich grausig, besonders, wenn sich etwas davon bewegt, wie etwa ein Wasserfall. Dafür wurde aber sehr gut darauf geachtet, die Charaktere und Dämonen detailliert von ihren besten Seiten zu zeigen. Hinzu kommt ein gelungenes Voice Acting (in Englisch), das den Figuren Charakter einhaucht und sie durchaus liebenswürdig macht.

Fazit

Die ersten 2 Stunden von Bayonetta 3 muss man durchbeissen. Dann ist man wieder einigermaßen im Kampfsystem drinnen, freut sich auf die nächste Absurdität und wundert sich welches Spielegenre wohl als Nächstes einen Gastauftritt hat.

Je nach Schwierigkeitsgrad und wie viel Zeit man mit den Nebenaufgaben verbringt, wird man 10 bis 15 Stunden mit dem Durchspielen beschäftigt sein. Wer alles sammeln und freischalten will, wird 20 bis 30 Stunden mit Bayonetta, ihren Dämonen und ihren Hexen-Freundinnen verbringen.

Man sollte sich aber klar sein, dass die Multiversum-Handlung ein Alibi für Platinum Games ist, um mit Bayonetta zu machen, was sie wollen. Wer eine Story zum Eintauchen und Mitfiebern sucht, wird hier nicht fündig. Hat man aber Lust auf Kombo-gewaltige Kämpfe, epische Boss-Battles und eine kräftige Mischung aus Style und Absurdität, gibt es derzeit eigentlich nichts, was auf der Switch mit Bayonetta 3 mithalten kann.

WARUM WIR PARTNERLINKS EINSETZEN

Unsere Artikel entstehen in redaktioneller Unabhängigkeit. Die futurezone kann aber eine Provision erhalten, wenn ihr über einen der verlinkten Shops etwas kauft. Was das bedeutet, erfahrt ihr hier.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

mehr lesen
Gregor Gruber

Kommentare